Nicht nur die Terrormiliz "Islamischer Staat" rekrutiert ausländische Kämpfer. Auch ihre Gegner bekommen Zulauf. Aber was treibt diese Freiwilligen in den Krieg?

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Drei Männer posieren mit ihren Kalaschnikows an einem Checkpoint, sie tragen Armeemontur, im Hintergrund weht eine kurdische Flagge vor einem kasernenartigen Bau.

Einer der Soldaten heisst Christian Haller* (Name geändert). Er wurde 1985 in einem kleinen Dorf in der Eifel geboren und kämpfte bis zum Sommer 2015 sieben Monate an der Seite kurdischer Rebellen gegen den so genannten "Islamischen Staat".

Freiwillige im Kampf gegen den IS

Haller ist einer von weltweit rund 200 bis 300 Freiwilligen, die sich auf den Schlachtfeldern Syriens und Iraks gegen die Terrormiliz stellen, meist auf kurdischer Seite.

Aus Deutschland reisten bis zum Frühjahr rund 80 Personen ins Kriegsgebiet – Tendenz steigend. Die genauen Zahlen sind unbekannt.

Dem sogenannten "Islamischen Staat" schlossen sich nach Schätzungen bis heute rund 20.000 Ausländer an, davon einige Tausend aus Europa.


"Die meisten Anti-IS-Kämpfer sind europäische Kurden oder US-Amerikaner", erklärt der Politologe Prof. Thomas Jäger von der Universität Köln .

Die Motive der Freiwilligen seien – wie bei den IS-Unterstützern – völlig unterschiedlich.

"Während es bei den Kurden meist persönliche und politische Beweggründe gibt, wie die Befreiung der Heimat von den Dschihadisten, geht es den Amerikanern eher um den Kampf gegen Terrorismus und Islamismus."

"Kurdische Kämpferinnen angebaggert - Tabubruch!"

Nicht alle ausländischen Kämpfer haben nur edle Motive für ihren Einsatz. Manche schlossen sich der YPG, dem militärischen Arm der syrischen Kurden, aus Abenteuerlust oder Geltungsdrang an.

"Viele fand ich persönlich unsympathisch oder blöd", beschreibt Ex-Kämpfer Christian Haller seine Fronterlebnisse. "Es sind auch einige Chaoten und viele Selbstdarsteller dabei."

Sie hätten ständig Fotos von sich in Kampfmontur im Internet hochgeladen und schon mal die kurdischen Kämpferinnen angebaggert – ein Tabubruch.

"Aber sie sind alle aus den richtigen Gründen da und wir hatten einen gemeinsamen Feind, den IS", sagte er Focus Online.


Über die deutschen Freiwilligen sind, von den prominenten Beispielen abgesehen, nur bruchstückhafte Details bekannt.

Der Verfassungsschutz schätzt, dass sich Deutsche im "mittleren zweistelligen Bereich" der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK im Irak und der Türkei angeschlossen haben. Hinzu kommen die YPG-Unterstützer in Syrien. Mehr als 100 dürften es insgesamt kaum sein.

Kölner Rockergruppe gegen "Islamischer Staat"

In der Schlacht um die syrisch-türkische Grenzstadt Kobane waren Mitglieder einer vorwiegend kurdischen Rockergruppe aus Köln beteiligt, auch Rocker aus den Niederlanden kämpften dort.

Und dann gibt es die Einzelkämpfer wie den dänischen Ingenieur Jorgen Nicolai oder eben Haller, der durch TV-Berichte über die Gräuel des IS wachgerüttelt wurde, und etwas gegen das Leid tun wollte.

Hinzu kam eine Prise Abenteuerlust. Per Facebook, vermutlich die häufigste Form zur Kontaktaufnahme, meldete er sich bei den kurdischen Kämpfern.


Zur Idealisten-Fraktion gehörte Ivana Hoffmann. Die junge Frau aus Duisburg war offenbar die erste Deutsche, die im Kampf gegen die Terrormiliz fiel.

Die bekennende Kommunistin hatte sich, wie einige weitere Frauen aus anderen Ländern, dem kurdischen Frauenbataillon YPJ angeschlossen.

Hoffmann wurde im Frühjahr im Alter von 19 Jahren in einem Dorf 200 Kilometer östlich von Kobane getötet.

Schmutzig, brutal und desillusionierend

Haller sagte der "FAZ", dass es die wenigsten Freiwilligen mehr als zwei Monate im Krieg aushalten würden. "Andere sterben." Der Krieg sei schmutzig, brutal und desillusionierend, kurz: "Beschissen."



Oft durchlaufen sie vor Ort nur eine Mini-Ausbildung in Kriegs- und Waffenkunde. Wie viele einen militärischen Hintergrund haben, ist unklar.

Einer der bekanntesten westlichen Kämpfer, der US-Amerikaner Jordan Matson, ist ein Ex-Soldat. Auch zwei Briten im Dienst der YPG, Jamie Read und James Hughes, besassen einen Armee-Hintergrund.

Bei Haller war es anders. Er sammelte zwar im Schützenverein Erfahrung mit Waffen, leistete aber keinen Wehrdienst, sah sich nie als grossen "Militärfreak".

Heute lebt er an einem unbekannten Ort in Deutschland, er fürchtet die Rache deutscher Dschihadisten.

Dafür lassen ihn zumindest die deutschen Behörden in Ruhe, denn strafbar gemacht hat er sich mit seinem Einsatz offenbar nicht. Die syrische YPG gilt in Deutschland, anders als die PKK oder der IS, nicht als Terrororganisation.

Enorme Propaganda der Dschihadisten

Die Polizei teilte ihm mit, es handele sich um einen rechtlichen Graubereich, eine Strafe drohe nicht.

So oder so werden weitere junge Frauen und Männer in den Krieg ziehen, die meisten für den IS, nur die wenigsten auf der Seite seiner Feinde.

"Die weitaus grössere Zahl der IS-Unterstützer erklärt sich durch die enorme Propaganda der Dschihadisten und das viel grössere Rekrutierungspotenzial, etwa in Ländern wie Saudi-Arabien oder Pakistan", erklärt Thomas Jäger.

Auch die Existenz eines "islamischen" Staatsgebietes übe eine grosse Anziehungskraft aus. Der Krieg scheint einige Menschen einfach magisch anzuziehen - in einem kleinen Dorf in der Eifel, wie auch in einer amerikanischen Grossstadt.

Prof. Dr. Thomas Jäger ist seit 1999 Inhaber des Lehrstuhls für Internationale Politik und Aussenpolitik an der Universität zu Köln. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in internationalen Beziehungen sowie amerikanischer und deutscher Aussenpolitik.

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