Der russische Präsident rechtfertigte sich am Dienstag in einer Pressekonferenz für sein Eingreifen in der Ukraine mit diversen Argumenten. Diesen will sich das US-Aussenministerium nicht so recht anschliessen und veröffentlicht offiziell seine Antwort: die "Zehn Erfindungen von Präsident Putin".

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Wladimir Putins Argumente werden vom US-Aussenministerium zerlegt. In dem Dokument mit dem Namen "President Putin's Fiction: 10 False Claims about Ukraine", was übersetzt so viel wie "Präsident Putins Fiktion: zehn falsche Behauptungen über die Ukraine" heisst, werden Aussagen des russischen Präsidenten, die sein Eingreifen in der Ukraine rechtfertigen sollen, als Halbwahrheiten enttarnt. Putin wird dabei sogar mit dem Autoren Fjodor Dostojewski verglichen, der mit der Annahme, dass zwei plus zwei auch mal fünf ergeben könne, berühmt wurde.

Das Dokument zitiert erst Wladimir Putin und folgt dann mit einer Aufzählung von Fakten, die Putins Aussagen widerlegen.

Der Text aus Washington:

1. Mr. Putin sagt: Russische Kräfte auf der Krim sind zum Schutz russischer Militäreinrichtungen dort. Nicht russische Kräfte, sondern "bürgerliche Verteidigungsgruppen" haben die Infrastruktur und Militäreinrichtungen der Krim besetzt.

Die Fakten: Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass die Mitglieder der russischen Sicherheitsbehörden das Herzstück der hochorganisierten Kräfte auf der Krim sind. Sie tragen Uniformen ohne Abzeichen, fahren aber Fahrzeuge mit russischen Militärkennzeichen. Sie identifizieren sich selbst als russische Sicherheitskräfte, wenn sie von Journalisten und dem ukrainischen Militär angesprochen werden. Ausserdem sind sie mit Waffen ausgestattet, die zivilen Einheiten in der Regel nicht zur Verfügung stehen.

2. Mr. Putin sagt: Das russische Vorgehen ist im Rahmen des Freundschaftsvertrages von 1997 zwischen der Ukraine und der Russischen Föderation begründbar und somit legitim.

Die Fakten: Mit dem Vertrag von 1997 verpflichtet sich Russland zur Anerkennung der Unabhängigkeit der Ukraine und zur Einhaltung der bestehenden Grenzen. Putins Eingreifen ist ein klarer Verstoss dagegen.

3. Mr. Putin sagt: Die Opposition der Ukraine setzte das Abkommen mit dem ehemaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch vom 21. Februar nicht um.

Die Fakten: Mit dem Abkommen sollte das Parlament die Ukraine zur Verfassung von 2004 zurücksetzen und wieder ein demokratisches System mit dem Parlament bilden. Janukowitsch sollte es binnen 24 Stunden unterzeichnen, packte jedoch seine Sachen und floh. Zurück blieb nur breit angelegte Korruption.

4. Mr. Putin sagt: Die ukrainische Regierung ist nicht legitimiert entstanden, Janukowitsch bleibt gesetzmässiger Präsident der Ukraine.

Die Fakten: Putin sagte am 4. März selbst über den ehemaligen ukrainischen Präsidenten: "Ich denke, er hat keine politische Zukunft mehr." Nachdem Janukowitsch floh, stellte sich seine eigene Partei gegen ihn, wählte ihn ab und forderte ihn auf, die neue Regierung zu unterstützen. Die neue Regierung der Ukraine wurde vom demokratisch gewählten ukrainischen Parlament bestimmt, mit 371 Stimmen - mehr als 82 Prozent. Sie ist eine Regierung des Volkes, die das Land zu demokratischen Wahlen am 25. Mai führen wird. Jeder Ukrainer soll eine Stimme für die Zukunft seines Landes haben

5. Mr. Putin sagt: Es gibt eine humanitäre Krise und Hunderttausende fliehen von der Ukraine nach Russland und bitten um Asyl.

Die Fakten: Es gibt weder einen Beweis für eine humanitäre Krise, noch für ukrainische Asylbewerber in Russland. Internationale Organisationen befragten ukrainische Grenzposten, die Putins Aussage nicht zustimmen. Unabhängige Journalisten haben an den Grenzen ebenfalls keine derartigen Beobachtungen gemacht.

6. Mr. Putin sagt: Ethnische Russen sind in Gefahr.

Die Fakten: Ausserhalb der russischen Presse und des russischen Fernsehens gibt es keine glaubwürdigen Berichte, dass ethnische Russen in Gefahr sind. Die Übergangsregierung setzt ihre Prioritäten auf Frieden und Versöhnung. Präsident Olexandr Turtschynow hat sich geweigert, ein Gesetz zu unterzeichnen, das den Gebrauch der russischen Sprache limitiert. Es gibt Petitionen von ethnischen Russen, die klarstellen, dass ihre Kommunen nicht bedroht sind. Seitdem die Übergangsregierung steht, ist es ruhig in Kiew und Verbrechen wie Plünderungen oder Angriffe auf politische Gegner sind nicht gestiegen.

7. Mr. Putin sagt: Russische Militärbasen in der Ukraine sind in Gefahr.

Die Fakten: Russische Militärbasen waren und sind in Sicherheit. Die ukrainische Übergangsregierung hat sich verpflichtet, internationale Abkommen einzuhalten. Dagegen sind jetzt ukrainische Militäranlagen durch russische Militäraktionen in Gefahr.

8. Mr. Putin sagt: Im Süden und Osten der Ukraine gibt es massenhaft Angriffe auf Kirchen und Synagogen.

Die Fakten: Religiöse Anführer der Ukraine und internationale Befürworter der Religionsfreiheit im Land sagen, dass es keine Attacken auf Kirchen gibt. Alle ukrainischen Kirchenführer, also auch Vertreter der Ukrainischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats haben ihre Unterstützung für die neue Regierung bekundet. Jüdische Gruppen im Süden und Osten der Ukraine gaben an, keinen Anstieg von antisemitischen Vorfällen bemerkt zu haben.

9. Mr. Putin sagt: Kiew versucht, die Krim zu destabilisieren.

Die Fakten: Die ukrainische Übergangsregierung ist mit Zurückhaltung vorgegangen und sucht den Dialog. Russische Truppen, auf der anderen Seite, sind ausgerückt, um politische Interessen zu wahren und Stützpunkte auf der Krim zu besetzen. Die Regierung in Kiew entsandte sofort den ehemaligen Verteidigungsminister, um die Lage zu entschärfen. Petro Poroschenko, der letzte Gesandte der Regierung, der die Gespräche auf der Krim voranbringen sollte, wurde kein Einlass zum Parlament auf der Krim gewährt.

10. Mr. Putin sagt: Die Rada, das ukrainische Parlament, steht unter dem Einfluss von Extremisten oder Terroristen.

Die Fakten: Die Rada ist die repräsentativste Institution der Ukraine. Die letzten Beschlüsse wurde mit grosser Mehrheit getroffen, auch von Vertretern aus dem Osten der Ukraine. Ultranationalistische Gruppierungen, von denen manche sich an offenen Kämpfen mit Sicherheitskräften auf dem Maidan beteiligten, sitzen nicht im Parlament. Es gibt keine Anzeichen, dass das ukrainische Parlament diskriminierende Politik befürwortet oder verfolgt. Sie hat sich öffentlich zu einer gegenteiligen Politik bekannt.

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