Sind die deutsch-französischen Beziehungen besser als ihr Ruf? Diese Botschaft senden jedenfalls Macron und Steinmeier zum Auftakt des Staatsbesuchs des französischen Präsidenten aus.

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Zum Auftakt des ersten Staatsbesuchs eines französischen Präsidenten in Deutschland seit 24 Jahren haben Emmanuel Macron und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Bedeutung der deutsch-französischen Freundschaft für Europa beschworen. Die Zusammenarbeit beider Länder sei "unabdingbar und wichtig", sagte Macron nach seiner Ankunft mit seiner Frau Brigitte in Berlin. Er widersprach dem Eindruck, dass der deutsch-französische Motor ins Stottern geraten sei: "Das stimmt nicht. Wir schreiten voran."

Steinmeier: "Gemeinsam die Demokratie feiern"

Macron und sein Gastgeber, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, besuchten zunächst gemeinsam das Demokratiefest im Regierungsviertel zur Feier von 75 Jahren Grundgesetz. "Wir wollen diesen Besuch zu einem wirklichen Fest machen", sagte Steinmeier dort. "Wir wollen gemeinsam die Demokratie."

Morgen will Macron eine Europa-Rede vor der Frauenkirche in Dresden halten und am Dienstag wird er in Münster mit dem Internationalen Preis des Westfälischen Friedens geehrt bevor er auf Schloss Meseberg bei Berlin mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und mehreren Mitgliedern beider Regierungen zusammenkommt. Dabei soll es um die europäische Verteidigungs- und Wettbewerbspolitik gehen.

Auch Merkel beim Staatsbankett

Zum Auftakt des dreitägigen Besuchs besuchten die beiden am Sonntag zunächst gemeinsam das Demokratiefest im Regierungsviertel zur Feier von 75 Jahren Grundgesetz. Anschliessend wurde Macron von Steinmeier vor dem Schloss Bellevue offiziell mit militärischen Ehren empfangen. Am Abend war ein Staatsbankett geplant, zu dem auch die frühere Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und hochrangige Vertreter aus Wirtschaft und Kultur erwartet wurden. Auf dem Speiseplan standen Sauerbraten und Beelitzer Spargel.

Am Montag will Macron eine Europa-Rede vor der Frauenkirche in Dresden halten und am Dienstag wird er in Münster mit dem Internationalen Preis des Westfälischen Friedens geehrt - bevor er auf Schloss Meseberg bei Berlin mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und mehreren Mitgliedern beider Regierungen zusammenkommt. Dabei soll es um die europäische Verteidigung und die Wettbewerbspolitik gehen.

Im ersten Anlauf hatte es nicht geklappt

Französische Präsidenten kommen zwar recht häufig zu politischen Gesprächen nach Berlin. Den letzten formellen Staatsbesuch hatte aber Präsident Jacques Chirac im Jahr 2000 absolviert. Ein Staatsbesuch dauert anders als ein Arbeitsbesuch immer mehrere Tage und folgt einem festgelegten Protokoll, zu dem beispielsweise ein Staatsbankett und der Besuch an mindestens einem Ort ausserhalb der Hauptstadt gehört. So wird Macron mit Sachsen diesmal erstmals als Präsident eins der fünf ostdeutschen Bundesländer neben Berlin besuchen.

Im Mai vergangenen Jahres hatte Macron den Staatsbesuch wegen Unruhen in Frankreich verschoben. Nun findet er in leicht verkürzter Form statt.

Aufruf zur Beteiligung an Europawahl

Der Besuch soll aus Sicht von Gastgeber Steinmeier die Einzigartigkeit der deutsch-französischen Freundschaft herausstellen und feiern. Deshalb habe Steinmeier Macron auch als einzigen ausländischen Gast zu den Feiern zum 75-jährigen Bestehen des Grundgesetzes eingeladen, heisst es im Bundespräsidialamt.

Ausserdem wollen er und Macron den Besuch nutzen, um die Menschen in Deutschland zu ermuntern, in zwei Wochen bei der Europawahl wählen zu gehen. Auf dem Demokratiefest in Berlin rief Macron bereits dazu auf.

Dahinter steckt nicht zuletzt die Sorge, dass eine niedrige Wahlbeteiligung erfahrungsgemäss rechten Parteien in die Hände spielt. Bei der Europawahl 2019 lag die Beteiligung in Deutschland bei 61,4 Prozent.

Differenzen in wichtigen Fragen

So gut die beiden Staatsoberhäupter miteinander können auf Regierungsebene gelten die Beziehungen zwischen Berlin und Paris gerade als schwierig. Bei Schlüsselthemen knirscht es immer wieder zwischen beiden Hauptstädten. Das gilt für die Unterstützung für die Ukraine ebenso wie etwa für die wirtschaftspolitische Ausrichtung gegenüber den Konkurrenten USA und China. Diese Fragen sollen nach dem Staatsbesuch bei einem deutsch-französischen Ministerrat am Dienstagnachmittag in Schloss Meseberg, dem Gästehaus der Bundesregierung, nördlich von Berlin erörtert werden.

So predigt Macron eine grössere europäische Autonomie mit eigener Verteidigungsstrategie und einem Schutz der Wirtschaft vor unlauterer Konkurrenz aus China und den USA. Kanzler Scholz hingegen hält an seiner transatlantischen Orientierung und dem wichtigen Handelspartner China fest. Und im Ukraine-Konflikt überraschte Macron Scholz mit seinen Überlegungen zum Entsenden von Bodentruppen, was Scholz kategorisch ablehnt.

Auch eine Lieferung von weitreichenden Taurus-Marschflugkörpern an das von Russland angegriffene Land lehnt Scholz ab. Frankreich hingegen stellt seine Scalp-Raketen schon seit längerer Zeit bereit. Berlin wirft Paris im Gegenzug vor, als zweitgrösste Volkswirtschaft der EU insgesamt viel zu wenig für die Ukraine zu tun.

Fehlende Antworten aus Berlin

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz kritisiert, dass die Beziehungen zwischen beiden Ländern so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht mehr seien. Er verlangte unmittelbar vor dem Besuch Macrons ein klares europapolitisches Signal der Bundesregierung. Merz kritisierte, dass Macron aus Berlin zu seinen beiden grossen Europa-Reden an der Sorbonne keine Antwort aus Deutschland bekommen habe. "Das ist in Paris zu Recht, und zwar parteiübergreifend, auf grosse Irritation gestossen", sagte Merz dem Sender rbb24 Inforadio. Die erste Rede fiel noch in die Regierungszeit von Angela Merkel (CDU).

In seiner zweiten Rede im vergangenen April warnte Macron, es gebe ein grosses Risiko, dass Europa im nächsten Jahrzehnt "geschwächt oder sogar deklassiert" werde. Er forderte eine europäische Verteidigungsstrategie mit einer gemeinsamen Rüstungsindustrie und eine über Fonds der EU finanzierte beschleunigte Aufrüstung, um der Bedrohung Russlands gewachsen zu sein. Scholz kommentierte die Rede auf der Plattform X mit den Worten, gemeinsames Ziel Frankreichs und Deutschlands sei es, "dass Europa stark bleibt". Er fügte an Macron gewandt hinzu: "Deine Rede enthält gute Impulse, wie uns das gelingen kann." (Michael Fischer, Ulrich Steinkohl und Gerd Roth, dpa/tas)

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