Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern hat zu Hause und in der Welt ein tadelloses Image. Auch in den dunklen Tagen nach dem Anschlag von Christchurch macht die 38-Jährige eine gute Figur. Wie eine moderne Frau mit ihrer offenen Art für ein modernes, offenes Land kämpft.
Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern ist eine fröhliche Frau von gerade einmal 38 Jahren, der in ihrer Unbeschwertheit anscheinend so gut wie alles gelingt. "Happy-go-lucky" nennt man solche Leute im Englischen gern.
2017 schaffte es Ardern, ihre Labour-Partei aus einem schier aussichtslosen Rückstand an die Regierung zu bringen. Acht Monate später brachte sie eine Tochter auf die Welt, als weltweit erste amtierende Regierungschefin seit Pakistans Benazir Bhutto 1990.
Mit Baby bei den Vereinten Nationen
Neuseeland schwelgte in "Jacindamania", in "Jacinda-Manie". Auch in der internationalen Politik wurde Ardern zum Star, spätestens, als sie ihm September ihre Tochter Neve zur UN-Vollversammlung mitbrachte.
Die Betreuung übernahm damals - wie auch sonst, wenn Mama in Dienst ist - Papa Clarke Gayford, ein Fernsehmoderator, der die Neuseeländer auf Twitter an seinem Leben als Hausmann und "First Dad" teilhaben lässt.
Nach dem rassistischen Doppel-Anschlag auf zwei Moscheen in Christchurch mit 50 Toten am Freitag ist die Stimmung eine ganz andere. Neuseeland steht unter Schock. In der ganzen Welt ist das Entsetzen gross. Ardern ist jetzt als Krisenmanagerin gefragt. "Happy-go-sad": Aus dem Glück ist eine grosse Trauer geworden.
Bisher, da sind sich Beobachter einig, macht Ardern ihre Sache ziemlich gut. Die Premierministerin ist seit Freitag ständig präsent. Mit tiefen Ringen unter den Augen, noch schmaler geworden als ohnehin, steht sie täglich Rede und Antwort.
Aus Solidarität greift sie zum Hidschab
Der Ton stimmt. Gleich in den ersten Stunden sagte sie: "Wir sind kein Ziel geworden, weil wir ein sicherer Hafen sind für die, die uns hassen. Man hat uns nicht gewählt, weil wir Rassismus billigen oder eine Enklave des Extremismus sind. Sondern, weil wir eben all dies nicht sind."
Auch bei ihrem Besuch in Christchurch machte die sozialdemokratische Premierministerin eine gute Figur. Ardern kam ganz in schwarzblau, mit schwarzem Kopftuch, dem Hidschab, wie ihn Musliminnen tragen. "Neuseeland ist in Trauer vereint. Wir sind in Trauer vereint", sagte sie. Immer wieder nahm sie muslimische Frauen in den Arm.
Ardern nahm sich aber auch Zeit, um ohne Kameras mit Hinterbliebenen zu reden. Ihr Lebensgefährte Clarke Gayford war dabei.
Die muslimische Gemeinde bedankte sich für die Unterstützung. Einer der Männer, Habib Ullah, sagte: "Das sind kleine Gesten, die für uns sehr viel bedeuten."
Einblicke in den Alltag bei Instagram
Der Vorname Jacinda bedeutet Hyazinthe. Er entstammt der griechischen Mythologie. Apollon soll den Jüngling Hyakinthos versehentlich mit einem Diskus getötet und im Anschluss, aus Trauer, dessen Blut in Blumen verwandelt haben.
Dieser Tage scheint es, als sei auch Jacinda Ardern in der Lage, aus einer Bluttat das Bestmögliche zu machen. Und anders als Apollo braucht sie dazu keine übernatürlichen Kräfte. Im Gegenteil: Ardern punktet mit Menschlichkeit, in der Krise, wie auch sonst. Ob sie im Hidschab die Angehörigen der Christchurch-Opfer tröstet oder auf Instagram von einem Malheur mit Rote-Beete-Brei berichtet - die Botschaft ist die gleiche: Ich bin eine von euch.
Jacinda Ardern will jetzt mehr denn je vereinen statt spalten. Übung darin hat sie: Arderns linke Labour-Partei regiert zusammen mit der nationalpopulistischen New Zealand First.
Schärfere Waffengesetze, wie Labour sie fordert, hatte der Koalitionspartner bislang verhindert. Nun sagte Vize-Regierungschef Winston Peters: "Unsere Welt hat sich für immer geändert. Deshalb werden sich auch unsere Gesetze ändern."
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