Gut eineinhalb Jahre nach dem Katar-Skandal will die EU härter gegen Interessenkonflikte und Korruption innerhalb der eigenen Institutionen vorgehen. Das Europaparlament stimmte am Donnerstag in Strassburg für die Einrichtung eines Ethikgremiums, dass künftig die Einhaltung von Lobby- und Antikorruptionsregeln kontrollieren soll. Darauf einigten sich einer Mitteilung des Parlaments zufolge acht EU-Institutionen: der Rat der Europäischen Union, die Kommission, der Gerichtshof, die Europäische Zentralbank, der Europäische Rechnungshof, der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss, der Europäische Ausschuss der Regionen sowie das Parlament selbst.
Im Dezember 2022 hatte der Katar-Skandal das Europaparlament erschüttert. Die belgische Justiz ermittelt gegen die inzwischen abgesetzte Vizepräsidentin Eva Kaili und weitere Verdächtige wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und Korruption. Dabei geht es um mutmassliche Einflussnahme auf politische Entscheidungen durch die Regierungen von Katar und Marokko.
Der jetzigen Einigung zufolge wird das Gremium etwa für gemeinsame Mindeststandards für ethisches Verhalten zuständig sein. Zudem soll es Berichte darüber veröffentlichen, wie diese Standards in den internen Vorschriften der einzelnen Institutionen umgesetzt werden. Bei Verstössen kann es Empfehlungen für Sanktionen aussprechen. Fünf unabhängige Sachverständige sollen das Gremium bei ethischen Fragen unterstützen und gegebenenfalls Stellungnahmen abgeben.
"Dass sich das neue Gremium auch konkret mit Einzelfällen befassen kann, ist ein enormer Verhandlungserfolg", sagte der zuständige Abgeordnete Daniel Freund (Grüne). Gegenwind kommt dagegen von der christdemokratischen EVP-Fraktion: "Anstatt klare rechtliche Regeln und Standards aufzustellen, wird die "Ethik-Behörde" auf Grundlage auslegungsbedürftiger moralischer Regeln entscheiden", sagte der verfassungspolitische Sprecher, Sven Simon (CDU).
Bevor die Vereinbarungen in Kraft treten können, müssen sie noch von allen Parteien unterzeichnet werden. Den Angaben nach sollen sie nach drei Jahren überprüft werden, um sie gegebenenfalls zu verbessern und zu erweitern.
Bislang überwachen die einzelnen Institutionen selbst, ob die Lobby- und Ethikregeln in ihrem Haus eingehalten werden. Diese Art der Selbstkontrolle ist nach Ansicht von Kritikern wenig effektiv. © dpa
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