Joe Biden hat den Weg für einen neuen Präsidentschaftskandidaten der Demokraten frei gemacht – oder für eine Kandidatin. Aktuell steht Kamala Harris im Fokus. Was bedeutet das für den Wahlkampf?
Am Ende wurde der Druck auf US-Präsident
Damit gibt er den Platz für den Kampf ums Weisse Haus frei – als Nachfolgerin und mögliche Kandidatin der Demokraten für das Amt der US-Präsidentin wird
Was bedeutet der Rückzug Bidens für den Wahlkampf der Demokraten, Herr van de Laar?
Julius van de Laar: Die Demokraten können die Wahl jetzt wieder gewinnen. Nach den letzten Umfragen in den Swing States war die Situation ausweglos. Der Rückzug hat Grösse erfordert, aber er hat den Weg freigemacht.
Lässt sich ein so kurzfristiger Wahlkampf überhaupt noch organisieren?
Das Momentum ist da, wir sehen, wie jetzt schon die Spendengelder fliessen. In den ersten sechs Stunden sind knapp 50 Millionen Dollar in Kleinspenden zusammengekommen. Ich gehe davon aus, dass die Demokraten heute einen Spendenrekord aufstellen werden. Das Geld wird also nicht das Problem sein, auch Grossspender sind auf dem Weg, sich hinter Kamala Harris zu stellen. Sie muss die Partei zuerst hinter sich versammeln – und dann hart gegen
Wie führt man einen Wahlkampf gegen einen Gegner wie Donald Trump, der schon jetzt herabwürdigend über Harris herzieht und von Betrug wegen des Rückzugs von Joe Biden spricht?
Harris als ehemalige Staatsanwältin hat in der Vergangenheit gezeigt, dass sie weiss, wie man den Kontrahenten ins Kreuzverhör nimmt und vor allem, wie man debattiert. Dass Trump den Demokraten nun Betrug vorwirft, ist nicht überraschend. Schlussendlich hängt es davon ab, welches Argument Kamala Harris macht – während Biden der vermeintlich Schwache gegen den starken Trump war, kann sie nun sagen: 'Ich bin jung und frisch gegenüber dem abgestandenen, alten Donald Trump'. Sie bringt einen neuen Ton in die Debatte. Aber es wird nicht ausreichen, nur zu sagen, warum Trump kein guter Präsident sein wird – sie muss ihre eigene Vision artikulieren.
Ist Kamala Harris die richtige Wahl, um das Ruder noch rumzureissen?
Das muss sie unter Beweis stellen. Wenn sie das nicht schafft und in den ersten 24 bis 48 Stunden patzt, dann werden auch andere Demokraten wach und werden anfangen sich warmzulaufen. Erstmal ist sie vorne in diesem Vorwahlprozess, aber das bedeutet lange nicht, dass sie da auch bleibt.
Bislang haben weder
Das würde ich nicht überbewerten. Auch 2020 hat Barack Obama abgewartet, ehe er sich hinter seinen ehemaligen Vize-Präsidenten Joe Biden gestellt hat. Er wartet, ob noch andere Demokraten ins Feld um den Vorwahlkampf ziehen, und lässt so dem demokratischen Prozess seinen Lauf. Sollte sich herauskristallisieren, dass Harris die unangefochtene Frontrunnerin ist, bin ich mir sicher, dass auch Barack Obama mit voller Härte in den Wahlkampf einsteigt – und Kamala Harris mit allem unterstützt, was er hat.
Jetzt sind es noch gut dreieinhalb Monate bis zur Wahl. Kommt der Rückzug von Biden zu spät?
Das Wichtige ist, dass die Entscheidung gefallen ist. Ob sie zu spät kam, werden wir erst nach dem Wahltag beurteilen können. Ich hätte mir gewünscht, dass Joe Biden diese Entscheidung schon Anfang des Jahres oder sogar noch früher getroffen hätte. Aber jetzt ist es so, dementsprechend gilt es in der Kampagne, das zu nehmen, was man hat. Aber klar ist: Auch wenn es spät ist, Geld wird nicht das Problem sein. Die letzten acht Tage haben uns ausserdem gezeigt, wie schnell sich die Narrative ändern können.
Wie meinen Sie das?
Vor acht Tagen haben wir über den Attentatsversuch auf Donald Trump gesprochen, dann über den Parteitag, über Trumps Rede und den Auftritt von Hulk Hogan. Dann haben wir über den Rückzug von Joe Biden gesprochen und jetzt sprechen wir über Kamala Harris.
Das heisst, jetzt ist wieder alles offen.
Erstmal ist alles offen, aber die nächsten 48 Stunden werden darüber entscheiden, wie die Öffentlichkeit Kamala Harris wahrnimmt. Jetzt ist die gesamte Aufmerksamkeit auf sie gerichtet und ihre Aufgabe ist es, jetzt auch zu liefern.
Über den Gesprächspartner
- Julius van de Laar ist Kampagnenmanager und Politikberater und hat sowohl Bundestags- als auch Europawahlkämpfe unterstützt. Er hat zudem die Präsidentschaftswahlkampagnen Barack Obamas begleitet und leitete 2012 als Regional GOTV Director den Bereich Wählermobilisierung für Obama im Schlüsselstaat Ohio. Van de Laar berät ausserdem NGOs und Unternehmen bei der Entwicklung von Kampagnen und der Umsetzung.
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