Eine russische Spionin, die sich gerne mit Waffen und Cowboyhüten fotografieren lässt, geht in den höchsten politischen Kreisen ein und aus. Ein Hollywood-Film, der diese Klischees bedient, würde wohl von den Kritikern verrissen werden. Doch die Affäre um die mittlerweile im Gefängnis sitzende Maria Butina ist bitterer Ernst - und könnte sogar den US-Präsidenten stürzen.

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Es eine Geschichte, wie sie sich ein Hollywood-Drehbuchautor kaum besser ausdenken könnte: Auf Fotos im Internet posiert die rothaarige Russin mit Schnellfeuergewehren, auf manchen trägt sie dazu einen Cowboyhut. Andere Bilder zeigen sie mit US-Politikern und -Lobbyisten.

Inzwischen sitzt Maria Butina im Gefängnis. Am vergangenen Sonntag wurde sie in Washington festgenommen, am Mittwoch wurde Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr verhängt.

Die 29-Jährige ist angeklagt, als Undercover-Agentin konservative Kreise in den USA infiltriert zu haben. Ihr droht eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren.

Sex als Türöffner in höchste Kreise

Butina soll an einer "Verschwörung" der russischen Regierung zu verdeckter Einflussnahme auf die US-Politik beteiligt gewesen sein. Fest steht, dass sie sich ein weitverzweigtes Netzwerk aufgebaut hatte.

Dazu setzte sie eine Vielzahl von Mitteln ein: ihre Waffenliebe, ihre guten Englischkenntnisse, ihr kontaktfreudiges Wesen. Und wohl auch Sex.

Die schwer auf der Präsidentschaft von Donald Trump lastende Affäre um verdeckte russische Einmischungen in die US-Politik wird durch die junge Russin um einen mit pikanten Details gespickten Handlungsstrang erweitert.

In Washington lebte Butina mit einem Republikaner zusammen - der in der Anklage nicht identifizierte Mann ist laut US-Medienberichten der 56-jährige Politikberater Paul Erickson.

Butina benutzte ihren deutlich älteren Liebhaber den Ermittlungen zufolge als Türöffner, um Zugang zu Politikern zu bekommen. Emotional sonderlich zugeneigt war sie ihm offenbar nicht.

In beschlagnahmten Dokumenten äussere sie sich abschätzig über das Zusammenleben mit dem Mann, berichtet ein Ermittler der Bundespolizei FBI.

Die Beziehung sei für sie nur ein "notwendiger Aspekt ihrer Aktivitäten" gewesen. Auch habe sie parallel einer anderen Person Sex angeboten, um dafür Zugang zu einer Lobbyistenorganisation zu bekommen.

Ähnlichkeit zur Affäre um Anna Chapman

Auf die US-Öffentlichkeit übt Butina bereits eine ähnlich faszinierende Wirkung aus wie einst Anna Chapman, die 2010 aufgeflogene - und ebenfalls rothaarige - russische Spionin.

Auch der russische Funktionär, der Butinas Aktivitäten steuerte, zog diesen Vergleich: "Fragen Deine Verehrer schon nach Deinem Autogramm? Du hast Anna Chapman die Schau gestohlen", schrieb er einem Gerichtsdokument zufolge an sie.

Bei diesem von den Behörden ebenfalls nicht namentlich benannten Funktionär handelt es sich zweifellos um Alexander Torschin, einen Unterstützer von Präsident Wladimir Putin und Vizepräsident der russischen Zentralbank. Mit Torschin war Butina oft in den USA unterwegs, vor allem bei der Waffenlobby NRA.

Die aus der Stadt Barnaul in Westsibirien stammende Butina hatte sich bereits in ihrer Heimat für Waffenrechte eingesetzt. So ergab sich wohl auch der Kontakt zu Waffenliebhaber Torschin. Er heuerte sie 2011 als Assistentin an.

Später reiste Butina mehrfach in die USA, bevor sie sich 2016 mit einem Studentenvisum in Washington, D.C. niederliess.

Butina erzählte von einer "Putin-Connection"

Dort machte sie kürzlich an der American University einen Master-Abschluss in internationalen Beziehungen. An der Uni erzählte sie relativ offen herum, dass sie eine Putin-Connection habe.

Butina war ein gern gesehener Gast in rechtsgerichteten Zirkeln in Washington. So lernte sie republikanische Gouverneure kennen und auch Donald Trump junior, den Sohn des heutigen Präsidenten. Und sie hatte auch eine denkwürdige Begegnung mit Trump senior.

Bei einer Veranstaltung im Juli 2015 in Las Vegas fragte sie den damaligen Präsidentschaftskandidaten, ob er die Russland-Sanktionen fortsetzen wolle. Er denke, dass er mit Putin gut auskommen werde und die Sanktionen nicht gebraucht würden, antwortete Trump.

Diese von Butina entlockte Aussage wurde in Moskau zweifellos mit grossem Wohlgefallen vernommen.

Neue Brisanz erhält die Affäre nun auch durch eine Aktion von anderer Seite. Das russische Aussenministerium hat das Profilbild auf seiner offiziellen Twitter-Seite mit einem Foto von Butina befüllt. Dazu schrieb das Ministerium die Hashtags #NewProfilePic (neues Profilbild) und #FreeMariaButina. (dh/afp/dpa)

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