Wenige Tage, nachdem mehrere Abgeordnete aus Frustration über den Brexit-Kurs von Labour-Chef Jeremy Corbyn aus der Partei ausgetreten sind, kommt Bewegung in die Position der britischen Sozialdemokraten. Premierministerin Theresa May gerät damit weiter unter Druck.
Die britische Labour-Partei stellt sich hinter die Forderung nach einem zweiten Brexit-Referendum. Das teilte die grösste Oppositionspartei in Grossbritannien am Montagabend auf ihrer Webseite mit. Zuvor will die Labour-Partei jedoch versuchen, die Regierung von ihren eigenen Brexit-Plänen zu überzeugen.
Mit dem Schritt solle ein "schädlicher Tory-Brexit auf der Grundlage von
Am Mittwoch wolle die Partei bei der anstehenden Abstimmung über die weiteren Brexit-Schritte jedoch zunächst versuchen, die Regierung auf die Labour-Forderungen einzuschwören, betonte Corbyn der Mitteilung zufolge. Ausserdem werde die Partei einen Vorstoss unterstützen, der May zum Verschieben des EU-Austritts zwingen soll, falls bis Mitte März kein Austrittsabkommen ratifiziert ist. Damit soll ein ungeregelter EU-Austritt abgewendet werden.
Premierministerin unter Druck
May hatte eine Verlängerung der zweijährigen Austrittsfrist am Montag erneut abgelehnt. Sie will das Parlament am Dienstag über den Stand der Brexit-Gespräche informieren. Bei einem Gipfel der EU-Staaten und der Arabischen Liga in Ägypten hatte sie sich optimistisch geäussert, das Abkommen noch rechtzeitig zum Austrittsdatum am 29. März durchs Parlament zu bringen.
Der von May mit der EU ausgehandelte Austrittsvertrag war Mitte Januar im Unterhaus durchgefallen. Deshalb müht sich die Premierministerin bei der EU um Nachbesserungen, bislang jedoch ohne Erfolg.
Die Premierministerin gerät nun weiter unter Druck, einer Verschiebung des EU-Austritts doch noch zuzustimmen, wenn sie nicht die Kontrolle über das Verfahren verlieren will. Wegen der kurzen Zeit bis zum Austrittsdatum wäre dies "eine vernünftige Lösung", sagte EU-Ratschef Donald Tusk am Montag. Er sicherte Grossbritannien dafür maximalen guten Willen der übrigen 27 EU-Länder zu.
Streitpunkt Nordirland
Der jüngste Vorstoss von Labour kommt nur wenige Tage, nachdem mehrere Abgeordnete unter anderem aus Protest gegen den Brexit-Kurs Corbyns aus der Partei ausgetreten waren.
Der europapolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Michael Georg Link, begrüsste die Labour-Unterstützung für eine zweite Volksabstimmung. "Labours Ruf nach einem zweiten Referendum ist Jeremy Corbyns Rendezvous mit der Realität. Endlich gibt es dadurch die Chance, einen unkontrollierten Brexit zu verhindern." Theresa May schaffe aus eigener Kraft keine Mehrheit mehr, so Link.
Labour fordert eine sehr viel engere Anbindung Grossbritanniens an die EU als bislang von der Regierung bislang geplant. Unter anderem soll das Land nach dem Willen von Labour in einer Zollunion mit der EU bleiben. Die Mitglieder einer Zollunion vereinbaren gemeinsame Aussenzölle, an den Binnengrenzen gibt es keine Zölle mehr, Warenkontrollen sind daher weitgehend überflüssig.
Der Vorschlag von Labour war auf reges Interesse in Brüssel gestossen. Eine Zollunion würde das knifflige Problem mit der Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland weitgehend lösen. Die im Brexit-Abkommen vereinbarte und heftig umstrittene Garantie für eine offene Grenze zwischen den beiden Teilen Irlands (Backstop) wäre damit unnötig. Alle Seiten wollen eine Wiedereinführung von Kontrollen auf der irischen Insel vermeiden, um ein Wiederaufflammen des jahrzehntelangen Bürgerkriegs zu verhindern. © dpa
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