Ex-Bayern-Star Sadio Mané, 31 Jahre alt, heiratet die 19-jährige Aissata Tamba. Sie war dem Fussballstar schon lange versprochen. Was sagt das über die Stellung der Frau im Senegal aus?
Es gibt ein Video, da blickt Aissata Tamba von einer Empore auf Hunderte von jungen Mädchen und Jungen in einem Schulhof herunter. Es ist laut, sie wird bejubelt. Sichtlich angefasst und etwas verlegen ob der überwältigenden Situation winkt sie der kreischenden Masse zu.
Die junge Frau mit weissem Kopftuch, Ohrringen und rotem Gewand lächelt in die Kamera. Es scheint, dass sie mit diesem Empfang nicht gerechnet hat. Aissata Tamba hat kürzlich geheiratet. Aber nicht irgendjemanden, sondern
Noch-Staatspräsident Macky Sall gratulierte Mané
Allein das ist natürlich eine Meldung wert. Dass der Weltstar und Afrikas Fussballer des Jahres von 2019 und 2022, der derzeit mit seinen Teranga-Löwen beim Afrika-Cup um den Titel kämpft, endlich mit 31 Jahren heiratet. Fotos und Videos der Hochzeit wurden oft geteilt in den sozialen Medien.
"Die Senegalesen haben die Hochzeit sehr begrüsst. Sie freuen sich für beide", sagt der senegalesische Journalist Coumba Ndoffène im Gespräch mit unserer Redaktion. Es scheint fast so, als habe ganz Senegal, das 19 Millionen-Einwohnerland ganz im Westen Afrikas, darauf gewartet, dass Sadio Mané heiratet.
"Die religiöse Hochzeit fand am 7. Januar in der Hauptstadt Dakar statt", sagt Cornelia Hauptmann, Leiterin des Senegal-Büros der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) mit Sitz in Dakar, auf Anfrage unserer Redaktion. Mané ist strenggläubiger Muslim, Aissata Tamba auch. Ihre Eheschliessung fand also nach islamischem Brauch statt.
Auch Noch-Staatspräsident Macky Sall gratulierte Mané vor der Abreise zum Afrika-Cup und übergab ihm die Senegal-Flagge.
Mancherorts wird über die Hochzeit kontrovers diskutiert
Aissata Tamba ist erst 19 Jahre alt, macht gegenwärtig ihr Abitur, will anschliessend studieren. Sadio Mané und sie kennen sich laut Journalist Ndoffène bereits seit knapp zwei Jahren. "Sie ist die Tochter des Architekten Amadou Tamba. Tamba ist der Freund von Bacary Cissé, dem Agenten von Mané." So sei der Kontakt entstanden. Schon seit Längerem sei die Schülerin Mané versprochen. Doch wichtig zu betonen: Aissata wollte die Hochzeit auch, "es lag kein Zwang vor", sagt Ndoffène.
Aissata stammt aus Sédhiou im Süden des Senegals, auch Mané ist dort geboren. Aufgewachsen ist er in dem einige Kilometer weiter südlich gelegenen Bambali. Beide gehören der Ethnie der Mandinka an, die als konservativ-religiös gilt.
Mancherorts, etwa in Deutschland, wird über die Hochzeit kontrovers diskutiert – wegen des jungen Alters von Aissata Tamba, über das es auch immer wieder Spekulationen gab, sowie des grossen Altersunterschieds von zwölf Jahren zu Mané.
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Senegal-Expertin: "Hier geht es um eine Liebesheirat"
Aber: Nach den Gesetzen des westafrikanischen Staates ist es bereits einer 16-Jährigen erlaubt, mit einem erwachsenen Mann eine Beziehung zu führen. Heiraten ist aber erst mit der Vollendung des 17. Lebensjahrs erlaubt, also mit Eintritt der Volljährigkeit. "Beide sind volljährig, das ist rechtlich einwandfrei", sagt Coumba Ndoffène.
Ähnlich sieht es auch Senegal-Expertin Hauptmann von der KAS. "Traditionell passiert es, dass Familien Allianzen schmieden und Kinder als zukünftige Eheleute einander versprechen. Dies ist keinesfalls bindend und auch im Senegal zunehmend ausser Mode. Das hängt viel mit dem kulturellen und sozialen Umfeld zusammen, in das man hineingeboren wird und in dem man lebt." Die Mandinka seien "eher konservativ". Aber auch Hauptmann sagt: "Hier geht es um eine Liebesheirat."
Zwangsehen gab es früher durchaus im streng muslimischen Senegal; heute aber nicht mehr. "Sie sind offiziell verboten", erklärt Hauptmann. Dennoch ist das Frauenbild im Senegal traditionell-konservativ geprägt. Die Frau untersteht dem Mann, ihre Stellung ist im Vergleich zum Mann schwach. Im Familienrecht Senegals sind Frauen benachteiligt, der Zugang zu Landbesitz ist nicht gewährleistet. Für diese Benachteiligung ist vor allem das traditionelle und das muslimische Erbrecht verantwortlich. Es sieht den jüngsten männlichen Nachkommen des Vaters als Haupterben an. Gleichwohl wird es laut Hauptmann "zunehmend modernisiert".
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"Man versucht die Mädchen in der Schule zu halten"
Heirat und Familie sind aber nach wie vor wichtige Werte und werden als Pfeiler der Gesellschaft angesehen. Demnach kommt den Frauen eine wichtige Rolle zu. "Frauen sorgen für ihre Familien, erziehen die Kinder, kümmern sich zudem um die Feldarbeit, verkaufen ihre Erträge, gehen arbeiten und leisten damit einen Beitrag zum Familieneinkommen", erklärt Hauptmann.
Immer noch haben Mädchen tendenziell weniger Zugang zu Bildung, bleiben weniger lange an der Schule als Jungen. Dennoch ist der Senegal im Vergleich zu etwa den Sahelstaaten in diesem Punkt weiter entwickelt. "Man versucht, die Mädchen in der Schule zu halten. Dies ist der Gesellschaft sehr bewusst", sagt die Expertin.
Seit bald 14 Jahren existiert ferner ein Gesetz zur paritätischen Besetzung politischer Listen. So soll der Anteil an Frauen im Parlament, in Verwaltungen oder Stadträten erhöht werden. Auf allen Wahl-Parteilisten müssen sich also Männer und Frauen abwechseln. Die absolute Gleichstellung wurde aus verschiedenen Verfahrensgründen indes nicht erreicht. So stellte bei den Parlamentswahlen 2012 beispielsweise nur eine Partei eine Frau an die Spitzenposition ihrer Liste.
Externe Einflüsse haben zur Benachteiligung von Frauen beigetragen
Während seiner zwölfjährigen Amtszeit hat Präsident Macky Sall sich für einen höheren Frauenanteil in der Politik eingesetzt. Allerdings ist laut Senegal-Expertin Hauptmann der Frauenanteil in den Chefetagen der Wirtschaft gering - ähnlich wie in Deutschland.
Ursprünglich war die Stellung der senegalesischen Frau stark, sie hatte viel Macht und spielte gesellschaftlich eine wichtige Rolle. "Traditionell gibt es verschiedene Gremien, an denen Frauen beteiligt sind. Vor einer wichtigen Entscheidung werden Frauen konsultiert und gehört", erklärt Hauptmann.
Aber durch externe Einflüsse wie Kolonisation, Christianisierung und Islamisierung wurden diese Instanzen zurückgedrängt, was zur Benachteiligung von Frauen beigetragen hat.
Respekt vor der Mutter ist gross
In der Realität sind es aber die Frauen, die die Motoren des religiösen Lebens in Senegal sind. "Sie engagieren sich im Rahmen ihrer (religiösen) Organisationen für mehr Demokratie, mehr Dialog und treten mit Nachdruck für eine aktive Bürgergesellschaft ein, schreibt die frühere wissenschaftliche Mitarbeiterin der KAS, Ute Gierczynski-Bocandé, in ihrem Aufsatz "Frauen in Senegal – Priesterin, Prinzessin, Präsidentin". Viele soziale Bewegungen und Initiativen werden von Frauen angeführt.
Ein konkretes Beispiel: Zahlreiche Frauengruppen engagierten sich gegen Genitalverstümmelung von Mädchen und gegen Frühschwangerschaften, als dies noch ein grosses Thema im Land war. Im Südosten und Süden Senegals gehörte die weibliche Genitalverstümmelung noch zu den häufig traditionsbedingten und –begründeten Praktiken.
Frauen arbeiten mittlerweile in allen Branchen, haben Hochschulabschlüsse und verdienen ihr eigenes Geld, das aber stets mit der Grossfamilie geteilt wird. Der Respekt vor der Mutter ist, wie in Gesamt-Westafrika, gross.
Es gibt seit vielen Jahren Ministerinnen
Frauen finden sich in lokaler und nationaler Politik wieder. Es gibt seit vielen Jahren Ministerinnen und auch hatte der Senegal mit Mame Madior Boye seine erste Premierministerin (von 2000 bis 2001). Später bekleidete Aminata Touré von 2013 bis 2014 den Posten.
Zahlen verdeutlichen diese Entwicklung sehr gut: So hat sich laut Berichten der KAS der Frauenanteil von 0,8 Prozent Anfang der 1960er-Jahre, kurz nach der Unabhängigkeit von Frankreich, auf 13 Prozent im Jahr 1993 erhöht. Bis 2010 lag der Anteil jedoch immer noch unter 25 Prozent. Erst das 2010 verabschiedete Geschlechtergleichstellungsgesetz für die Parteilisten konnte schliesslich bewirken, dass der Frauenanteil in der Nationalversammlung auf 43 Prozent stieg.
Zur anstehenden Präsidentschaftswahl Ende Februar kandieren für die Nachfolge von Sall auch Spitzenkandidatinnen – auch wenn ihre Chancen auf den Posten des Staatspräsidenten gering sind. Dennoch gilt, dass die politischen Parteien die gesellschaftlichen Strukturen spiegeln. Die aktiven Mitglieder vieler politischer Parteien und die Präsidentschaftskandidaten sind weiterhin vornehmlich Männer.
Über die Gesprächspartner
- Coumba Ndoffène ist senegalesischer Journalist in Dakar.
- Cornelia Hauptmann ist Leiterin des Senegal-Büros der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung.
Verwendete Quelle
- Gespräche mit Coumba Ndoffène und Cornelia Hauptmann
- Ute Gierczynski-Bocandé, KAS: "Frauen in Senegal – Priesterin, Prinzessin, Präsidentin", 2013
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