Die Spitzenpolitikerin des rechtspopulistischen „Rassemblement National“ muss sich heute zusammen mit anderen Rechtsnationalisten in Frankreich vor Gericht verantworten. Der Vorwurf: Veruntreuung von EU-Geldern.
In der Affäre um mögliche Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im Europaparlament müssen sich
Die Vorwürfe beziehen sich auf die Jahre 2004 bis 2016 und richten sich gegen die Partei Rassemblement National (früher: Front National), damalige Abgeordnete und Assistenten. Dabei geht es um die mögliche Scheinbeschäftigung von Assistenten von mehreren französischen Europaabgeordneten. Zentraler Vorwurf ist, dass Le Pens Partei Gelder für parlamentarische Assistenten vom Europäischen Parlament bekommen hat, die aber eigentlich für die Partei gearbeitet hätten.
Es geht um sieben Millionen Euro
Insgesamt soll es um eine Summe von knapp sieben Millionen Euro gehen. Marine Le Pen hatte vor einem Jahr bereits vom Europaparlament zurückgeforderte 330 000 Euro überwiesen. Ihre Partei betont aber stets, dass dies kein Eingeständnis eines Fehlverhaltens sei.
Die Affäre belastet Le Pen und ihre Partei bereits seit Jahren. Sollte es zu Schuldsprüchen kommen, drohen den Angeklagten empfindliche Geldstrafen sowie Haftstrafen von bis zu zehn Jahren. Im Falle einer Verurteilung könnten die Angeklagten ausserdem für fünf Jahre für unwählbar erklärt werden, was eine Kandidatur von Marine Le Pen bei der Präsidentschaftswahl 2027 ausbremsen könnte.
Rassemblement National so stark wie nie
Die juristische Aufarbeitung der Vorwürfe fällt in eine Phase, in der das Rassemblement National so stark wie noch nie dasteht. Die bei den vorgezogenen Parlamentswahlen im Juni bereits als potenzieller Sieger gehandelten Rechtsnationalen landeten am Ende zwar nur auf Rang drei. Da die Partei im Parlament aber stark vertreten ist, kann sie auf die frisch formierte Mitte-Rechts-Regierung des konservativen Premiers Michel Barnier grossen Einfluss ausüben.
Dass Le Pen und weitere Parteiverantwortliche nun auf der Anklagebank Platz nehmen müssen, wirkt dem Bestreben einer Normalisierung der Partei entgegen. Le Pen hatte der Partei nicht nur einen neuen Namen gegeben, sondern auch von allzu radikalen Positionen Abstand genommen, um die früher klar rechtsextremistische Partei bis hin in die bürgerliche Mitte wählbar zu machen.
In der Parlamentsarbeit bemühten die Rechtsnationalen sich zuletzt - anders als die Linkspartei - um eine konstruktive und zurückhaltende Oppositionsarbeit.
Der Prozess ist bis Ende November terminiert. Dabei bereitet die Partei sich auf einen langen Rechtsstreit vor, wie die Zeitung "Le Monde" berichtete. Für die Partei bestehe die Herausforderung darin, die Gerichts- und Wahlkalender gut aufeinander abzustimmen.
Im Umfeld der erklärten Präsidentschaftskandidatin Le Pen werde bereits eine Entscheidung in einem möglichen Berufungsverfahren Ende 2026, also sechs Monate vor der Präsidentschaftswahl, und ein Kassationsverfahren im Jahr 2028 in Betracht gezogen, schrieb die Zeitung. (dpa/bearbeitet von lla)
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