Die Schweiz strahlt aus. Aber sie ist auch vielen Einflüssen von aussen unterworfen. Weltwirtschaft, globale Veränderungen und die EU geben das Tempo an. In diesem Rahmen wählt das Land ein neues Parlament. Es wird eine Wahl zwischen Mitgehen und Hierbleiben.

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Die Schweizer Aussenpolitik setzt traditionell auf Diplomatie und Neutralität: gute Dienste, Dialog, globale Vernetzung und internationales Genf. Die Schweiz steht für Multilateralismus.

Doch Multilateralismus und Dialog haben schon bessere Zeiten gesehen. Die Zeichen stehen auf Richtungswechsel: Protektionistische und gehässige Töne sind im Aufwind.

Ein Jeder-für-sich herrscht bis in die höchsten politischen Etagen. Dieser Trend strahlt auch auf die Schweiz aus.

Der UNO-Migrationspakt, ein von der Schweiz mitausgearbeitetes Projekt, wurde im Parlament heftig attackiert. 2019 wird ihn das Land möglicherweise gar vom Tisch wischen.

Ein ähnliches Schicksal könnte dem Vorhaben des Bundesrats blühen, für einen Sitz im UNO-Sicherheitsrat von 2023 bis 2024 zu kandidieren. Die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) will dies verhindern. Die Debatte im Parlament wird spannend, denn Parlamentsmitglieder bis in die politische Mitte haben ihre Zweifel an der Kandidatur bekannt gegeben.

Und dann ist da noch die schier unendliche Geschichte von der Regelung der Beziehungen mit der Europäischen Union (EU). Der Vertragsentwurf für ein Rahmenabkommen liegt nun endlich vor.

Im Juni will die EU wissen, was die Schweiz damit zu tun gedenkt. Es ist fraglich, ob der neue Zeitgeist auf der Suche nach einem Miteinander hilfreich sein wird.

Die Schweiz ist stolz auf ihre offene Wirtschaft. Firmen mit Sitz in der Schweiz sind in der ganzen Welt tätig und tragen zum Ruf des Landes bei. Die starke Präsenz von multinationalen Konzernen hat aber auch ihre Schattenseiten: Weltweit aktive Unternehmen sind oft in Fälle von Menschenrechts-Verletzungen oder Umweltschäden involviert.

Das ist sicher nicht nur ein Schweizer Problem. Die Frage der sozialen und ökologischen Verantwortung von Konzernen wird seit längerer Zeit auch in den Vereinten Nationen (UNO) diskutiert. 2011 hat der UNO-Menschenrechtsrat Leitsätze für Unternehmen und deren Umgang mit den Menschenrechten angenommen. Es liegt an den einzelnen Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass diese Prinzipien eingehalten werden, sei dies mit freiwilligen Massnahmen oder verbindlichen Regeln.

Die Schweiz steht bei dieser Diskussion an vorderster Front. Die Konzernverantwortungs-Initiative, die von einer Koalition von Nichtregierungs-Organisationen (NGO) lanciert wurde und von weiten Teilen der öffentlichen Meinung unterstützt wird, hat die Diskussion erneut angekurbelt. Das Parlament könnte einen Gegenvorschlag annehmen, der viele Forderungen der Initiative aufnimmt.

Die Debatte findet momentan in einer parlamentarischen Subkommission statt, doch sie sollte im Frühjahr 2019 wieder im Parlament weitergeführt werden. Nach dem parlamentarischen Prozess wird sich auf jeden Fall das Stimmvolk dazu äussern können.

Eine spannende Diskussion ist programmiert. Und wie auch immer die Lösung aussehen wird, sie wird starke Auswirkungen auf das Image des Wirtschaftsstandorts Schweiz haben.

Die Schweizer Unternehmen sind stark vom Export abhängig: Fast 50 Prozent ihres Umsatzes machen sie im Ausland. Wegen dieser starken Abhängigkeit wird sich die Schweiz den Auswirkungen der für 2019 erwarteten globalen Konjunkturabschwächung nicht entziehen können.

Handelsstreit zwischen den USA und China, Brexit, Angst vor einer neuen Schuldenkrise in Europa. Das sind die möglichen Verwerfungen, die laut dem Wirtschafts-Dachverband Economiesuisse den Schweizer Unternehmen drohen. Er hat seine Wachstumsprognosen für das nächste Jahr nach unten korrigiert (1,4 Prozent gegenüber 2,7 Prozent im Jahr 2018).

Um die Schwierigkeiten der Eurozone abzufedern, wenden sich Schweizer Unternehmen immer mehr den USA zu, die auch 2019 der globale Wachstumsmotor bleiben dürften. Seit 2010 ist der Anteil der Exporte in die USA von 10 auf mehr als 15 Prozent gestiegen; ein Anstieg, der sich voraussichtlich fortsetzen wird.

Angesichts der krisengeschüttelten EU, dem wichtigsten Handelspartner der Schweiz, sollte der Schweizer Franken stark bleiben und seine Rolle als Fluchtwährung beibehalten. Die Schweizer Wirtschaft hat sich jedoch in der Vergangenheit als widerstandsfähig erwiesen und könnte sich inmitten der Turbulenzen wieder gut behaupten.

Die Schweizer Wirtschaft wird 2019 durch einen neuen Bundesrat vertreten, Guy Parmelin von der rechtskonservativen SVP. Er sollte nicht wesentlich von der liberalen und nicht-interventionistischen Politik seines Vorgängers abweichen. Parmelin wird namentlich für die Fortsetzung der Verhandlungen über den Abschluss von Freihandels-Abkommen mit Vietnam, Indien und Malaysia zuständig sein.

Am 20. Oktober wählen die Schweizerinnen und Schweizer an den Urnen ein neues Parlament. Die 200 Sitze des Nationalrats (grosse Parlamentskammer) und die 46 Sitze des Ständerats (kleine Parlamentskammer) werden alle vier Jahre neu besetzt oder bestätigt. Laut des letzten Wahlbarometers der SRG SSR könnten die Grünen und die FDP Wähleranteile gewinnen, während die SVP und die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP, Mitte-rechts) Einbussen hinnehmen könnten.

Der Hauptstreitpunkt bei diesen Wahlen wird wohl die Zusammensetzung des Ständerats sein, haben doch viele Ständerätinnen und Ständeräte ihre Absicht angekündigt, nicht für eine Wiederwahl zu kandidieren. Die Machtverhältnisse könnten sich verschieben, weil die Sozialdemokraten (links) mit dem Abgang mehrerer ihrer Ständerätinnen und Ständeräte umgehen müssen.

Die Wahlen werden auch das Thema Transparenz in der Parteienfinanzierung erneut aufs Tapet bringen: Die Kampagnen verschlingen geschätzte 50 Millionen Franken.

Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer können für den Nationalrat kandidieren. In einigen Kantonen ist sogar eine Kandidatur für den Ständerat möglich. Aktiv wählen können sie in allen Kantonen Mitglieder des Nationalrats, in einigen Kantonen auch des Ständerats. Und wo wir gleich beim Thema sind:

Tüchtig beschäftigen wird uns auch das E-Voting: Hier ist die Debatte mit dem Rückzug des Kantons Genf aus seinem digitalen Abstimmungssystem vollends lanciert.

Während die Fünfte Schweiz in einer Petition die Einführung des E-Votings für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer in allen Kantonen fordert, wollen Gegnerinnen und Gegner Anfang 2019 eine Volksinitiative zum Verbot der digitalen Stimmabgabe starten.  © swissinfo.ch

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