- Nach seiner Landung in Moskau ist der Kremlgegner Alexej Nawalny prompt in Haft gekommen.
- Bereits einen Tag später und noch in der Polizeiwache wird der 44-Jährige verurteilt.
- Der gibt sich kämpferisch, Russland zeigt sich von internationaler Kritik völlig unbeeindruckt.
Kaum 24 Stunden zurück in Russland und schon gibt es einen Richterspruch: Ein russisches Gericht hat den Kremlgegner
Der Oppositionsführer kritisierte das Verfahren als politische Inszenierung mit dem Ziel, ihn zum Schweigen zu bringen. Er rief zu Protesten auf: "Habt keine Angst, geht auf die Strasse - nicht für mich, sondern für euch, für eure Zukunft", appellierte Nawalny in einem auf Youtube veröffentlichten Video.
"Das lässt sich nicht einmal als eine Parodie auf Gesetzmässigkeit bezeichnen", sagte Jarmysch zum Urteil. Nawalnys Anwalt Wadim Kobsew kündigte an, es anzufechten. Die russische Justiz machte dem nach Moskau zurückgekehrten Nawalny direkt in einer Polizeistation einen Eilprozess.
Nach seiner Rückkehr von Berlin nach Moskau hatte von dem 44-Jährigen seit Sonntag zunächst jede Spur gefehlt. Am Montag fand er sich plötzlich vor einem Gericht in einem Polizeigebäude wieder. Juristen kritisierten das als beispiellos - selbst für russische Verhältnisse. In einem Video bei Twitter beklagte Nawalny, dass die Justiz in Russland eine neue Stufe der "Gesetzlosigkeit" erreicht habe.
"Ich habe oft gesehen, wie der Rechtsstaat ins Lächerliche gezogen wird, aber dieser Opi in seinem Bunker fürchtet sich inzwischen so sehr (...), dass nun einfach der Strafprozesskodex zerrissen und auf die Müllhalde geworfen wird", sagte Nawalny in dem improvisierten Gerichtszimmer. Mit "Opi in seinem Bunker" meint Nawalny den russischen Präsidenten
Nawalny wird vorgeworfen, Meldeauflagen nicht eingehalten zu haben
Nawalnys Anwälte hatten offenbar ein Schreiben über den Beginn einer Gerichtsverhandlung im Polizeigebäude erhalten, die dann prompt eröffnet wurde, ohne dass jemand sich hätte vorbereiten können. Zuvor hatten Nawalnys Anwälte und Mitarbeiter erklärt, dass von dem Oppositionellen jede Spur fehle.
Nawalny hatte am Sonntag nach fünf Monaten Deutschland verlassen, wo er sich von einem Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok erholte. Nach seiner Ankunft in Moskau wurde er umgehend festgenommen. Die Justiz hatte ihn zur Fahndung ausgeschrieben. Der Kremlkritiker soll während seines Aufenthalts in Deutschland gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren verstossen haben. Konkret warf der Strafvollzug ihm vor, Meldeauflagen nicht eingehalten zu haben.
EU-Staaten setzten sich mit gemeinsamer Erklärung für Nawalny ein
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte die umgehende Freilassung Nawalnys. Die hatte ihn auch in Berlin in der Charité während seiner Behandlung besucht. Mehrere Staaten und die Nato verurteilten das Vorgehen gegen Nawalny.
So forderten EU-Staaten in einer gemeinsamen Erklärung die sofortige Freilassung Nawalnys und warnten die russische Regierung vor weiteren Repressionen gegen die Opposition und Zivilgesellschaft. "Die Politisierung der Justiz ist inakzeptabel, und die Rechte von Herrn Nawalny müssen respektiert werden", heisst es in dem am Montag veröffentlichten Text. Bei der Gestaltung ihrer Russland-Politik werde die EU die Entwicklungen miteinbeziehen. Die Inhaftierung Nawalnys bestätige das negative Bild, dass in Russland der Raum für die Opposition, die Zivilgesellschaft und unabhängige Stimmen schrumpfe.
Konkret warfen die EU-Staaten den russischen Behörden zudem vor, Journalisten und Unterstützer Nawalnys festgenommen zu haben. Auch diese müssten unverzüglich freigelassen werden, heisst es in der durch den EU-Aussenbeauftragten Josep Borrell verbreiteten Erklärung.
Wegen des Anschlags auf Nawalny hatte die EU bereits im vergangenen Jahr Einreise- und Vermögenssperren gegen mutmassliche Verantwortliche aus dem Umfeld von Präsident Wladimir Putin verhängt. In Brüssel wird davon ausgegangen, dass staatliche Stellen in Russland hinter dem Attentat stehen. (dpa/mf) © dpa
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