Seit einem Jahr wird in Hongkong für mehr Demokratie demonstriert. Mit einem Sicherheitsgesetz verstärkt Peking den Griff über seine Sonderverwaltungsregion. Kritiker warnen vor einer Eskalation.

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Die Pläne der chinesischen Führung für ein Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in Hongkong stossen auf scharfe Kritik. Vor der Montag oder Dienstag in Peking erwarteten Verabschiedung des Gesetzentwurfs durch den Ständigen Ausschuss des Volkskongresses warnte die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des deutschen Bundestages, Gyde Jensen, vor einer Einschränkung der Freiheitsrechte der sieben Millionen Hongkonger und einer Eskalation der Proteste. Die FDP-Politikerin forderte Sanktionen Deutschlands und der EU, falls das Gesetz wie geplant verabschiedet wird.

"Auch wirtschaftlich wird das Sicherheitsgesetz der letzte Sargnagel werden, weil man nicht mehr sicher sein kann, ob sich Peking vielleicht auch an andere Verträge nicht mehr hält", sagte Jensen der Deutschen Presse-Agentur. Die Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" berichtete am Montag aus der seit Sonntag in Peking laufenden Sitzung des Ständigen Ausschusses des chinesischen Parlaments, dass das Gesetz sogar lebenslange Haft als Höchststrafe vorsehen könnte.

Aktivist Wong: Befürchtung der sofortigen Festnahme

Der Hongkonger Aktivist Joshua Wong gab auf Twitter Befürchtungen wieder, dass er und der kritische Verleger Jimmy Lai sofort nach Erlass des Gesetzes festgenommen werden könnten. Er wies auf die Möglichkeit hin, dass Verdächtigte nach dem Gesetz auch nach Festlandchina überstellt werden können, wo willkürliche Haft, geheime Prozesse oder durch Folter erzwungenen Geständnisse drohten. "Während Hongkong am Rande des Zusammenbruchs steht, rufe ich die Welt auf, stärker vorzugehen, um China zu drängen, das Gesetz zurückzuziehen."

Der genaue Text des Gesetzes wurde bislang geheim gehalten. Es richtet sich gegen Aktivitäten, die von Peking als subversiv oder terroristisch angesehen werden oder auf eine Unabhängigkeit Hongkongs abzielen könnten. Auch soll es "heimliche Absprachen" mit Kräften im Ausland bestrafen. Die prodemokratische Opposition fürchtet, zum Ziel des Gesetzes zu werden. Seit einem Jahr kommt es in Hongkong wiederholt zu Demonstrationen, bei denen vor allem mehr demokratische Mitsprache gefordert wurde. Bei Protesten gegen das Gesetz waren am Sonntag erneut mehr als 50 Menschen festgenommen worden.

"Ich mache mir Sorgen um die Aktivisten und um diese ganze Generation, die da gerade ihre Freiheit den Bach heruntergehen sieht", sagte Jensen. Aber auch deutsche Unternehmen oder in der chinesischen Sonderverwaltungsregion tätige politische Stiftungen aus Deutschland seien in Gefahr. "Wir wissen nicht, in welche Richtung das gehen kann – ob auch im Nachhinein Verfahren angegangen werden", sagte die FDP-Politikerin. "Die weitreichenden Folgen, die gar nicht abzusehen sind, machen das Gesetz so gefährlich."

Kritiker befürchten Ende des Grundsatzes "ein Land, zwei Systeme"

Kritiker befürchten ein Ende des Grundsatzes "ein Land, zwei Systeme", nach dem die frühere britische Kronkolonie seit der Rückgabe 1997 an China regiert wird. Mit dem Gesetz, das als Anhang ins Grundgesetz des autonomen Territoriums aufgenommen werden soll, umgeht die kommunistische Führung in Peking das Hongkonger Parlament. Aus Sicht Deutschlands und der anderen sechs Mitglieder der Gruppe der grossen Industrienationen (G7) stehen Pekings Pläne nicht im Einklang mit Hongkongs Gesetzen und der Verpflichtung Pekings aus der chinesisch-britischen Vereinbarung zur Rückgabe Hongkongs.

Sollte das Gesetz verabschiedet werden, müsse der wegen der Corona-Krise verschobene, aber weiter geplante EU-China-Gipfel unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft abgesagt werden, forderte Jensen. Es müsse auf deutscher oder besser noch auf europäischer Ebene Sanktionen gegen China geben. Nützlich wären Reisebeschränkungen oder das Einfrieren von Konten von Individuen, die mit der Verletzung von Menschenrechten in Verbindung gebracht werden.

Die FDP-Politikerin forderte die Berlin auf, gegenüber Peking härtere Worte zu finden als bisher: "China reagiert nur auf Druck, und das, was die Bundesregierung momentan verlauten lässt, finde ich, ist ein Armutszeugnis." Das Gesetz soll den Erwartungen nach diesen Mittwoch schon in Kraft treten. Am 1. Juli jährt sich die Rückgabe Hongkongs an China zum 23. Mal. Traditionell kommt es am Jahrestag zu grossen Demonstrationen. Doch hat die Polizei unter Hinweis auf die Corona-Pandemie und die "anhaltenden sozialen Unruhen" Protestmärsche untersagt - erstmals seit 17 Jahren. (mgb/dpa)

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