Zum fünften Geburtstag des Klimaabkommens von Paris gibt es keine UN-Klimakonferenz - in der Corona-Krise ist das unmöglich. Ersatzweise sprechen Dutzende Staatschefs auf einem digitalen Mini-Gipfel. Was soll das bringen?
Auf den Tag fünf Jahre nach der historischen Einigung auf das Pariser Klimaabkommen sollte dieser Gipfel ein Zeichen setzen: Auch in der Corona-Pandemie geht es voran beim Klimaschutz. Mehr als 70 Staats- und Regierungschefs kündigten am Samstag konkrete neue Ziele im Kampf gegen die Klimakrise an - oder betonten zumindest wortreich, wie wichtig dieser sei.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres wollte zusammen mit Grossbritannien, Chile, Frankreich und Italien Druck aufbauen im Corona-Jahr 2020, in dem die grosse UN-Klimakonferenz ausfallen musste. Der Gipfel in Glasgow findet erst Ende 2021 statt - als Ersatz gab es einen digitalen, eintägigen "Climate Ambition Summit" (Gipfel für Klima-Ehrgeiz). Eingeladen wurde nur, wer aus Sicht der Gastgeber genug vorzuweisen hatte.
"Bereit zu mutigem Klimaschutz"
"Der Gipfel hat jetzt ein starkes Signal gesendet, dass mehr Länder und mehr Unternehmen bereit sind zu mutigem Klimaschutz, von dem unsere Sicherheit und unser Wohlstand in Zukunft abhängen", lobte Guterres. Alle anderen Staaten müssten sich dem anschliessen. In seiner Begrüssungsrede forderte er alle Länder der Welt auf, den "Klimanotfall" auszurufen - wie das EU-Parlament es für die Europäische Union schon vor einem Jahr getan hat.
Guterres wird nicht müde zu betonen, dass all die Versprechen noch lange nicht ausreichen, und erst recht nicht das, was die Staaten bisher wirklich tun, um ihre Treibhausgas-Emissionen zu mindern. Noch bewege man sich Richtung 3 Grad Erwärmung in diesem Jahrhundert, mahnte er, 1,2 Grad sei es jetzt schon wärmer als vor der Industrialisierung. Es drohten katastrophale Folgen. Sichtbar sind sie längst: Dürren, Hitzewellen, verheerende Waldbrände, Wirbelstürme, Überschwemmungen, schmelzendes Eis um die Pole und auf Bergen.
2020 sollte eigentlich das Jahr sein, in dem bis zum Klimagipfel in Glasgow alle Staaten des Pariser Abkommens neue und verbesserte nationale Klimaschutzpläne abliefern. Das soll künftig im Fünf-Jahres-Rhythmus passieren, zwischendurch gibt es eine Bestandsaufnahme, die deutlich macht, ob die Pläne reichen. Corona hat den Zeitplan etwas verzögert. Aber mehr als 40 Staaten hätten den Gipfel genutzt, neue Pläne anzukündigen, lobte Guterres.
China will Ökostrom ausbauen
Ein paar Beispiele der Versprechen: Barbados und die Malediven wollen schon 2030 keine Treibhausgase mehr ausstossen, Pakistan will keine neuen Kohlekraftwerke bauen. China, das Land mit dem höchsten Treibhausgas-Ausstoss der Welt, will sein Wachstum stärker von den Emissionen entkoppeln, Ökostrom ausbauen und - das war schon länger bekannt - schon vor 2030 anfangen, den CO2-Ausstoss zu senken.
Grossbritanniens Premierminister Boris Johnson, Gastgeber des nächsten grossen Gipfels, bekräftigte stolz die Zusage, bis 2030 die Emissionen um 68 Prozent im Vergleich zu 1990 zu drücken. Von der Leyen bewarb das neue 55-Prozent-Ziel der EU. Und auch Apple-Chef Tim Cook bekam Gelegenheit, für die Nachhaltigkeits- und Klimaziele seines Unternehmens zu werben.
Eine reine Wohlfühl-Veranstaltung war der Gipfel aber nicht. Kleine, ärmere und vom Klimawandel besonders betroffene Länder wie Äthiopien, Vanuatu oder Fidschi forderten weitere und vereinfachte finanzielle Unterstützung. Und sie erinnerten daran, dass es die Industrieländer seien, die vor allem in der Pflicht stünden - die Pazifikinseln bekommen die steigenden Meeresspiegel schon zu spüren.
Die junge Klimaaktivistin Selina Neirok Leem von den Marshallinseln, die schon 2015 in Paris prominent dabei war, wandte sich direkt an die Staatschefs: "Ich bin Teil des Ärgers und der Enttäuschung meiner jungen Mitstreiter über euch, die oberen ein Prozent der Welt, denn mit eurem massiven Einfluss seid ihr an euren grossen Aufgaben gescheitert", sagte sie.
Deutschland bleibt einer der grössten Sponsoren des Klimaschutzes
Kanzlerin Merkel (CDU) verwies auf den deutschen Kohleausstieg und weitere Massnahmen, vor allem aber auf weitere finanzielle Unterstützung Deutschlands für ärmere Länder beim Klimaschutz. Deutschland gehört dabei zu den grössten Geldgebern - dennoch zeigte sich die Hilfsorganisation Brot für die Welt enttäuscht: Die Kanzlerin sei vage geblieben und hätte auch für die Zeit nach 2025 schon Zusagen machen müssen, kritisierte Klimaexpertin Sabine Minninger. Zudem seien die angekündigten vergünstigten Kredite keine Schenkungen.
Neben Staaten wie Australien oder Brasilien, die bei den Klimaverhandlungen als Bremser gelten, fehlten auch die USA - sie sind seit Anfang November nicht mehr Teil des Klimaabkommens. Der gewählte Präsident Joe Biden nutzte die Gelegenheit, um aus der Ferne zu bekräftigen, dass er am ersten Tag seiner Amtszeit wieder beitreten wolle. Zudem meldeten sich Vertreter von Bundesstaaten und Städten in den USA zu Wort, die betonten, dass auch unter Präsident Donald Trump unterhalb der Bundesebene das Engagement weitergehe. (best/dpa)
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