- Sloweniens rechtskonservativer Regierungschef Janez Janša beschneidet die Pressefreiheit, gängelt die Justiz, lässt hart gegen Demonstranten vorgehen und giftet gegen die EU.
- Nun übernimmt sein Land die EU-Ratspräsidentschaft - und die Befürchtungen in Brüssel sind gross.
- Nur Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán dürfte sich freuen. Er und Janša verstehen sich schliesslich prächtig.
Zum 1. Juli übernimmt Slowenien die EU-Ratspräsidentschaft. Sechs Monate lang hat die Regierung in Ljubljana dann massgeblich Einfluss auf Themenschwerpunkte und Zeitpläne bei der Beschlussfassung der Mitgliedstaaten - was in Brüssel nicht wenigen Sorge bereitet. Denn seit März 2020 regiert in Slowenien der rechtskonservative Janez Janša (62).
Janša wie Donald Turmp: Er wütet gerne auf Twitter
Schlagzeilen hat Janša im zurückliegenden Jahr unter anderem damit gemacht, dass er die Berichterstattung der ARD über die Pressefreiheit in Slowenien mit jener der antisemitischen Wochenzeitung "Der Stürmer" verglich. Die einzige slowenische Nachrichtenagentur ist aus seiner Sicht eine "nationale Schande", er enthält ihr öffentliche Gelder vor, wofür die EU ihn unlängst verwarnt hat. Im öffentlichen Rundfunk hat Janša unliebsame gegen gefügige Journalisten ausgetauscht. Unter dem Vorwand der Corona-Bekämpfung hob seine Regierung die Versammlungsfreiheit auf. Demonstranten belegte die Polizei mit ruinösen Geldstrafen. Als Donald Trump sich nach seiner Abwahl ganz einfach zum Sieger der US-Präsidentschaftswahl ernannte, gratulierte nur ein europäischer Regierungschef: Janša.
Auf Twitter möchte Janša Trump offenbar in nichts nachstehen. In Tweets hat er in den vergangenen Monaten nicht nur kritische Journalisten aus dem In- und Ausland angegriffen, sondern auch EU-Vertreter, insbesondere aus dem Europaparlament. "Wir schulden der EU nichts", schrieb der Regierungschef im Mai. "Wir haben vor 30 Jahren für unsere Freiheit und Demokratie gekämpft."
Ungarn hilft mit Geld und Know-how
Bei vielen EU-Politikern hat er sich damit freilich nicht beliebt gemacht, wohl aber im rechtsnational geführten Polen und bei Ungarns Regierungschef Viktor Orbán, mit dem er eine intensive politische Freundschaft pflegt. Orbán nahestehende Geschäftsleute unterstützen Janšas Medien mit Geld und Know-how. Ungarische Konzerne mit Regierungsnähe kaufen in Slowenien unter anderem Banken, Tankstellenketten und Thermalhotels auf.
Hat in Brüssel nun die Stunde der Rechtspopulisten geschlagen? Wie wird Janša die Ratspräsidentschaft für seine Zwecke nutzen? Befürchtungen gibt es viele.
Barley (SPD): "Keine Bühne für demokratieverachtende Politik bieten"
Von einer "herausfordernden Zeit" sprach die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley, neulich in der "Welt". Die SPD-Politikerin mahnte, Janša "keine Bühne für seine demokratieverachtende Rhetorik und Politik" zu bieten. "Ich glaube, es wird ständige Spannungen zwischen der slowenischen Präsidentschaft, ihren Vorschlägen und den EU-Institutionen geben", sagt Uros Esih, Kolumnist der Tageszeitung "Delo". Auch die Organisation Reporter ohne Grenzen zeigt sich besorgt. Die slowenische Regierung könne die Ratspräsidentschaft missbrauchen, "um Bemühungen zur Stärkung der Medienfreiheit in Europa zu behindern".
Die inhaltlichen Schwerpunkte, die Slowenien zu setzen angekündigt hat, sind da ziemlich in den Hintergrund gerückt. Ganz oben auf der Agenda steht die Erweiterung der EU um die Westbalkanländer Albanien, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien. Ferner soll es verstärkt um digitale Sicherheit und Migration gehen. "Gemeinsam. Widerstandsfähig. Europa." hat Slowenien sein Programm überschrieben. Wie viel Gemeinsamkeit unter den gegebenen Umständen möglich ist und wie widerstandsfähig die Europäische Union gegen Feinde von innen ist, wird sich zeigen.
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