Das Bürgerkriegsland Libyen kommt nicht zur Ruhe - wohl auch deshalb, weil weiterhin Waffen und Söldner von aussen in das Land gelangen. Frankreichs Staatschef Macron hat nun den türkischen Präsidenten Erdogan als einen Verantwortlichen dafür ausgemacht.
Der französische Präsident Emmanuel Macron wirft der Türkei vor, gegen die Vereinbarung der Berliner Libyen-Konferenz zu verstossen. "In den letzten Tagen - in den letzten Tagen! - haben wir gesehen, wie türkische Schiffe in Begleitung von syrischen Söldnern auf libyschem Boden eintrafen", sagte Macron am Mittwoch nach einem Treffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis in Paris. "Dies ist ein ausdrücklicher und schwerer Verstoss gegen die Vereinbarungen von Berlin."
Das Vorgehen der Türkei stehe im direkten Widerspruch zu dem, wozu sich Präsident Recep Tayyip Erdogan auf der Berliner Konferenz verpflichtet habe, rügte Macron. "Es ist ein Verstoss gegen das gegebene Wort, es ist ein Angriff auf die Souveränität Libyens und es ist ein Angriff auf die Sicherheit aller Europäer und Bewohner der Sahelzone. Ich möchte dies hier mit allem Nachdruck sagen."
Macron verstärkt französische Marine-Präsenz
Macron kündigte zudem eine strategische Sicherheitspartnerschaft zwischen Frankreich und Griechenland an - dabei soll es auch eine verstärkte Präsenz der französischen Marine in Griechenland geben. Details sollen in den kommenden Wochen geklärt werden. Es werde regelmässige Konsultationen zwischen den Aussen- und Verteidigungsministern beider Länder geben. Macron betonte, dass er zusammen mit seinen europäischen Partnern Griechenland und Zypern unterstütze und Einmischungen und Provokationen der Türkei verurteile. Es geht dabei unter anderem um Erdgasbohrungen türkischer Schiffe in der ausschliesslichen Wirtschaftszone Zyperns.
UN-Mission: Mehrere Teilnehmer des Libyen-Gipfels brachen bereits das Waffenembargo
Die Türkei unterstützt in Libyen die Regierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch mit Sitz in Tripolis. Im Januar bestätigte Präsident Erdogan, Soldaten in das Bürgerkriegsland entsandt zu haben, die dort Koordinationsaufgaben übernehmen und ausbilden sollen. Rund 80 Soldaten sollen es nach Informationen des Online-Magazins "Al-Monitor" sein. Nach Informationen der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte befinden sich zudem rund 2400 von der Türkei unterstützte syrische Kämpfer in Libyen. Eine offizielle Bestätigung aus Ankara gibt es dafür jedoch nicht.
Die UN-Mission in Libyen hatte am Samstag mitgeteilt, dass mehrere Teilnehmerländer des Berliner Libyen-Gipfels das dort bekräftigte Waffenembargo bereits gebrochen hätten. Es seien seither mehrere Maschinen auf Flughäfen im Westen und Osten Libyens gelandet, mit denen Waffen, gepanzerte Fahrzeuge, Kämpfer und Berater ins Land gebracht worden seien. Die Namen der Länder wurden nicht genannt.
In Berlin hatten sich vor rund eineinhalb Wochen 16 Länder und internationale Organisationen auf eine Vereinbarung verständigt, die die Einmischung von aussen in den Libyenkrieg - etwa über Waffenlieferungen oder die Entsendung von Söldnern - beenden und einen Friedensprozess ermöglichen soll.
Das Land ist nach dem Sturz und Tod des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 ins Chaos gestürzt und inzwischen praktisch geteilt. Im Westen in Tripolis regiert eine schwache, von den UN anerkannte Regierung unter Fajis al-Sarradsch. Ihr Gegenspieler ist der mächtige General Chalifa Haftar, der weite Teile des Landes kontrolliert. In dem Konflikt unterstützen die Türkei und Katar die Regierung von Al-Sarradsch. Russland, Ägypten, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) stehen hinter Haftar. Frankreich wurde wiederholt vorgeworfen, ebenfalls Haftar zu unterstützen. (ash/dpa)
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