Der Krieg in Syrien sorgt weltweit für Entsetzen, die Brutalität, mit der ihn die Konfliktparteien führen, macht Beobachter fassungslos. Dass die Weltgemeinschaft seit Jahren nur zusieht, ohne etwas zu unternehmen, findet UN-Generalsekretär Ban Ki Moon beschämend und wählt deshalb deutliche Worte.

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Lange muss er das Trauerspiel nicht mehr ertragen, zumindest nicht in verantwortlicher Position. Ende des Jahres wird UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sein Amt an den früheren portugiesischen Ministerpräsidenten António Guterres übergeben.

Es ist fraglich, ob Guterres innerhalb der Vereinten Nationen jene Handlungsstarre aufbrechen können wird, an der viele seiner Vorgänger in schierer Ohnmacht verzweifelt waren. So auch Ban.

Sicherheitsrat ist ein Papiertiger

Kern der Kritik ist der UN-Sicherheitsrat. Dieser trägt nach Artikel 24 I der UN-Charta eigentlich die "Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit". Eigentlich. Denn in der Realität ist das Gremium ein zahnloser Papiertiger.

Unterschiedlichste Interessen der ständigen Mitglieder USA, Grossbritannien, Frankreich, China und Russland kollidieren miteinander. Das Veto-Recht der fünf Nationen ermöglicht eine Blockade-Strategie, die dieses Gremium zur Wahrung des Weltfriedens seit Jahrzehnten lähmt. Die Handlungsunwilligkeit weniger führt dabei zur Handlungsunfähigkeit aller.

5 Jahre Krieg in Syrien - kein Ende in Sicht? Wie lässt sich Syrien befrieden?
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Mahnende Beispiele, wohin das führen kann, gab es von Ruanda über Bosnien, Sudan bis Myanmar in der Vergangenheit genügend. Dass sich diese blutige Geschichte ständig wiederholt, ohne dass Lehren gezogen werden, zeigt die Gegenwart in Syrien.

Ban Ki Moon hat als UN-Generalsekretär zwar einen Sitz im Sicherheitsrat, ein Stimmrecht hat er jedoch nicht. Dafür aber eine Stimme - und von der macht er Gebrauch, erhebt sie zur Anklage und findet klare Worte.

Dass Russland und das Assad-Regime aktuell einer Feuerpause zugestimmt und das schwere Bombardement von Aleppo ausgesetzt hätten, täusche nicht über die Tatsache hinweg, dass die jüngsten Luftangriffe seit September die schwersten des mittlerweile fünf Jahre anhaltenden Krieges seien, so Moon.

Ban: Wann beenden wir dieses Gemetzel endlich?

Vor allem Zivilisten - und darunter in erster Linie Kinder - seien die Opfer des mit äusserster Brutalität geführten Krieges. Die Folgen dieser Luftangriffe seien "entsetzlich", so Ban. Er verwies darauf, dass seit Anfang Juli kein einziger Hilfskonvoi die Stadt mehr erreichen konnte, um Medikamente und Nahrung an die eingeschlossene Bevölkerung zu liefern. Ende Oktober, mahnt der UN-Generalsekretär, hätten die Menschen in Aleppo nichts mehr zu essen. Es sei klar erkennbar, dass in Syrien der Hunger als Waffe eingesetzt werde.

Das erkennt man auch in Europa. "Dieser Wahnsinn kann und darf nicht weitergehen", fordert Bundesaussenminister Frank-Walter Steinmeier. Und Kanzleramtschef Peter Altmaier erkennt in Syrien gar "schlimmste Gräuel und Verbrechen, auch Kriegsverbrechen".

Allein, ändern tut sich wenig. Auch die EU knickte ein. Auf mehr als eine unverbindliche Verurteilung des Sterbens in Syrien und eine formelle Androhung von Sanktionen konnte sich Europa nicht einigen.

Ban Ki Moon erinnert an früheres Versagen

Ban Ki Moon erinnerte an das Versagen der Weltgemeinschaft während der Gräuel in Ruanda 1994 sowie Srebrenica nur ein Jahr später, als das Gremium dem Morden relativ tatenlos zugesehen und sich auf nutzlose Verurteilungen beschränkt hatte. "Wann", fragte Ban mit Blick auf Syrien nun erneut in einer Mischung aus Wut und Verzweiflung, "wann wird sich die internationale Gemeinschaft endlich zusammentun, um dieses Gemetzel zu beenden?"

Fünf Mal seit 2011 war eine UN-Resolution zur Beendigung des Sterbens in Syrien am Veto Russlands gescheitert. Anfang Oktober war es dann zu einer grotesken Situation gekommen. Den Vorsitz jenes Gremiums, das für Frieden und Sicherheit in der Welt sorgen soll, übernahm Russland. Und der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin blockierte umgehend per Veto eine Resolution, die eine Feuerpause, ein Flugverbot für Aleppo sowie die Entsendung von UN-Beobachtern vorsah. Alle anderen vier Mitglieder hatten dafür gestimmt.

Grossbritanniens Botschafter Matthew Rycroft platzte daraufhin der Kragen: "In Aleppo sterben sie gerade oder wissen nicht, ob sie den morgigen Tag erleben. Und wir? Wir sitzen hier und gucken weiter zu? Dank Ihnen", meinte Rycroft an die Adresse Tschurkins, "tun wir genau das". Und Rycroft legte nach: "Das wahllose Bombardieren von Zivilisten. Übelkeit erregend. Barbarisch. Hören Sie endlich auf damit!"

"Blut an ihren Händen"

Dass diese Forderung so lange ungehört blieb, hatte Ban Ki Moon schon früher entsetzt. Anfang September warf der UN-Generalsekretär der hauseigenen Institution Versagen vor. "Mächtige Schutzherren, die die Kriegsmaschine weiter füttern, haben auch Blut an ihren Händen." Der Sicherheitsrat sei an seiner ureigenen Aufgabe gescheitert, Menschenleben zu schützen. Dies habe zum Tod tausender Menschen geführt. Die permanente Blockade im Gremium schade nicht nur dem syrischen Volk, sondern auch dem Ruf des Sicherheitsrates.

Diese Kritik hat Ban nun wiederholt, da das Sterben in Syrien unter den Augen des Weltsicherheitsrates weitergeht. Ein unerträglicher Zynismus, findet der UN-Generalsekretär. "Ich rufe Sie alle eindringlich dazu auf zu kooperieren, um ihrer gemeinsamen Verantwortung, Menschen zu schützen, nachzukommen", mahnte Ban auf der 193. Generalversammlung am Donnerstag. "Ich bedauere, dass der Sicherheitsrat an seiner Verantwortung gescheitert ist, Friede und Sicherheit in Syrien zu wahren."

Dass Russland und die syrische Regierung aktuell einer Feuerpause für Aleppo zugestimmt haben, sei das Mindeste, erklärt die amerikanische UN-Botschafterin Samantha Power. Gräueltaten einzustellen, sei nicht löblich und verdiene auch in Zukunft kein Lob, verwies Power auf eine Selbstverständlichkeit und schloss mit einem Seitenhieb gegen Russland: "Nach Monaten gnadenloser Bombardements kann man für eine acht- oder elfstündige Feuerpause kein Lob erwarten."

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