Die deutsche Bundesregierung korrigiert ihren Kurs: Die ungebremste Einreise von Flüchtlingen nach Deutschland ist beendet. Das Schengen-Abkommen wird vorübergehend ausser Kraft gesetzt. Zudem stehen die Züge zwischen Deutschland und Österreich still.
Deutschland setzt als Reaktion auf die Flüchtlingskrise das Schengen-Abkommen ausser Kraft und führt vorübergehend wieder Grenzkontrollen ein. Das bestätigte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am frühen Sonntagabend auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Die Massnahme sei einvernehmlich beraten und beschlossen worden. Man habe auch die österreichische Regierung "konsultiert". Schwerpunkt sei zunächst die Grenze zu Österreich.
"Wir brauchen einfach mehr Zeit und ein gewisses Mass an Ordnung an unseren Grenzen", sagte de Maizière. Nach geltendem EU-Recht sei Deutschland für den grössten Teil der Flüchtlinge nicht zuständig. "Asylsuchende müssen akzeptieren, dass sie sich den Staat nicht einfach aussuchen können. Das wird auch gelten, wenn es zu einem europaweiten Verteilsystem kommt." De Maizière appellierte zudem an die anderen EU-Mitgliedsstaaten, sich an die Gesetze zu halten. Die zuständigen Länder sollten die Flüchtlinge registrieren und die Asylverfahren abwickeln.
Nach Informationen des "Spiegel" sind alle Bundespolizisten in Alarmbereitschaft versetzt worden. Alle verfügbaren Polizisten würden nach Bayern geschickt, um die Grenzen zu schliessen. Wie die Austria Presse Agentur (APA) unter Berufung auf die Österreichischen Bundesbahnen meldet, steht zudem seit 17:00 Uhr der Zugverkehr zwischen Österreich und Deutschland still. Die Sperre soll noch bis zum Montagmorgen um 6.00 Uhr andauern. "Die DB hat auf Weisung der Bundesbehörden ab sofort für die kommenden zwölf Stunden den Zugverkehr zwischen Österreich und Deutschland eingestellt", sagte eine Bahnsprecherin.
Die "Grenzen der Belastbarkeit sind erreicht", hatte Verkehrsminister
Dazu gehört nach Dobrindts Ansicht Hilfe für diejenigen Länder, in welche die Flüchtlinge als erstes fliehen. Ebenso wie eine wirksame Kontrolle der deutschen Grenzen: "Weil auch wegen des Totalversagens der EU der Schutz der EU-Aussengrenzen nicht mehr funktioniert". Deutschland helfe bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise seit Monaten um ein Vielfaches mehr als alle anderen Länder in Europa.
Bis zu 10.000 Flüchtlinge in Österreich erwartet
Österreich stellen Grenzkontrollen vor ein immenses Problem: Eine Weiterreise der aus Ungarn ankommenden Flüchtlinge ist damit nicht mehr möglich. Es droht ein Rückstau. Deutschland hatte jedoch von Anfang an klargestellt, dass die unkontrollierte Einreise nur eine vorrübergehende Massnahme sein würde - das betonte etwa Bundeskanzlerin
An der österreichisch-ungarischen Grenze in Nickelsdorf sind seit Sonntagfrüh 1.500 Flüchtlinge angekommen. Die Polizei erwartet im Lauf des Tages noch zwischen 6.000 und 8.000 weitere. Zunächst werden die Menschen mit Zügen und Bussen nach Wien gebracht. Die Kommunikation mit den ungarischen Behörden sei seit Samstagabend eingestellt, sagte ein Sprecher des österreichischen Innenministeriums der APA.
Bayern will Sofortmassnahmen beschliessen
Die "Kronen-Zeitung" und "Die Presse" hatten zuvor berichtet, dass die Kontrollen bereits beschlossene Sache seien. Noch vor dem Sondertreffen der EU-Innenminister am Montag in Brüssel habe die deutsche Bundesregierung Österreichs Kanzler Werner Faymann informiert, schrieb die "Krone". "Angela Merkel hat aber im Telefongespräch mit Werner Faymann versichert, dass es zu keinem Chaos kommen wird", zitierte die Zeitung einen Informanten aus dem Kanzleramt.
Besonders Bayern ist durch die anhaltende Flüchtlingskrise gebeutelt. Allein die Stadt München hat seit Ende August 63.000 Flüchtlinge empfangen und versorgt. In Ungarn registrierte die Polizei am Samstag mit 4.330 Neuankömmlingen einen Tagesrekord. An der österreichisch-ungarischen Grenze in Nickelsdorf trafen am Samstag 6.600 Flüchtlinge ein. Die Deutsche Bahn räumte erstmals einen regulären ICE für Flüchtlinge. Die Passagiere des Zugs von München nach Berlin mussten auf andere Züge umsteigen.
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