Welche SMS haben Ursula von der Leyen und der Pfizer-Chef auf dem Höhepunkt der Coronakrise ausgetauscht? Und wo sind sie abgeblieben? Diese Fragen werden nun vor Gericht geklärt. Für die EU-Kommissionschefin könnte es ungemütlich werden.

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Die EU-Kommission – damit: Ursula von der Leyen – steht ab diesem Freitag vor Gericht. Es geht um einen Impf-Deal mit Pfizer. Und um verschwundene SMS, die die Präsidentin der EU-Kommission mit dem Chef des Impfstoffherstellers ausgetauscht haben soll. Klägerin ist die "New York Times" (NYT): Die Zeitung verlangt vor dem Gericht der Europäischen Union in Luxemburg die Herausgabe der Textnachrichten.

Zu Beginn des Prozesses räumte der Anwalt der EU-Kommission ein, dass es Textnachrichten zwischen von der Leyen und Pfizer-Chef Albert Bourla gegeben habe. Diese seien jedoch "inhaltlich nicht relevant" gewesen, sagte Paolo Stancanelli laut "Politico".

Der Fall reicht zurück bis ins Frühjahr 2021. Viele Länder waren im Lockdown, die ersten Impfkampagnen sollten starten, doch es gab Lieferengpässe und Produktionsprobleme. Von der Leyen handelte damals stellvertretend für die 27 Mitgliedsstaaten einen Deal mit dem US-Pharmariesen Pfizer aus.

Es war der grösste Auftrag, den die EU-Kommission bisher erteilt hatte. Konkret ging es um bis zu 1,8 Milliarden Impfdosen von Biontech/Pfizer – genug, um die gesamte EU-Bevölkerung viermal durchzuimpfen. Das Vertragsvolumen wurde damals auf 35 Milliarden Euro geschätzt.

Später stellte sich heraus: Pfizer hatte einerseits einen zu hohen Preis verlangt, andererseits wurden viel zu viele Impfdosen bestellt. Mehrere EU-Staaten beantragten daher eine Rückerstattung. Nun steht der Verdacht im Raum, von der Leyen könnte eigenmächtig und widerrechtlich gehandelt haben.

NYT: Kontakt zwischen von der Leyen und Pfizer-Chef war entscheidend

Die Details des Pfizer-Deals wurden nie offengelegt. Wie die "New York Times" berichtete, war der persönliche Kontakt zwischen von der Leyen und Pfizer-Chef Albert Bourla für den Abschluss entscheidend. Von der Leyen soll das Geschäft per Telefon und SMS eingefädelt haben.

Die "New York Times" und ihre Korrespondentin Matina Stevis-Gridneff beantragten daraufhin Zugriff auf alle Textnachrichten, die von der Leyen und der Pfizer-CEO zwischen dem 1. Januar 2021 und dem 11. Mai 2022 ausgetauscht hatten. Die EU-Kommission behauptete, in ihrem Besitz befänden sich keine solchen Dokumente. Das fechten Stevis-Gridneff und ihre Zeitung jetzt vor dem Gericht der EU an.

Mit einem Urteil in Luxemburg wird in einigen Monaten gerechnet. Zu dem Milliarden-Deal selbst ermittelt auch die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO). Die Europäische Bürgerbeauftragte hatte bereits 2022 den Umgang der EU-Kommission mit den Anträgen der NYT auf Text-Einsicht kritisiert.

Ursula von der Leyen verweigert EU-Parlament Auskunft zu Pfizer-Deal

Mitte Juli hatte das EU-Gericht entschieden, dass die EU-Kommission mit der Geheimhaltung von Informationen zu den Impfstoffverträgen gegen EU-Recht verstossen hat. Damals hiess es, die Brüsseler Behörde habe "keinen hinreichend umfassenden Zugang zu den Verträgen über den Kauf von Impfstoffen gegen Covid-19 gewährt". Die Entscheidung konnte vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) angefochten werden - was die EU-Kommission auch tat.

Die Kommission legte Rechtsmittel gegen zwei Urteile des EU-Gerichts ein. Damit verzögerte sich die Aufklärung der Hintergründe des Impf-Deals noch einmal.

Nicht der erste Ärger um von der Leyens SMS

Es ist nicht das erste Mal, dass es Ärger um SMS von Ursula von der Leyen gibt. In ihrer Zeit als deutsche Verteidigungsministerin wurden Daten auf einem ihrer Handys gelöscht.

Das Verteidigungsministerium begründete die Handy-Löschung 2019 mit einem "Sicherheitsvorkommnis". Kritiker monierten, dass dadurch Beweise in der Berateraffäre verloren gegangen seien. Dabei ging es um Vorwürfe von unkorrekter Auftragsvergabe bis zu Vetternwirtschaft.

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