Russische Kriegsflugzeuge haben erste Luftangriffe auf die syrische Rebellenhochburg Idlib geflogen. Von 18 Toten ist laut Medienberichten die Rede.
Unterstützt von russischen Truppen hat die Armee von Syriens Machthaber Bashar al-Assad den Angriff auf die letzte verbleibende Rebellenhochburg Idlib begonnen, berichtet die "Bild"-Zeitung.
Regierungstruppen und die russische Luftwaffe hätten erste Bombenangriffe geflogen. Die "Weisshelme" sprechen von 18 Toten und 40 Verletzten. Auf die Bombardements könnte in Kürze der Einmarsch von Bodentruppen folgen.
Trump: "Lasst das nicht zu!"
Der Westen ist aufgrund der Pläne und früheren blutigen Offensiven auf Rebellengebiete in Aleppo oder Ost-Ghuta alarmiert. US-Präsident
Auch die Vereinten Nationen sind besorgt: Die UN warnt vor der grössten humanitären Katastrophe im 21. Jahrhundert. Die Welt dürfe nicht "schlafwandlerisch" in diese Krise gehen, sagte UN-Nothilfekoordinator Mark Lowcock am Dienstag in Berlin angesichts der geschätzten drei Millionen Zivilisten in der Provinz im Nordwesten des Bürgerkriegslandes.
Appell an Putin, Erdogan und Assad
UN-Syrienvermittler Staffan de Mistura appellierte in Genf an die Präsidenten Russlands und der Türkei, Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan, in einem direkten Telefonat im letzten Moment eine Eskalation zu verhindern. Auf dieser Ebene könne noch ein Ausweg gefunden werden, der zumindest das Leben der Zivilisten schone.
Die Region im Nordwesten Syriens ist das letzte grosse Gebiet des Bürgerkriegslandes, das noch von Rebellen beherrscht wird. Dominiert werden diese von dem Al-Kaida-Ableger Haiat Tahrir al-Scham (HTS), der früheren Al-Nusra-Front. Syriens Regierung hat Truppen zusammengezogen und droht mit einem Angriff zusammen mit ihren Verbündeten Russland und Iran.
Neue Flüchtlingsströme drohen
Lowcock zufolge leben in Idlib mehr als eine Million Kinder. Auf einen der oft extremistischen Kämpfer kämen rund 100 Zivilisten. Er sei in der vergangenen Woche in Damaskus gewesen und sei nach den Gesprächen höchst alarmiert. Es müsse alles unternommen werden, um eine blutige Schlacht zu verhindern. Gleichzeitig müsse es aber Vorbereitungen geben, um in diesem Falle Zivilisten helfen zu können.
Das Nachbarland Türkei, das im Falle einer Eskalation Flüchtlingsströme in Richtung seiner Grenze befürchtet, brachte einem Medienbericht zufolge weiteres Kriegsgerät in die Grenzregion. Acht Frachtfahrzeuge beladen mit Panzern und schweren Geschützen hätten die Grenzprovinz Kilis passiert, meldete die Zeitung "Hürriyet" am Dienstag.
Peskow spricht von "Terroristennest"
Idlib liegt nur etwa 30 Kilometer von der türkischen Grenze entfernt. Die Türkei unterhält in der Provinz Beobachtungsposten und ist Schutzmacht einer De-Eskalationszone. Die Panzer habe das Militär auf die andere Seite der Grenze gebracht. Sie sollen laut Quellen aus Sicherheitskreisen helfen, mögliche Flüchtlingswellen in Richtung Türkei aufzuhalten, berichtete "Hürriyet" weiter.
Kremlsprecher Dmitri Peskow sprach davon, dass sich in der Provinz "das nächste Terroristennest gebildet" habe. "Wir wissen, dass die syrischen Streitkräfte sich darauf vorbereiten, das Problem zu lösen", sagte er der Agentur Interfax zufolge. Ein Datum für die Offensive nannte er nicht.
Noch eine Chance für den Frieden?
Am Freitag wollen Russland und der Iran als Unterstützer der Regierung und die Türkei als Schutzmacht der Opposition über die Krise in Syrien beraten. Beobachter rechnen damit, dass sich dort das Schicksal Idlibs entscheiden könnte. UN-Syrienvermittler de Mistura sah am Dienstag eine gewisse Chance für eine Wiederbelebung des Friedensprozesses in dem Bürgerkriegsland. Er sprach von einem "Moment der Wahrheit", wenn er sich am 10. und 11. September mit Vertretern der Türkei, des Irans und Russlands in Genf treffe. (mss/dpa)
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