- Der Musiker Marco Pogo ist der bunteste Vogel unter den Kandidaten für die Bundespräsidentschaftswahl in Österreich.
- Als Vorsitzender der Bierpartei hat er bisher gegen Biermischgetränke mobilisiert.
- Aber er hat auch ernstere Anliegen, wie er im Interview betont.
Vor zwei Jahren haben Sie bei den Wahlen in Wien ein Mandat im Bezirksparlament ergattert. Neben der Forderung nach einem kostenlosen Bierbrunnen haben Sie damals einen leidenschaftlichen Kampf gegen Radler geführt. Was würden Sie als Bundespräsident gegen dieses Biermischgetränk mit Limonade unternehmen?
Marco Pogo: Ich werde meinen Kampf gegen Radler weiterhin fortführen, das ist eine meiner Grundforderungen. Jede politische Partei braucht einen Gegner. Die rechtspopulistische FPÖ hat im Wahlkampf 2020 gegen die "Islamisierung des Abendlandes" gewettert, daher warne ich vor der "Radlerisierung des Abendlandes". Und damit werde ich nicht aufhören. Studien geben mir recht: Im Radler ist zu viel Zucker. Ich betrachte das als eine volksgesundheitliche Massnahme.
Wer Ihre Auftritte als Musiker auf grossen Bühnen verfolgte, konnte durchaus ein mulmiges Gefühl bekommen: In der Menge wurden die gelben Fahnen Ihrer Bierpartei geschwenkt, das Publikum brüllte: "Radler raus, Radler raus!".
Das war eine bewusste Überspitzung, als Reaktion auf die FPÖ, die gegen Minderheiten hetzte. Wenn es in der Politik schon offenbar einen politischen Feind gibt, dann sollen das nicht Minderheiten sein, sondern Biermischgetränke. Tatsächlich aber beschert auch mir die Polarisierung der Politik ein grosses Unbehagen. Vor allem, weil ich versuche, mit ernsthaften Forderungen durchzukommen.
Und die wären?
Ich habe erst neulich bei einer Pressekonferenz alles, was mir wichtig ist, abgeklappert. Wir haben in Österreich ein gesellschaftliches Solidaritätsproblem, das mit der Corona- Pandemie begonnen hat und sich jetzt im Zuge der Energiekrise fortsetzt. Ich fordere die Politik auf, treffsicherer zu agieren. Dazu kommt ein Sicherheitsproblem, das jetzt durch den Krieg in der Ukraine besonders sichtbar wird. Die letzte Heeresreform liegt 20 Jahre zurück, wir müssen die Wehrfähigkeit sicherstellen. Und das sage ich als Pazifist. Dazu kommt die mangelnde Weitsicht der Politik. Ich plädiere für ein Zukunftsministerium, das alle getroffenen Entscheidungen daraufhin prüft, ob sie auch in 20 Jahren für die nächste Generation gut sind.
So versteht Marco Pogo das Amt des Bundespräsidenten
Welches Verständnis vom Amt des Bundespräsidenten haben Sie? Würden Sie sich stärker als
Die Worte eines Bundespräsidenten wiegen schwer. Wenn er in das Tagesgeschäft eingreift, verlieren sie an Gewicht. Mein Amtsverständnis sieht so aus: Es braucht ein tatsächlich unabhängiges Staatsoberhaupt, das frei von Parteipolitik agiert. Wenn Unrecht geschieht, muss er oder sie das deutlich benennen. Der Bundespräsident muss eine moralische Richtschnur sein.
Sie sind der Meinung, dass der amtierende Präsident diesen Ansprüchen bisher nicht genügt hat?
Alexander Van der Bellen hat immer nicht gehandelt. Zuletzt, als er jungen Menschen angesichts der Energiekrise den Ratschlag gab, einfach die Zähne zusammenzubeissen. Wenn, wie unlängst der konservative Innenminister Gerhard Karner, jemand höchstgerichtliche Entscheidungen infrage stellt und damit das Vertrauen in die unabhängige Justiz beschädigt, braucht es eine Instanz, die sagt: "Freund, so nicht". Aber Van der Bellen hat dazu geschwiegen.
Marco Pogo: "Die Gefahren des Alkohols sind mir bewusst"
Österreich gehört zu den EU-Ländern mit dem höchsten Alkoholkonsum pro Kopf, mindestens fünf Prozent der Bevölkerung haben ein schweres Alkoholproblem, jede und jeder Fünfte trinkt eindeutig zu viel. Geziemt es sich für eine moralische Instanz, den Bierkonsum zu verherrlichen?
Ich bin nicht nur Musiker und Politiker, sondern auch promovierter Mediziner. Die Gefahren des Alkohols sind mir bewusst, ich habe auch mit suchtkranken Menschen gearbeitet. Als Bierpartei persiflieren wir den Umgang mit dem Thema in Österreich, gerade durch die satirische Überhöhung des Themas rücken wir es in den Fokus. Und wir setzen, in Zusammenarbeit mit Suchthilfeeinrichtungen, Initiativen, um Betroffenen zu helfen. Bier ist ein Genussmittel, es kann eine schöne Sache sein. Aber man muss wissen, wann es zum Problem wird.
Mit Verlaub: Sie sind auch Unternehmer und vertreiben unter dem Namen "Turbobier" eine eigene Biermarke, die sie offensiv vermarkten. Sind Sie sich der Verantwortung bewusst gegenüber Menschen, die Sie als Person toll finden und zugleich versuchen, ihr Alkoholproblem in den Griff zu bekommen?
Ich bin mir der Verantwortung bewusst. Aber ich glaube nicht, dass ein Witz über Bier jemanden in ein Problem drängt. Schauen Sie sich den Wahlkampfauftakt der FPÖ an, mit dem ganzen Freibier. Die Alkoholfolklore ist eher dort angesiedelt.
In den Umfragen führt Van der Bellen mit weit über 50 Prozent, Sie liegen hinter FPÖ-Kandidat Walter Rosenkranz und dem rechten Blogger Gerald Grosz auf dritter Stelle, bei deutlich unter zehn Prozent. Ist die Kandidatur für die Hofburg in Wirklichkeit eine Aufwärmübung für die kommenden Nationalratswahlen – wie manche mutmassen?
Ich bewerbe mich jetzt für das Amt des Bundespräsidenten und denke jetzt den Tag der Wahl. Ich bin parteifrei, unabhängig und für das Amt geeignet. Am 9. Oktober um 18 Uhr wissen wir, wie die erste Runde der Wahl ausgegangen ist. Danach sehen wir weiter.
"Wenn ich das höre, wird mir ganz schlecht"
Auch viele Kritikerinnen und Kritiker, die Ihnen eine "Spasskandidatur" vorwerfen, räumen ein, dass Sie als Bezirksrat in Wien-Simmering konstruktive Arbeit leisten. Vor einem Jahr haben Sie bei Ihren Konzerten das Publikum aufgefordert, sich gegen Corona impfen zu lassen. Als Arzt haben Sie sogar selbst Fans die Spritze gegeben. Wann wurde Ihnen klar, dass Politik eine ernste Sache ist, die Verantwortung mit sich bringt?
Das war nach der Gemeinderatswahl in Wien 2020, als wir mit der Bierpartei insgesamt elf Mandate besetzen konnten. Spätestens da wurde mir bewusst, dass wir eine politische Verantwortung haben und dass es schade wäre, diese Chance nicht zu nutzen.
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Sie machen keinen Hehl daraus, dass die rechtspopulistische FPÖ neben Biermischgetränken Ihr politischer Hauptgegner ist. Würden Sie als Bundespräsident einen Kanzler oder eine Kanzlerin der FPÖ angeloben?
Der Bundespräsident ist nicht dazu da, demokratische Wahlentscheidungen umzudrehen. Andere Kandidaten wie Gerald Grosz und Michael Brunner (von der radikalen Impfgegner-Partei MFG, Anm. d. Red.) schwadronieren darüber, dass sie nach ihrer Wahl gleich die Bundesregierung entlassen würden. Wenn ich das höre, wird mir ganz schlecht.
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