Die Terror-Milizen des IS haben bereits zahllose Städte entlang der Grenze zwischen Syrien und der Türkei erobert. Auch die Grenzstadt Kobane steht kurz vor dem Fall. Hat der IS nun die Türkei im Visier? Und was käme dann auf Deutschland zu?

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Meter für Meter nehmen die Terror-Milizen vom Islamischen Staat (IS) die syrische Grenzstadt zur Türkei ein. Im Pentagon gehen die US-Militärs inzwischen vom sicheren Fall von Kobane aus. Wenn die Stadt fällt, wird das den IS weiter stärken. Erst Ende September hatte IS-Sprecher Abu Mohammed al Adnani den IS-Anführer Abu Bakr al Baghdadi zum ersten "Kalifen" ausgerufen - zum "Anführer aller Muslime".

Das Kalifat auf den eroberten Gebieten wird durch den Fall von Kobane nicht nur territorial ausgeweitet. Auch die Strahlkraft der Terror-Bewegung wächst. "Erfolg macht attraktiv. Viele Sympathisanten würden durch den weiteren Siegeszug des IS motiviert werden, ebenfalls in den bewaffneten Kampf einzusteigen," sagt Nahost-Experte Udo Steinbach.

Dieser Krieg spielt sich direkt an der Nato-Grenze ab. Das Bündnismitglied Türkei hat eine 822 Kilometer lange Grenze zu Syrien und besitzt auch eine Exklave mit dem Grab des osmanischen Sultans Suleiman Schah. Auf dem Gebiet sind türkische Soldaten stationiert. Es könnte das nächste Ziel der Dschihadisten sein.

IS scheut Konfrontation mit der Türkei

Sollte der IS die türkische Exklave wirklich angreifen, droht das Nato-Mitglied mit einem Gegenschlag. Allerdings betonen sowohl Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan als auch Ministerpräsident Ahmet Davutoglu, dass nur ein Angriff auf die Exklave einen türkischen Einsatz in Syrien auslösen könnte.

Will der IS das wirklich riskieren? "Mit den Türken ist nicht zu spassen. Sie sind die Einzigen in der Region, die dem IS Paroli bieten können. Aber auch sie streben nicht nach einer vorschnellen militärischen Aktion. Stattdessen warten sie auf die Einbindung in eine eventuelle internationale Reaktion," sagt Steinbach. Dennoch ist er sich sicher: "Die Türkei wird früher oder später eingreifen."

Die Türkei erwartet vom Westen derweil die Einrichtung einer Sicherheitszone in Syrien. Flüchtlinge sollen dort aufgenommen und die eigenen Grenzen gesichert werden. Doch dazu müssten ausländische Bodentruppen zum Einsatz kommen. Das ist aktuell kein realistisches Szenario, ebenso wenig wie die türkische Forderung nach einer Flugverbotszone in Nordsyrien.

Dennoch gibt es die Möglichkeit, dass die Nato von der IS-Problematik bald betroffen sein wird. Gemäss Artikel 5 des Washingtoner Vertrags kann ein Nato-Mitgliedsstaat den Antrag auf einen Bündnisfall stellen, wenn er sich angriffen sieht. Der Nato-Rat muss dann darüber abstimmen. Ein solcher Fall kam bisher nur einmal zustande, am 12. September 2001, dem Tag nach den Terror-Anschlägen auf die USA. Im Falle einer Zustimmung sind dann alle Bündnispartner zu einer Beteiligung aufgerufen. Der jeweilige Beitrag des jeweiligen Mitgliedslandes wird in jedem Fall einzeln entschieden.

Bundeswehr für Nato-Einsatz kaum geeignet

Auf Deutschland käme in diesem Fall auch ein Einsatz zu. "Wir würden dann auch militärisch eingreifen," sagt Steinbach. Ein Luftwaffeneinsatz sei beispielsweise realistisch, so der Nahost-Experte. Doch er betont: "Eine Festlegung auf eine konkrete Beteiligung scheut die aktuelle Bundesregierung wie der Teufel das Weihwasser. Denn dann könnte man sich nicht mehr entziehen und müsste gegenüber den Bündnispartnern Farbe bekennen."

Doch es erscheint zweifelhaft, dass die Bundeswehr für einen solchen Einsatz überhaupt geeignet wäre. Harald Kujat, der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, bescheinigt der Truppe aktuell nicht die Fähigkeit zur Bündnisverteidigung. Das sagte Kujat der "Passauer Neuen Presse" vor knapp zwei Wochen. Die Truppe würde internationalen Anforderungen nicht genügen. "Die Bundeswehr ist momentan nicht einmal in der Lage, adäquate humanitäre Hilfe zu leisten," sagt Steinbach. Im Deutschlandfunk bilanzierte Kujat, dass die Bundeswehr jahrelang kaputtgespart worden sei.

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