Rechtspopulist Jörg Haider hat die FPÖ in Österreich einst gross gemacht. Derzeit feiert Heinz-Christian Strache enorme Zuwächse bei den Wählern. Wie hat sich die Partei seit der Ära Haider verändert? Auf welche Themen setzt Strache und hat er die Partei weiter nach rechts geführt? Wir haben bei einem Publizisten nachgefragt, der die Verflechtungen innerhalb der FPÖ untersucht hat.
Einst war der ehemalige FPÖ-Chef Jörg Haider ein wichtiger Mentor von Heinz-Christian Strache. Dann, im Jahr 2005, kam der Bruch, Haider verliess die Partei und gründete das BZÖ.
Hans-Henning Scharsach hat die Verflechtungen innerhalb der FPÖ untersucht. Wir haben mit dem Buchautor über Straches politischen Weg gesprochen.
Wieviel Jörg Haider steckt in Heinz-Christian Strache?
Hans-Henning Scharsach: In meinem Buch "Haiders Kampf" habe ich den damaligen FPÖ-Chef als rechtsextrem und gefährlich eingestuft. Unter Strache ist die FPÖ noch weiter nach rechts gerückt. Damit ist sie für die Demokratie und unsere politische Kultur des Miteinanders noch gefährlicher geworden.
In welcher Hinsicht?
Die verbalen Entgleisungen von FPÖ-Politikern, ihre Reden, ihr Abstimmungsverhalten im Nationalrat und nicht zuletzt ihr Parteiprogramm machen deutlich, wie radikal, aber auch wie demokratie- und arbeitnehmerfeindlich die FPÖ geworden ist.
Haider hat das Ende der "Deutschtümelei" verkündet und die Burschenschaften an den Rand gedrängt. Strache hat die Partei den Burschenschaftern ausgeliefert. Haider war zudem als Akademiker in ein universitäres, intellektuelles Umfeld eingebunden.
Bei Strache gibt es kein derartiges Korrektiv. Seine Politik der Feindbilder, der Sündenböcke und der Ausgrenzung, die sich über Verfassung, Menschenrechte und demokratische Freiheitsrechte hinwegsetzt, ist beispiellos in der Nachkriegsgeschichte unseres Landes.
Welche Rolle spielen die Burschenschaften unter Strache im Vergleich zu Haider?
Damals waren die Vertreter von deutschnationalen Burschenschaften eine kleine rechtsextreme, partiell neonazistische Gruppierung am äussersten rechten Rand der FPÖ. Haider hatte von ihm persönlich ausgesuchte junge, telegene Männer um sich geschart, die das, was die Parteizentrale ihnen vorgab, perfekt in die Kameras lächelten.
Strache hat diese "Buberlpartie" durch eine "Burschenpartie" ersetzt – Hardcore-Ideologen aus dem Milieu der deutschnationalen, schlagenden Verbindungen, die nach wissenschaftlichen Kriterien als eindeutige rechtsextrem und partiell als neonazistisch einzustufen sind.
Gibt es auch Gemeinsamkeiten zwischen Haider und Strache?
Ja, die gibt es – in der Sprache wie im öffentlichen Auftreten. Die Akzentuierung der Reden, die Mimik und Gestik sind ähnlich. Auch die Art, sich gegen Vorwürfe von Rechtsextremismus und Neonazismus zur Wehr zu setzen, hat Strache übernommen. W
ie einst Haider setzt er auf die "Täter-Opfer-Schuldumkehr", die den Angreifer zum Opfer und den Angegriffenen zum Täter macht.
Hat Heinz-Christian Strache auch Inhaltliches übernommen?
Populisten versuchen, immer auf beiden Seiten zu stehen: Der gleiche Politiker, der mit antisemitischen Anspielungen eine rechtsextreme Zuhörerschaft bedient, gibt sich vor anderem Publikum als staatstragender Freund Israels. Danach hat er für jede Art der politischen Diskussion das passende Zitat zur Hand.
Ein zweites Wesenselement des Populismus ist die Politik der Feinbilder. In Wahlkämpfen wird kaum darüber gesprochen, wofür man ist. Entscheidend ist, wogegen man ist, welchen "Feind" man bekämpft. Haider hat dabei für ganz Europa stilprägend gewirkt. Eine der Ähnlichkeiten zwischen Haider und Strache aber hat einen rein personellen Hintergrund. Für ihre Reden und Werbespots trägt Herbert Kickl die Verantwortung – der talentierteste politische Demagoge, den Nachkriegs-Österreich hervorgebracht hat.
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