Jens Spahn geht in die Offensive zu Friedrich Merz: Der Bundesgesundheitsminister stellt sich demonstrativ vor das geltende Grundrecht auf Asyl und grenzt sich damit deutlich von seinem Konkurrenten um den CDU-Vorsitz ab. Auch Kandidatin Annegret Kramp-Karrenbauer hat wenig für Merz' Vorstoss übrig.

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Jens Spahn, Gesundheitsminister und Kandidat für den CDU-Vorsitz, hat sich grundsätzlich hinter das geltende Grundrecht auf Asyl gestellt - und sich damit von seinem Mitbewerber Friedrich Merz abgegrenzt.

"Das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte ist vor dem Hintergrund zweier Weltkriege, von grossem Leid und Vertreibungen eine grosse Errungenschaft unseres Grundgesetzes", teilte Spahn am Donnerstag in Berlin mit.

Zugleich betonte er aber auch: "Um Akzeptanz für dieses wichtige Grundrecht zu erhalten, müssen wir zuallererst unsere EU-Aussengrenze wirksam schützen und unsere Asylverfahren beschleunigen."

Kramp-Karrenbauer lehnt Debatte über Grundrecht auf Asyl ab

Auch CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer lehnt die von Merz geforderte Diskussion über das Grundrecht auf Asyl ab. "Die Abschaffung des Grundrechts auf Asyl oder eine Einschränkung halte ich mit dem Wesenskern der CDU und dem Erbe von Helmut Kohl für nicht vereinbar", sagte Kramp-Karrenbauer am Donnerstag in der Sendung "Die richtigen Fragen" der "Bild"-Zeitung.

Im Grundgesetz gebe es eine gute Asylgrundlage an der man nicht leichtfertig herumschrauben solle, warnte Kramp-Karrenbauer. "Die Mütter und Väter des Asylrechts haben das Grundrecht aus gutem Grund so verankert, wie wir es kennen."

Merz stellt individuelles Recht auf Asyl infrage

Merz hatte das individuelle Recht auf Asyl zuvor infrage gestellt. Deutschland sei das einzige Land der Welt, das ein Individualrecht auf Asyl in der Verfassung stehen habe, sagte er am Mittwoch im thüringischen Seebach bei der dritten CDU-Regionalkonferenz zur Vorstellung der Kandidaten für die Nachfolge von Angela Merkel als Parteichefin.

Er sei seit langem der Meinung, dass offen darüber geredet werden müsse, ob dieses Asylgrundrecht "in dieser Form fortbestehen" könne, wenn eine europäische Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik ernsthaft gewollt sei.

"Wir müssen irgendwann einmal eine grosse öffentliche Debatte darüber führen, ob man einen gesetzlichen Vorbehalt ins Grundgesetz schreibt", sagte Merz.

Spahn stellt sich Merz entgegen

Spahn erklärte nun, das Problem sei, dass das Grundrecht auf Asyl "zu oft ausgenutzt wird und zu ungesteuerter Migration führt". Er ergänzte: "Wir könnten viel für mehr Akzeptanz tun, indem wir endlich Ankerzentren einrichten und die Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklären und damit den Missbrauch des Asylrechts besser bekämpfen. Wir müssen hier Recht endlich durchsetzen."

Ankerzentren sind von der grossen Koalition geplante und bislang nur an einigen Orten umgesetzte Aufnahmezentren für Asylbewerber - der Begriff Anker steht für Ankunft, Entscheidung und Rückführung. Spahn betonte, es sei "wichtig, diese Debatten endlich breit zu führen". Jedes Argument müsse offen auf den Tisch. "So nehmen wir bei dem Thema viel mehr Bürger mit als bisher."

Das Grundrecht auf Asyl in Deutschland

In Deutschland ist das Recht auf Asyl im Grundgesetz verankert. Festgelegt ist dies in Artikel 16a. Dort heisst es in Absatz eins: "Politisch Verfolgte geniessen Asylrecht."

Tatsächlich wird das Asylrecht in der Bundesrepublik damit - anders als in vielen anderen Staaten - nicht allein aufgrund der völkerrechtlichen Verpflichtung aus der Genfer Flüchtlingskonvention (PDF) gewährt, sondern hat Verfassungsrang.

Mit dem sogenannten Asylkompromiss von 1993 wurde dieses Grundrecht allerdings deutlich eingeschränkt. Eine Folge: Wer über einen sicheren Drittstaat einreist, konnte sich seither nicht mehr auf das Asylgrundrecht berufen.

In der Praxis bekommen daher Menschen, die heute vor Krieg und Krisen nach Deutschland fliehen, nur selten eine Asylberechtigung nach Artikel 16a des Grundgesetzes.

Die meisten erhalten Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention oder einen eingeschränkten (subsidiären) Schutz.

Das gilt für Menschen, die nicht als politisch verfolgt gelten, aber trotzdem bleiben dürfen, weil ihnen in der Heimat "ernsthafter Schaden" droht - wie Folter, Todesstrafe oder willkürliche Gewalt in einem bewaffneten Konflikt.

Günther warnt: Andere Themen für Bürger wichtiger

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther hat indes die Kandidaten für den CDU-Vorsitz davor gewarnt, in ihrem Wettbewerb zu stark auf Einwanderungsthemen zu setzen.

"Ich glaube, dass andere Zukunftsherausforderungen für die Menschen eine grössere Rolle spielen", sagte Günther der Nachrichtenagentur AFP. Eine klare Positionierung der Kontrahenten begrüsste Günther jedoch.

"Mit welchen Themen sie in der Partei punkten wollen, das müssen die Kandidaten für sich entscheiden", sagte Günther.

Für die Menschen seien aber andere Fragen wichtiger: "Dazu gehören der Fachkräftemangel, die Folgen der Digitalisierung für Deutschland, die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme oder eine vernünftige Versorgung in der Pflege", zeigte sich der schleswig-holsteinische Regierungschef überzeugt.

"Wir haben also eine ganze Menge anderer Themen, die noch mehr Leute bewegen - allerdings sind die Antworten hierzu auch schwieriger", fügte Günther hinzu.

"Für die Kandidaten um den CDU-Vorsitz ist es also bei diesen Themen nicht ganz so einfach sich zu profilieren." (mgb/dpa/afp)

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