Kremlkritiker Alexej Nawalny ist wie erwartet erneut verurteilt worden. Der 47-Jährige rechnete bereits mit einer hohen Strafe.

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Alexej Nawalny ist erneut zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Der Kremlgegner wurde wegen angeblichem Extremismus zu weiteren 19 Jahren Straflager verurteilt, wie seine Sprecherin mitteilte. Zu neun Jahren Haft war er bereits in einem früheren Prozess verurteilt worden.

Dem 47-Jährigen war in dem Prozess vorgeworfen worden, eine "extremistische" Organisation gegründet und finanziert zu haben; ausserdem soll er zu extremistischen Aktivitäten aufgerufen und "Nazi-Ideologie wiederbelebt" haben.

Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch erklärte auf Nachfrage der dpa, dass mit dem Urteil die Gesamtlänge der Haftdauer gemeint sein sollte; also die neun Jahre Straflager, zu denen Nawalny bereits verurteilt wurde, mit eingerechnet seien. Es bleibe aber das schriftliche Urteil abzuwarten, sagte sie am Freitag.

Nawalny hatte bereits mit einer hohen Haftstrafe gerechnet

Nawalny hatte mit einer Verurteilung gerechnet. Ihm drohten bis zu 20 Jahre Haft. Er liess im Vorfeld über sein Team via Social Media mitteilen: "Es wird eine riesige Haftstrafe werden. Das, was man als 'stalinistische Haftstrafe' bezeichnet". Unter Sowjetdiktator Josef Stalin (1879-1953) waren sehr lange und harte Strafen üblich.

"Alle verstehen doch, es ist eine lebenslange Strafe."

Nawalny-Vertrauter Leonid Wolkow

Auch einer seiner Vertrauten, Leonid Wolkow, hatte mit einer weiteren Verurteilung Nawalnys gerechnet. Es werde "wahrscheinlich 20 Jahre geben oder 18", sagte Wolkow am Freitag im ARD-"Morgenmagazin". Das genaue Strafmass spiele "eigentlich keine Rolle", sagte Wolkow, der in Litauen im Exil lebt.

"Alle verstehen doch, es ist eine lebenslange Strafe", erläuterte Wolkow. Die Frage sei lediglich "wessen Leben"? Solange Präsident Wladimir Putin im Kreml bleibe, "solange bleibt Nawalny hinter Gittern", sagte er.

Prozess fand in jenem Hochsicherheitsgefängnis statt, in dem Nawalny bereits eine Haftstrafe verbüsst

Der Prozess fand im Hochsicherheitsgefängnis des etwa 250 Kilometer südöstlich von Moskau gelegenen Straflagers IK-6 statt. Nawalny verbüsst dort bereits eine neunjährige Strafe wegen angeblichen Betrugs. In seiner Schlusserklärung vor Gericht hatte der Oppositionspolitiker Russlands Einmarsch in der Ukraine mit "zehntausenden Toten" als "dümmsten und sinnlosesten Krieg des 21. Jahrhunderts" kritisiert.

Menschenrechtler weisen immer wieder auf die angeschlagene Gesundheit Nawalnys hin, der im Sommer 2020 nur knapp einen Nervengiftanschlag überlebt hatte. Nawalny wirft dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB und Präsident Wladimir Putin vor, hinter dem Mordanschlag vor drei Jahren zu stecken. Der Kreml dementiert das. Allerdings räumte ein FSB-Agent ein, ein Mitglied jener Agententruppe zu sein, die im August 2020 auf Nawalny angesetzt gewesen war und den Gift-Anschlag auf ihn umsetzte.

Nach einer Behandlung in Deutschland kehrte Nawalny damals in seine Heimat zurück. Noch am Flughafen wurde er festgenommen.

Baerbock wirft Russland nach Nawalny-Urteil "Willkürjustiz" vor

Deutschlands Aussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) reagierte umgehend auf die erneute Verurteilung von Nawalny und warf Russland "Willkürjustiz" vor. Die Freiheitsstrafe von 19 Jahren sei "blankes Unrecht", schrieb die Ministerin am Freitag im Online-Dienst X (ehemals Twitter).

Russlands Präsident Wladimir Putin "fürchtet nichts mehr als Eintreten gegen Krieg und Korruption und für Demokratie - selbst aus der Gefängniszelle heraus". "Er wird damit kritische Stimmen nicht zum Schweigen bringen", fügte sie mit Blick auf Putin hinzu. (ank/dpa/AFP)

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