Baschar al-Assad hat Asyl in Russland erhalten. Doch wie hat der abgesetzte syrische Machthaber es unbemerkt dorthin geschafft? Der "Spiegel" hat eine potenzielle Route anhand von Flugdaten recherchiert.

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Der plötzliche Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad endete mit seiner Flucht nach Russland. Russische Medien meldeten am Sonntag, man habe Assad "aus humanitären Gründen Asyl gewährt". Angaben zu seinem genauen Aufenthaltsort gab es zunächst nicht. Seit 2015 unterstützte Russland den gestürzten Präsidenten militärisch, hielt ihn im Amt – und bekam zum Dank Militärbasen im Land. Nun gewährt ihm Moskau Zuflucht.

Bis zu der Meldung, dass Assad und seine Familie wohlbehalten in Russland angekommen seien, verbreiteten sich Gerüchte über seinen möglichen Tod. Syrische Quellen sprachen von einem Flugzeugunglück auf der Flucht aus Damaskus. Das Rebellenbündnis erklärte, Assad habe das Land verlassen, machte aber keine genaueren Angaben.

Bericht legt Flucht Assads über Abu Dhabi nahe

Eine "Spiegel"-Recherche anhand von Flugdaten könnte Anhaltspunkte zu der Fluchtroute Assads nach Russland aufgedeckt haben. Demnach soll er mit Zwischenstationen über einen syrischen Militärflughafen und die Vereinigten Arabischen Emirate entkommen sein.

Flugdaten des Portals Flightradar24 zeigen, wie das Transportflugzeug SYR9218 um 5 Uhr morgens in Damaskus abhebt, bei der Stadt Homs abdreht und schnell an Höhe verliert – aus rund 7.000 Metern auf etwa 500 Meter über dem Meeresspiegel, ehe um 5:39 das Signal abreisst. Daraus könnten die Spekulationen entstanden sein, die Maschine sei mit Assad an Bord abgestürzt.

Die Daten müssen jedoch nicht zwingend auf einen unkontrollierten Absturz hinweisen – der Pilot Matthias Baier hält es laut "Spiegel" für möglich, dass es sich um einen normalen Anflug auf einen Flughafen handelte. Auch gebe es bisher keine Bestätigung eines Flugzeugabsturzes in der Nähe von Homs.

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Das Profil sehe aus wie bei einem normalen Landeanflug, sagt Baier. Nur wenige Kilometer südlich der Stelle, an der das Flugzeug Kreise gezogen hatte, nahe der Stadt Al Dabaa, liegt der Militärflughafen Al Quseyr. Dass dort das Signal abgerissen sei, müsse laut Baier kein Zeichen für einen Absturz sein: "Man kann den Transponder abschalten oder ausbauen, das geht ganz schnell", erklärt der Pilot. "Man muss dafür in vielen Flugzeugen nur vier Schrauben lösen und einen Stecker ziehen."

Signal von zwei Flugzeugen abgebrochen

Eine zweite Maschine, ein Privatjet mit dem Kennzeichen C5-SKY, flog am Sonntag von Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten in Richtung Homs – und verlor offenbar um kurz nach halb vier Uhr ebenfalls das Signal über der gleichen Stelle wie das Transportflugzeug SYR9218. Gegen halb zehn sei das Transponder-Signal des Privatjets bei Homs wieder aufgetaucht, woraufhin das Flugzeug nach Abu Dhabi zurückkehrte. Von dort aus seien an dem Tag eine Vielzahl von Flügen in Richtung Russland gestartet.

Der "Spiegel" hält es deshalb für möglich, dass Assad in den Privatjet umgestiegen ist, um dann von Abu Dhabi nach Russland zu flüchten. Flightradar24 betonte jedoch, dass das Transportflugzeug einen älteren Transponder an Bord hatte und Signale in dem Gebiet immer wieder gestört werden. Dadurch könnten Daten falsch angezeigt werden oder ganz fehlen.

Die HTS-Miliz hatte am 27. November in Syrien eine überraschende Offensive gestartet, bei der sie blitzschnell voranschritt. Am Sonntag verkündete sie dann die Einnahme der Hauptstadt Damaskus und die Entmachtung Assads, der stets enge Kontakte zum Kremlchef Wladimir Putin pflegte. Russland unterhält in Syrien eine Luftwaffenbasis und einen Marinestützpunkt mit Kriegsschiffen im Mittelmeerhafen von Tartus. Für Russland hat die Präsenz dort strategische Bedeutung wegen des Zugangs zum Mittelmeer. (ng)

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