Im Gespräch für höhere Aufgaben sind die Linke-Politikerinnen Wissler und Hennig-Wellsow schon länger, jetzt haben sie ihren Hut in den Ring geworfen. Ob es noch vor dem Parteitag "tragfähige Lösungen" gibt, wie sich Fraktionschef Bartsch wünscht, ist aber noch offen.

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Die hessische Fraktionsvorsitzende Janine Wissler (39) und Thüringens Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow (42) wollen Bundesvorsitzende ihrer Partei werden. "Ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich auf dem kommenden Parteitag als Parteivorsitzende kandidieren soll und bin für mich zum Schluss gekommen, dass ich das tun möchte", schrieb Wissler am Freitag bei Twitter. Die eloquente Politologin ist bereits Vize-Bundesvorsitzende der Linken.

Wenige Stunden später gab Hennig-Wellsow dann in Erfurt ihre Kandidatur bekannt und machte dabei klar, dass sie zusammen mit der hessischen Fraktionsvorsitzenden Janine Wissler eine weibliche Doppelspitze bilden wolle. Die für ihre burschikose Art bekannte Thüringer Landes- und Fraktionschefin sagte: "Ich hab da echt Bock drauf." Sie wolle das Potenzial, das die Linke habe, heben und "aus der etwas verschlafenen Partei" eine Partei machen, "die den Aufbruch will".

Kipping und Riexinger ziehen sich aus Linken-Spitze zurück

Die bisherige Doppelspitze der Partei, Katja Kipping und Bernd Riexinger, hatte vor einer Woche angekündigt, nach acht Jahren an der Spitze beim Parteitag in Erfurt Ende Oktober nicht wieder für den Parteivorsitz anzutreten.

Die beiden neuen Anwärterinnen sind wie Kipping weder dem Flügel der linken Fundamentalisten noch den gemässigten Reformern zuzurechnen. Das könnte die Chancen eines Teams Wissler/Hennig-Wellsow vielleicht schmälern. Die Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Amira Mohamed Ali, sagte nach der Fraktionsklausur am Freitag in Potsdam: "Ich bin der Meinung, die Parteivorsitzenden, die müssen das gesamte Spektrum der Partei auch abdecken und entsprechend auch ansprechen - und das wäre mir wichtig." Der Co-Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch nannte Wissler, die zuletzt häufig in Talkshows zu sehen war, eine "herausragende Politikerin".

Hennig-Wellsow war früher Profi-Eisschnellläuferin

Doch da ist auch noch die Frage, wer mit wem gut zusammenarbeiten kann und möchte. Schliesslich weiss man in der Partei aus Erfahrung, wie lähmend Rivalitäten, die über Jahre verbissen gepflegt werden, sein können. So war etwa Kipping als Parteichefin über Jahre umstritten. Sie lieferte sich harte Auseinandersetzungen mit der Parteilinken Sahra Wagenknecht. Die trat 2019 nach zermürbenden innerparteilichen Auseinandersetzungen unter Hinweis auf Stress und ihre Gesundheit als Fraktionschefin ab und wurde von Mohamed Ali abgelöst.

Hennig-Wellsow ist frühere Profi-Eisschnellläuferin und gilt als führungsstarke Pragmatikerin. Dass sie teamfähig ist, hat sie in Erfurt in den vergangenen Jahren an der Seite des Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow unter Beweis gestellt. Allerdings stand die 42-Jährige dabei manchmal etwas im Schatten von Parteifreund Ramelow. Bundesweite Bekanntheit erreichte sie im Februar, als sie dem FDP-Politiker Thomas Kemmerich nach dessen Wahl zum Ministerpräsidenten mit Stimmen der AfD einen Blumenstrauss vor die Füsse warf. Hennig-Wellsow hatte zuletzt mehrfach betont, dass sie sich eine weibliche Doppelspitze gut vorstellen könne.

Linke will zehn Prozent bei Bundestagswahl holen

Das neue Spitzenduo wird die Partei in die nächste Bundestagswahl führen, bei der es für die Linke auch um die Frage gehen wird, ob sie im Fall einer Mehrheit von SPD, Linken und Grünen zu einer gemeinsamen Regierungsbildung bereit wäre. Fragen zu möglichen Koalitionen liess Bartsch am Freitag in Potsdam unbeantwortet. Er sagte, er wünsche sich, dass man im Vorfeld des Parteitages in Personalfragen zu "tragfähigen Lösungen" kommen werde. Sein vorrangiges Ziel sei es, dass die Linke mindestens zehn Prozent der Wählerstimmen erhält. Dafür wolle man sich im Wahlkampf als "die Sozialstaatspartei für Deutschland" positionieren. Aktuell liegt die Linkspartei in Umfragen bei rund acht Prozent.

Der Rückzug des derzeitigen Spitzenduos kam nicht überraschend. Laut Satzung soll kein Parteiamt länger als acht Jahre ausgeübt werden. Kipping (42) und Riexinger (64) hatten die Parteiführung 2012 übernommen. (mt/dpa)

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