Im Vorjahr waren die deutsch-israelischen Regierungskonsultationen geplatzt - wegen Merkels Ärger über Israels Siedlungspolitik. Nun werden sie nachgeholt, doch die Hindernisse bleiben bestehen.
Bundeskanzlerin
Was kommt nach Merkel?
Dabei sei keineswegs sicher, dass ein Nachfolger Merkels weiterhin so entschlossen an Israels Seite stehen werde wie die heutige Kanzlerin, meint auch Adi Kantor, Expertin für israelisch-europäische Beziehungen am Institut für Nationale Sicherheitsstudien (INSS) in Tel Aviv. In einer historischen Rede im Parlament in Jerusalem hatte Merkel Israels Sicherheit 2008 zur deutschen Staatsraison erklärt.
Die deutsch-israelischen Regierungskonsultationen, die Merkel damals initiiert hatte, werden bereits zum siebten Mal geführt. Im Vorjahr hatte Merkel sie verschoben, offensichtlich aus Verärgerung über die israelische Siedlungspolitik. Danach kam es zudem zu einem Eklat beim Antrittsbesuch des damaligen Aussenministers
Weichen für die Zukunft stellen
Bei den Gesprächen am Donnerstag in Jerusalem, an denen alle Ressorts beteiligt sind, sollten nun die "Weichen für die Zusammenarbeit der nächsten Jahre gestellt werden", sagt die neue deutsche Botschafterin in Israel, Susanne Wasum-Rainer. Dass die deutsche Diplomatin auch Hebräisch spricht, sieht Expertin Kantor als "grosses Plus". "Wenn man die Landessprache spricht, versteht man die Nuancen besser."
Und die Beziehungen sind in der Tat äusserst komplex. Auch wenn der Besuch Merkels und ihrer Minister wohl vor allem der Beziehungspflege dienen soll, lassen sich einige zentrale Streitpunkte kaum unter den Teppich kehren.
Es gibt zentrale Streitpunkte
Kantor sieht in Israel eine wachsende Frustration über den "Anstieg eines rechtsradikalen, populistischen und antisemitischen Diskurses in Deutschland". Man habe den Eindruck, dass Deutschland nicht entschieden genug gegen Antisemitismus und die Boykottbewegung BDS vorgeht. Dies werde bei den Gesprächen sicherlich zur Sprache kommen. Der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein ist bei der Reise zum ersten Mal dabei.
Ein weiteres Thema ist Israels Palästinenserpolitik. Deutschland verfolge weiter das Ziel eines unabhängigen Palästinenserstaates und sei sehr frustriert darüber, dass das offizielle Israel "keine Schritte in diese Richtung unternimmt", meint Kantor. Viele Israelis hätten dagegen das Gefühl, Deutschland weise nur Israel die Schuld für das Scheitern der Friedensgespräche zu und ignoriere dabei die Rolle der Palästinenser.
Besonders im Gazastreifen hat sich die Lage in den vergangenen Monaten zugespitzt. Bei teilweise gewaltsamen Protesten an der Grenze zu Israel sind seit März mehr als 190 Palästinenser von israelischen Soldaten getötet worden. Die Kürzungen von Hilfsgeldern durch USA und die Palästinenserbehörde verschärften die Situation in dem seit mehr als zehn Jahren blockierten Küstenstreifen weiter. Ein neuer Waffengang der dort herrschenden Hamas mit Israel wird befürchtet.
Vor allem der Iran entzweit Israel und Deutschland
Zentraler Streitpunkt bei den Konsultationen dürfte allerdings das Thema Iran sein. Direkt wie nie zuvor warf
Netanjahu verlangt von Europa, dem Beispiel des US-Präsidenten Donald Trump zu folgen und aus dem 2015 vereinbarten internationalen Atomabkommen mit dem Iran auszusteigen. Dies lehnt Merkel jedoch ab. Verständnis hat sie dagegen für Bestrebungen Netanjahus, den Einfluss des Irans im Nahen Osten - insbesondere im benachbarten Syrien - zurückzudrängen.
Die verschiedenen Streitpunkte überschatten zwar die Konsultationen, meint Kantor. Dennoch seien die deutsch-israelischen Beziehungen, die vor allem auf der deutschen Verantwortung für den Holocaust basierten, so stabil, dass sie diese Belastungen aushalten könnten. "Sie werden auch weiter stark bleiben - die Geschichte ist stärker als alles andere." © dpa
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