Bulgarien hat am Sonntag parallel zur Europawahl erneut vorzeitig ein neues Parlament gewählt. Der bis März mitregierende prowestliche Mitte-Rechts-Wahlsieger Gerb-SDS bot nun den anderen Parteien an, sich an einer von Gerb-SDS dominierten Expertenregierung zu beteiligen. Diese soll das EU-Land aus der Wahlspirale aus sechs Parlamentswahlen binnen drei Jahren herausführen.
Das Bündnis lade alle Parteichefs ein, über eine künftige Regierung und die Konstituierung des Parlaments zu sprechen, sagte Gerb-Chef Boiko Borissow am Donnerstag in einer ersten Reaktion nach der Wahl. Gerb-SDS erhielt 24,7 Prozent der Stimmen, verfehlte aber die absolute Mehrheit, um alleine regieren zu können.
Borissow erklärte, er wolle nicht Regierungschef werden, um das Umfeld für die Regierungsbildung zu entspannen. Er bestand allerdings darauf, dass sein Gerb-SDS-Bündnis den Regierungschef sowie die Aussen- und Verteidigungsminister stelle. Angesichts der politischen Stimmung schloss er eine Zweiparteien-Regierung mit der zweitplatzierten DPS (Bewegung für Rechte und Freiheiten der türkischen Minderheit, rund 17 Prozent) aus. Ebenso ausgeschlossen seien Regierungsgespräche mit der viertplatzierten, prorussischen und EU-skeptischen Wasraschdane (Wiedergeburt, 13,78 Prozent).
Eine Regierung soll nach Borissows Worten nur mit Parteien gebildet werden, die die euro-atlantischen Werte teilten. Die Gespräche soll ein Team aus drei Gerb-Vertreterinnen führen.
Bulgariens euro-atlantischen Partner erwarteten eine Regierung, betonte Borissow. Sein Bündnis soll als stärkste politische Kraft von Staatschef Rumen Radew den ersten von insgesamt drei Regierungsaufträgen erhalten. Sollte damit keine Regierung zustande kommen, würde es im Herbst eine weitere Neuwahl geben, warnte Borissow.
Schwierige Regierungsbildung
Die Regierungsbildung in Sofia zeichnete sich wenige Tage nach der Neuwahl als kompliziert ab. Das bis März mit Borissows Bündnis regierende, ebenso prowestliche liberal-konservative Bündnis PP-DB schloss Gespräche mit dem politischen Rivalen Gerb-SDS ausdrücklich aus. Unabhängig davon, was für eine Regierung Borissow vorschlage, werde sein Bündnis eine klare und konstruktive Opposition sein, sagte PP-Co-Chef Kiril Petkow in einem Video auf Facebook. Man wolle aber jede Politik für Europa und gegen die Korruption unterstützen.
Ins neu gewählte Parlament zogen insgesamt sieben Parteien ein. Auch die mit 4,65 Prozent der Stimmen kleinste unter ihnen, die populistische Welitschie (Herrlichkeit), lehnte eine gemeinsame Regierung mit Gerb-SDS ab. "Ich erwarte, dass von Äusserungen jetzt zum Dialog zwischen den politischen Kräften übergegangen wird", sagte Staatspräsident Rumen Radew. © dpa
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