Die Koalition aus Populisten und Rechten in Rom steht auf der Kippe. Nun könnte die EU-Kommission zusätzlichen Druck machen: Wegen seines Schuldenhaushaltes droht Italien Bussgelder in Milliardenhöhe. Auch auf Deutschland könnte Kritik zukommen, allerdings aus anderen Gründen.

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Italiens überbordende Staatsverschuldung und die Entwicklung in den übrigen EU-Staaten steht am Mittwoch im Fokus der EU-Kommission.

Es gilt als möglich, dass die Brüsseler Behörde ein Strafverfahren gegen die Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega in Rom empfiehlt. Auf Deutschland könnte ebenfalls Kritik zukommen, allerdings aus ganz anderen Gründen.

Italien hat eine der höchsten Staatsverschuldungen der Welt. Ende 2018 betrug sie mehr als 2,3 Billionen Euro. Das entspricht etwa 132 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

In der Eurozone sind maximal 60 Prozent erlaubt. Liegt ein Staat darüber, muss er Gegenmassnahmen ergreifen, um die Verschuldung in den Griff zu kriegen.

Damit soll die Stabilität des gemeinsamen Währungsgebiets gesichert werden. Während der Finanzkrise, die Europa vor allem von 2010 an traf, brachten überhöhte Staatsverschuldungen das Währungsgebiet an den Rand des Zusammenbruchs und hatten verheerende Konsequenzen für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt.

Conte: Strafverfahren würde Italien "sehr wehtun"

Die Botschaft aus Brüssel könnte nun in eine heikle Phase in Rom platzen. Ein Dauerstreit hat die Koalition in Rom quasi lahmgelegt, weshalb sich Regierungschef Giuseppe Conte am Montagabend gezwungen sah, aus der Deckung zu gehen und mit seinem Rücktritt zu drohen.

Er rief die Regierungspartner zum Zusammenhalt auf, mahnte Zurückhaltung gegenüber der EU an und warnte vor Botschaften, die Verunsicherung an den Märkten auslösen könnten.

Kürzlich hatte etwa Vize-Premier Matteo Salvini einen möglichen Bruch der Defizit-Regeln ins Spiel gebracht. Conte sagte, es sei fundamental, ein Strafverfahren gegen Italien abzuwenden, das "sehr wehtun" würde.

Die EU-Kommission hatte in der vergangenen Woche bereits einen Mahnbrief nach Rom geschickt. Italien habe 2018 nach nun bestätigten Zahlen nicht genügend Fortschritte bei der Bekämpfung seiner Verschuldung erzielt, hiess es in dem Schreiben. Die Regierung rechtfertigte daraufhin ihren Kurs.

"Die EU-Kommission muss endlich konsequent durchgreifen und ein Verfahren gegen Italien einleiten", forderte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr auch mit Blick auf umstrittene Reformen wie die Einführung eines Grundeinkommens und die Absenkung des Renteneintrittsalters. "Die Eurozone kann nur stabil sein, wenn sich alle Länder an die Regeln halten."

Der Grünen-Abgeordnete im Europaparlament, Sven Giegold, sagte: "An einem Defizitverfahren gegen Italien führt derzeit kein Weg vorbei."

Auch auf Deutschland könnte Kritik zukommen

Darüber hinaus wird die Kommission Empfehlungen für die übrigen EU-Staaten zur Verbesserung der Wirtschaftslage vorlegen. Deutschland könnte dabei erneut wegen seines Leistungsbilanzüberschusses ins Visier geraten.

Die Bundesrepublik exportiert mehr Waren, als sie im Ausland einkauft, was bei Handelspartnern immer wieder Kritik auslöst.

In die Leistungsbilanz fliesst sämtlicher Austausch mit anderen Ländern ein, also auch Dienstleistungen sowie Erwerbs- und Vermögenseinkommen, wie etwa Zinsen und Löhne. Aus Sicht der EU-Kommission gefährdet es die wirtschaftliche Stabilität in Europa. Der Überschuss nahm in den vergangenen Jahren aber bereits etwas ab. (jwo/dpa/afp)  © dpa

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