Vor 20 Jahren übernahm Baschar al-Assad in Syrien die Macht, seit zehn Jahren herrscht Bürgerkrieg. Den Assads hat das nicht geschadet, ganz im Gegenteil. Der Clan kontrolliert seit Jahrzehnten Wirtschaft, Politik und Militär. Verwandte des Staatschefs befehligen die einflussreichsten Divisionen, kontrollieren den Geheimdienst. Macht ist erblich in Syrien.

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Eine rasche Verfassungsänderung ermöglichte es dem offiziell zu jungen Baschar im Jahr 2000, nach dem Tod seines Vaters die Regierung zu übernehmen. 30 Jahre lang, von 1970 bis 2000, hatte Hafiz al-Assad Syrien diktatorisch beherrscht – nun ist auch der Sohn bereits 20 Jahre lang im Amt.

Daran wird auch die Sonntag (19. Juli) stattfindende Parlamentswahl nichts ändern. Kritiker sprechen von einer Farce, weil die Abstimmung von der Führung in Damaskus kontrolliert und deshalb kein wirklicher Widerstand gegen Anhänger der herrschenden Baath-Partei erwartet wird.

Diese hatten schon bei der vorherigen Abstimmung 2016 die meisten Sitze im Parlament gewonnen. Grosse Überraschungen dürfte es auch dieses Mal nicht geben. Kritikern zufolge soll die Wahl dem Land einen demokratischen Anstrich geben.

Zwei Familienclans profitieren vom Krieg in Syrien

Zurück zu Assad: Dessen anfänglichen Erfolge vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet sind mittlerweile vergessen – der Bürgerkrieg hat Syrien an den Rand des Ruins gebracht. Mit Ausnahme vor allem zweier Familien, die offenbar sogar noch aus dem Zusammenbruch des Landes Profit ziehen: Die Assads und die Makhloufs.

Seit 1958 sind die beiden Familien miteinander verwandt: Damals heirateten Hafiz al-Assad, Begründer der noch immer herrschenden Dynastie, und Anisa Makhlouf. In Wirtschaft und Politik, bei Militär und Geheimdienst besetzt der Clan einflussreichste Ämter und schafft nebenbei Reichtümer ins Ausland.

In Moskau zum Beispiel haben die Makhloufs Luxuswohnungen gekauft. Deren Wert beträgt nach Angaben der Nichtregierungsorganisation (NGO) Global Witness mindestens 40 Millionen Dollar.

Der Clan profitiert dabei von Russlands Engagement in Syrien: Wladimir Putins Regierung hat im Gegensatz zu Europa und den USA keine Sanktionen gegen Syrien erlassen.

Zwar bemühen sich die syrischen Investoren, anonym zu bleiben. Doch die NGO hat in ihrer Untersuchung vom November 2019 unter dem Titel "Assad Henchmen’s Russian Refuge" (Zuflucht in Russland für Assads Shergen) auch russische Briefkastenfirmen sowie Konten im Libanon ausfindig ge­macht, mit deren Hilfe die Geschäfte abgewickelt wurden und die sich den beiden Familien zuordnen lassen und.

Immobilienkäufe mitten im Bürgerkrieg

Die Immobilienkäufe in Russland sollen zwischen Dezember 2013 und Juni 2019 stattgefunden haben, während Syrien im Bürgerkrieg zusehend verarmt. Die Verschleierung der Investitionen diene wohl dem Zweck, Geld auch ausserhalb von Russland anlegen zu können, glaubt Global Witness. Dann wäre es den syrischen Akteuren gelungen, europäische und amerikanische Handelsbeschränkungen zu umgehen.

Bei den syrischen Immobilien-Käufern in Moskau scheint es sich um Mohammed Rami und Ali Rami Makhlouf zu handeln. Deren Vater, der 51-jährige Rami Mahklouf, ist Baschar al-Assads Cousin. Er gehört zum Machtzirkel Assads und gilt als "Schatzmeister Syriens".

Kein Wunder, denn er ist – Stand 2020 – der reichste Mensch des Landes, sein Privatvermögen wird auf drei Milliarden US-Dollar geschätzt. Sein Name tauchte auch in den "Paradise Papers" auf, die weltweite Steuerhinterziehungsmethoden und Geldwäschegeschäfte von internationalen Schwerreichen aufdeckten.

Rami Mahklouf kontrolliert wesentliche Wirtschaftszweige

Vor dem Bürgerkrieg kontrollierte er mehr als die Hälfte der syrischen Wirtschaft: Ihm gehören die syrische Fluggesellschaft "Cham Wings Airlines" und Luxus-Kaufhäuser, er kontrolliert den Erdölsektor, den Kraftwerksbau, den Getreidehandel und Tabak-Import des Landes ebenso wie den Mobilfunkanbieter Syria Tel und hat sogar Grundbesitz auf den amerikanischen Jungferninseln.

Nicht zuletzt steht Makhloufs Name auch auf internationalen Sanktionslisten, weil er für Mord und Folter in seinem Heimatland verantwortlich sein soll.

Vetternwirtschaft heisst in Syrien "Ramifizierung"

Dass für Rami Makhloufs übermächtigen wirtschaftlichen Einfluss auch die verwandtschaftliche Beziehung zum Präsidenten Baschar al-Assad eine entscheidende Rolle spielte, ist in Syrien unumstritten. Für diese massive Vetternwirtschaft hat sich sogar ein eigener Begriff gebildet: Wenn es um die Privatisierung ehemals staatlicher Betriebe geht, spricht man dort mittlerweile von "Ramifizierung".

Doch die Familie hält nicht nur in wirtschaftlichen Dingen zusammen. Machthaber Assad hat neben Rami Makhlouf mehreren weiteren Cousins zu einflussreichen Posten verholfen. Iyad und Hafez Makhlouf etwa sind hochrangige Figuren im syrischen Geheimdienst, dem Menschenrechtsorganisationen systematische Folter und Mord vorwerfen.

Ein Cousin von Hafez Makhlouf sowie ein Ehemann seiner Schwägerin stehen ebenfalls auf der US-Liste der sanktionierten Syrer. Diese und ihre Brüder sind in einem schwer zu durchschauenden Firmengeflecht geschäftlich miteinander verbunden – und natürlich auch mit Präsident Baschar al-Assad.

Luxusleben in Griechenland, Südfrankreich und Dubai

Einzig Ali Rami und Mohammed Rami, die beiden Söhne von Rami Makhlouf, sind von internationalen Sanktionen bisher nicht betroffen. Gut möglich, dass das syrische System die Brüder benutzt, um internationale Geschäfte jenseits der Sanktionen durchführen zu können.

Mohammed Makhlouf bezeichnet sich als "Selfmade-Milliardär", auch wenn kaum vorstellbar ist, dass er sein nach eigenen Angaben zwei Milliarden Dollar schweres Vermögen ohne Mitwirken des Vaters angehäuft hat. Auf seinem Instagram-Account zeigt er sich am liebsten mit Luxus-Limousinen – teure Autos zu kaufen, sagt er, sei eines seiner Hobbys.

Auch kostspielige Reisevergnügen scheinen zu seinen Freizeitaktivitäten zu gehören – Instagram-Fotos zeigen ihn auf der griechischen Insel Mykonos, in Saint Tropez, Cannes und Monte Carlo. Vom syrischen Bürgerkrieg hält er sich dagegen lieber fern: Er hat in Syrien keinen Wehrdienst geleistet und lebt hauptsächlich in Dubai.

Immerhin: Schon 2018, behauptet Mohammed Rami Makhlouf, sei er zur "grosszügigsten Person Syriens" gewählt worden. Beim Wiederaufbau Syriens will er eine wichtige Rolle spielen – und so an den Folgen des Bürgerkriegs weiter verdienen.

Verwendete Quellen:

  • Instagram-Account: Mohamad R Makhlouf
  • Synaps Network: War by other means
  • Global Witness: Assad Henchmen’s Russian Refuge. How some of the top financers and human rights abusers of the Syrian regime are funnelling money out of Syria into Russia, and possibly beyond.
Offensive Idlib

Syriens letzte Rebellenhochburg vor dem Zusammenbruch

Die Region um die Stadt Idlib ist Syriens letztes grosses Rebellengebiet. Die Regierungstruppen des syrischen Machthabers Bashar al-Assad rücken auf die Provinzhauptstadt vor. Nach UN-Angaben sind dort derzeit 900.000 Menschen auf der Flucht.
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