Fotos der eigenen Kinder, private Nachrichten an die Familie: Solche Informationen will man in der Regel nicht mit Fremden teilen. Entsprechend verstört reagieren deutsche Politiker und Promis. Private Daten kursieren massenweise im Netz. Keiner weiss, wer hinter der Attacke steckt.

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Wer einen Twitter-Account auf den Namen "G0d" einrichtet, ist vermutlich sehr von sich überzeugt. "Bald kommt das Adventskalender-Event! Seid gespannt, könnte für manche zu heftig werden", schrieb der User am 24. November. Am 1. Dezember ging es dann - wie versprochen - los.

Doch die von da an Tag für Tag veröffentlichten Telefonnummern, Adressen und sonstigen sensiblen Daten von Fernsehjournalisten, Satirikern, deutschen Rappern und YouTubern schreckten in der Online-Welt niemanden auf. Vielleicht auch, weil zunächst kaum jemand von der Aktion Notiz nahm.

Verunsicherung unter Politikern

Auch dann nicht, als auf dem Twitter-Account am 20. Dezember Links zu einer Liste mit Daten von Politikern der FDP auftauchten. Bis zum Heiligabend folgten weitere Listen mit Nummern, Chats und Adressen von Politikern aller anderen im Bundestag vertretenen Parteien mit Ausnahme der AfD.

Dann kam es plötzlich zu Anrufen von Unbekannten bei dem SPD-Politiker Martin Schulz. Ein Mitarbeiter des ehemaligen SPD-Spitzenkandidaten teilte am Donnerstag der Polizei in Aachen mit, Schulz sei von Fremden auf seiner nicht öffentlich zugänglichen Nummer angerufen worden. Daraufhin wurde den Angaben zufolge auch das Landeskriminalamt von Nordrhein-Westfalen aktiv.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) war bereits deutlich früher informiert. "Wir haben schon sehr frühzeitig im Dezember auch schon mit einzelnen Abgeordneten, die hiervon betroffen waren, dementsprechend gesprochen", sagte Präsident Arne Schönbohm im Fernsehsender Phoenix. Es seien auch Gegenmassnahmen eingeleitet worden.

Kurz vor Mitternacht nahm das Kanzleramt erstmals Kenntnis von den veröffentlichten Daten und dem Ausmass des Angriffs. Und wenige Stunden nachdem die Bundestagsverwaltung von dem Datenklau erfahren hatte, fand das scheinbare Desinteresse am 04. Januar schlagartig ein Ende.

Viele Abgeordnete hörten an diesem Freitagmorgen eher zufällig, manche aus den Medien, dass ihre Handynummern und Chat-Nachrichten im Netz kursierten. "Was steht denn von mir drin?", fragte ein Bundestagsabgeordneter, als ihn eine Journalistin anrief. Es herrscht maximale Verunsicherung.

Veröffentlichte Daten allem Anschein nach nicht sonderlich brisant

Darauf, dass die Daten aus dem Netz des Bundestages abgeschöpft wurden, gibt es bisher keinen Hinweis. Auch für einen Hackerangriff auf das Netz der Bundesregierung spricht derzeit nichts.

Eine hohe politische Brisanz wie bei den Veröffentlichungen geheimer Regierungsdokumente durch Wikileaks hat die "Adventskalender"-Aktion bislang nicht.

Eine erste Durchsicht der verbreiteten Daten fördert auf jeden Fall - anders als bei den Veröffentlichungen der Enthüllungsplattform - keinen politischen Skandal zutage. Überhaupt wirkt der "Adventskalender" eher wie eine Aktion von jemandem, der sich wichtig machen will.

Unangenehm ist es für die Betroffenen dennoch, wenn Fremde nachlesen können, wie sie mit ihren Kindern reden. Oder wenn Abgeordnete im Chat über Parteifreunde lästern.

Teilweise veraltete Informationen weitergegeben

Wobei einige der Daten auch nicht mehr ganz taufrisch sind. Der Manager von Moderator Jan Böhmermann erklärte, man habe die Veröffentlichungen am Donnerstagabend durchgesehen.

Nach einer ersten Einschätzung des Managements handelt es sich um Daten, die nicht aktuell sind - manche sogar sehr alt. Böhmermanns derzeitige Adresse etwa finde sich nicht darunter.

Die Daten könnten aus einem älteren Cyberangriff stammen. Einen solchen habe es etwa vor einem halben Jahr auf ein Mail-Konto Böhmermanns gegeben, sagte der Manager. Das habe man damals auch den Behörden gemeldet.

Böhmermann ist nicht der einzige prominente TV-Satiriker, den sich "G0d" für seine Aktion ausgeguckt hatte. So ist beispielsweise auch der Kabarettist und "Extra 3"-Moderator Christian Ehring betroffen. Möglicherweise hat sich der Datendieb dabei gezielt Prominente ausgesucht, die er nicht mag.

Twitter-Account lässt möglicherweise Rückschlüsse zu

Vielleicht lassen sich von seiner Personenauswahl auch Rückschlüsse auf seine politische Einstellung und auf sein Alter ziehen.

Wer sich seinen Twitter-Account anschaut, kann dahinter einen jungen, politisch eher rechts zu verortenden Menschen vermuten, der die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Medien durch den Rundfunkbeitrag kritisch sieht, in der Gamer-Szene unterwegs ist und dem Feminismus ablehnend gegenüber steht.

Zudem sind bisher nur die Politiker einer im Bundestag vertretene Partei nicht von dem Datenklau betroffen: Abgeordnete der AfD. Auch dieser Umstand könnte ein Hinweis auf die politische Orientierung der Person hinter "G0d" sein.

Um wen es sich bei dem User handelt, darauf geben die zuständigen Sicherheitsbehörden vorerst keine Antwort. (thp/dpa)

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