Viele Beobachter interpretieren den plötzlichen Luftschlag der USA auf ein syrisches Flugfeld als unerwartete Kehrtwende in der Syrien-Politik von Donald Trump. Florian Markl sieht den Angriff dagegen völlig auf der aussenpolitischen Linie des Präsidenten.

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Der Politikwissenschaftler leitet den unabhängigen Think-Tank Mena-Watch zur Politik des Mittleren und Nahen Ostens. Im Interview mit diesem Portal erklärt er die Denkschule hinter Trumps Aktion und erläutert, warum er keine langfristigen Folgen für den Konflikt in Syrien erwartet.

Herr Markl, noch im Wahlkampf wollte sich Trump aus Syrien komplett heraushalten, vor einer Woche verabschiedete er sich vom Ziel, Assad zu stürzen – und nun greifen die USA einen Stützpunkt der syrischen Armee an. Wie erklären Sie sich diese Wende?

Meiner Ansicht nach ist das keine Trendwende. Diese Einschätzung beruht auf einer Fehlinterpretation der aussenpolitischen Überzeugungen Trumps. Er wird oft als Isolationist bezeichnet, der sich gegen militärische Inventionen ausspricht. Das ist nur eine Hälfte der Wahrheit.

Und die andere?

Es gibt vier Schulen in der US-Aussenpolitik, eine davon ist nach Andrew Jackson benannt, dem siebten US-Präsidenten. Er gilt als erster Populist im Amt. Die Jacksonians konzentrieren sich auf die Innenpolitik, aber das heisst nicht, dass sie nichts mit der Aussenpolitik zu tun haben wollen.

Von ambitionierten Projekten wie dem Nation Building unter Clinton oder dem Export der Demokratie wie unter Bush halten sie nichts. Aber wenn die USA angegriffen werden oder sie sich hintergangen fühlen, dann springen Jacksonians sofort in Bereitschaft, die Nation zu verteidigen.

Also hat sich Trump von Assad hintergangen gefühlt?

Vor wenigen Tagen hat Trump über seine UN-Botschafterin Nikki Haley und den Aussenminister Rex Tillerson die Meldung ausgegeben: Der Sturz von Assad ist nicht mehr unser unmittelbares Ziel, sondern der Sieg gegen den IS. Und darauf hat Assad diesen Giftgasangriff folgen lassen.

Das lässt ein Jacksonian wie Trump nicht mit sich machen. Das ist kein Bruch mit seiner bisherigen Politik, diese impulsive Reaktion passt genau in diese Traditionslinie. Der Angriff war massiv, er war aber so schnell vorbei, wie er gekommen ist.

Wird Trump also den Einsatz in Syrien nicht ausweiten?

Darauf deutet nichts hin. Meiner Ansicht nach war das eine einmalige Reaktion ohne sonderlich grosse Folgen.

Wie wird Assad reagieren?

Die Reaktion wird sehr überschaubar sein. Es ist im Grunde genommen nicht viel passiert. Die USA haben ein einzelnes militärisches Ziel attackiert, von dem aus angeblich der Giftgasangriff auf Khan Sheikhoun erfolgt sein soll. Aber sie haben keinen Plan in Gang gesetzt und den Luftraum geschlossen, um weitere Angriffe zu verhindern.

Es sind auch keine Bombardements auf Einrichtungen des Regimes oder sogar den Präsidentenpalast geschehen. Natürlich hatte das einen Knalleffekt, weil die Aktion im krassen Gegensatz zu Obama steht, der seine berühmte rote Linie nach dem Giftgasangriff 2013 nicht durchgezogen hat.

Aber die längerfristige Wirkung wird äusserst überschaubar sein. Die Amerikaner haben militärisch nicht viel zu sagen in Syrien. Sie haben nur ein paar hundert Soldaten am Boden und keinen wirklichen Stellvertreter. Die Russen, die Iraner und ihre Truppen wie die Hisbollah aus Libanon und schiitische Milizen aus Irak und Afghanistan haben das Sagen.

Assad fühlt sich offenkundig sicher im Sattel. Im Interview mit der kroatischen Zeitung "Vecernji List" hat er gesagt, der einzige Weg zum Frieden sei es, den Krieg zu gewinnen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser einzelne Schlag ihn beeindruckt.

Einige Kommentatoren meinen aber, die Russen könnten nun dazu angehalten sein, ihn zu mässigen.

Russland tut seit sechs Jahren nichts anderes, als Syrien auf diplomatischer Ebene zu schützen. Sie haben lange bestritten dass Assad überhaupt Chemiewaffen besitzt. Sie kommen immer wieder mit absurden Geschichten wie der Erklärung, dass nur ein Lagerhaus der Rebellen bombardiert worden sei.

Das werden sie auch weiter tun. Es gibt keinen Grund für einen Kurswechsel. Nicht zuletzt, weil es ein Eingeständnis des Versagens der eigenen Politik der letzten Jahre wäre. Es ist immer wieder vom Westen aus die Hoffnung lanciert worden, Russland solle doch mässigend auf Assad einwirken. Das ist jedes Mal enttäuscht worden.

Russland hat den Angriff sofort verurteilt. Verschwinden nun die Hoffnungen auf eine Annäherung zwischen Washington und Moskau?

Die Reaktion war für meinen Eindruck recht zurückhaltend. Die Russen wissen, was die Luftschläge bedeuten und was sie nicht bedeuten. Ich glaube nicht, dass es zu ernsthaften diplomatischen Verstimmungen kommen wird, nicht deswegen.

Allerdings wird es meines Erachtens ohnehin keine russisch-amerikanische Annäherung geben, von der im Zuge von Trumps Wahl oft gesprochen wurde. Die Idee ist nicht neu, das Gleiche wollten Clinton und Bush, das hat nie funktioniert, und das lag nicht an den USA.

Es wird zwangsläufig zu Konflikten kommen, aber nicht wegen Syrien. Die Amerikaner fliegen da seit Jahr und Tag Einsätze gegen den IS, mit stiller Duldung der russischen Luftwaffe.

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