Die EU hält auch in Zeiten des Brexits - und sie hält zusammen. Zwei Wochen vor der Europawahl machen sich die 27 Staaten Mut. Aber nicht alles ist eitel Sonnenschein.
Die EU-Staats- und Regierungschefs planen für den 28. Mai einen Sondergipfel, um unmittelbar nach der Europawahl mit der Auswahl des neuen EU-Kommissionspräsidenten zu beginnen. Das teilte der österreichische Kanzler
Bundeskanzlerin
Überschattet wurde das Treffen zur Zukunft der EU von der neuen Eskalation zwischen den USA und dem Iran wegen des Atomabkommens, der die EU mehr oder weniger hilflos zusehen muss.
Gestritten wurde am Rande bereits über die Vergabe der EU-Spitzenjobs nach der Europawahl in zwei Wochen.
Treffen der 27 EU-Mitglieder - Grossbritannien ist nicht dabei
Der Gipfel ohne Grossbritannien sollte kurz vor der Wahl ein Signal des Aufbruchs für die 27 bleibenden EU-Staaten nach dem geplanten Brexit setzen. Thema war die "strategische Agenda" für die nächsten fünf Jahre.
Eine "Erklärung von Sibiu" bekräftigt die EU-Grundwerte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit (siehe unten). Der bereits nach einer guten Stunde verabschiedete Text richtet darüber hinaus den Fokus auf die enge und faire Zusammenarbeit sowie eine stärkere Rolle für Europa auf der Weltbühne.
Merkel betonte bei ihrer Ankunft die symbolische Bedeutung des Gipfels 30 Jahre nach der Wende in Osteuropa. Unbeschadet aller politischen Unterschiede seien alle in der EU überzeugt, dass gemeinsames Handeln besser sei.
Die EU müsse sich im internationalen Wettbewerb behaupten. "Wir müssen innovativ sein, wir müssen stark sein, wir müssen geeint sein. Und dafür werden wir heute werben."
Macron formuliert ehrgeizige Ziele
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderte, Europa müsse vor allem in Wachstumstreiber wie Künstliche Intelligenz investieren. Er pochte auch abermals auf einen besseren Grenzschutz und einen gemeinsamen Kampf gegen den Klimawandel.
Macron hatte schon vorab mit Belgien, Luxemburg, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Portugal und Spanien in einem gemeinsamen Papier neue ehrgeizige Ziele gefordert: Die EU solle spätestens bis 2050 unter dem Strich keine Klimagase mehr in die Atmosphäre blasen. Macron sagte, er hoffe, dass auch Deutschland dies unterstützen werde.
Streit trotz demonstrativer Einigkeit
Trotz aller Appelle der Einigkeit wurden auch in Sibiu Streitpunkte offenbar. Österreichs Kanzler Sebastian Kurz bekräftigte seine eigene Forderung nach einer Überarbeitung der EU-Verträge. Macrons Klimainitiative lehnte er aber klar ab, weil Frankreich sich zu sehr auf Atomkraft verlasse.
Uneins sind sich die Staats- und Regierungschefs auch über die Besetzung der EU-Spitzenposten nach der Wahl. Sie streiten unter anderem darüber, ob der Spitzenkandidat der stärksten Fraktion im Europaparlament auch Chef der EU-Kommission werden soll. Ob es eine Art Automatismus gibt, ist von grosser Bedeutung für den deutschen Bewerber für das Amt, den CSU-Politiker
Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis warb für das Spitzenkandidaten-Modell und begründete dies damit, dass Wähler damit Einfluss auf die Auswahl der EU-Vertreter hätten. Der luxemburgische Ministerpräsident Xavier Bettel hielt dagegen: Die Spitzenkandidaten seien nur eine Auswahl der Parteien und "keine gute Idee".
Eine Vorentscheidung fällt frühestens bei einem anvisierten Sondergipfel in Brüssel am 28. Mai - kurz nach den Wahltagen 23. bis 26 Mai. Doch muss sich Weber auf Gegenwind einstellen.
Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras positionierte sich klar: "Wir brauchen einen Präsidenten, der die Einheit der EU und ihre fundamentalen Ideen unterstützt: Solidarität, Demokratie, sozialer Zusammenhalt", sagte der Linke. "Dieser Präsident ist nicht Weber, das ist meine Position."
"Erklärung von Sibiu" - die zehn Prioritäten im Überblick
"Ein Europa": Von Ost nach West und Nord nach Süd kämpften vor rund 30 Jahren Millionen Menschen für Freiheit und Einheit und rissen den Eisernen Vorhang, der Europa teilte, nieder, heisst es in dem Papier. Für Spaltungen, die gegen das kollektive Interesse wirkten, gebe es auch heute keinen Platz.
"Vereint durch dick und dünn": Die EU-Staaten sichern einander Solidarität in Notzeiten zu. "Wir werden immer zusammenhalten."
"Gemeinsame Lösungen suchen": Die EU-Staaten versichern, sich gegenseitig respekt- und verständnisvoll zuzuhören.
Schutz von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit: Mühsam erkämpfte Grundfreiheiten dürften niemals als selbstverständlich gelten, wird gemahnt. "Wir werden unsere in den Verträgen verankerten gemeinsamen Werte und Grundsätze wahren."
Mehr Bürgernähe: "Wir werden auch weiterhin die Sorgen und Hoffnungen aller Europäerinnen und Europäer anhören, die Union ihren Bürgerinnen und Bürgern näher bringen und wir werden dementsprechend ehrgeizig und entschlossen handeln."
Gerechtigkeit: Ungleichheiten zwischen den einzelnen Staaten sollen reduziert werden.
Einfluss: Die EU soll mit den nötigen Mitteln ausgestattet werden, um ihre Ziele umsetzen zu können.
Der Jugend die Zukunft sichern: In junge Menschen soll mehr investiert und die EU fit fürs 21. Jahrhundert gemacht werden.
Sicherheit: Die Sicherheit der europäischen Bürger soll durch internationale Kooperationen und den Ausbau des kulturellen Einflusses sowie Investitionen in Rüstung gewährleistet werden.
Europa als globale Führungsmacht: Im Kampf gegen weltweite Probleme wie den Klimawandel und den Schutz der Umwelt will die EU als verantwortungsvoller Partner auftreten. Zudem will sie dazu beitragen, die regelbasierte internationale Ordnung aufrecht zu erhalten. (hub/ank/dpa)
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