Seit Wiederaufflammen des Gaza-Kriegs sind rund 500.000 Palästinenser erneut auf der Flucht. Laut UN fehlt es an Zelten, Nahrung und Medizin. Die humanitäre Lage ist so schlecht wie lange nicht mehr.

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Die wieder aufgeflammten Kämpfe zwischen Israels Armee und der islamistischen Hamas im Gazastreifen treiben immer mehr Menschen in die Flucht. Die Zahl der seit Mitte März vertriebenen Palästinenser sei inzwischen auf schätzungsweise eine halbe Million angestiegen, teilte eine Sprecherin der Vereinten Nationen in New York unter Berufung auf das UN-Nothilfebüro (OCHA) mit. Zuletzt waren die UN noch von rund 400.000 Vertriebenen ausgegangen.

Israels Armee ruft regelmässig Palästinenser dazu auf, bestimmte Gebiete in dem abgeriegelten Küstengebiet zu verlassen, in denen sie militärisch gegen die Hamas vorgehen will. Insgesamt leben im dicht besiedelten Gazastreifen mehr als zwei Millionen Menschen.

Es mangelt an Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten

Es fehle in dem Küstengebiet an grundlegendsten Mitteln zur humanitären Versorgung, erklärte die UN-Sprecherin. Zelte seien nicht mehr verfügbar, viele Familien erhielten lediglich Decken und Planen. Notunterkünfte seien überfüllt, es mangele an Nahrung, Wasser und Medikamenten. Seit etwa eineinhalb Monaten lässt Israel keine lebenswichtigen humanitären Hilfsgüter mehr in den abgeriegelten Küstenstreifen, um den Druck auf die Hamas zu erhöhen.

Die Hamas hat Israel vorgeworfen, durch die Blockade von Hilfsleistungen in den Gazastreifen gezielt "Hunger als Waffe" einzusetzen. Die Ankündigung des israelischen Verteidigungsministers Israel Katz, keine humanitäre Hilfe in das Palästinensergebiet zu lassen, sei "ein weiteres öffentliches Eingeständnis eines Kriegsverbrechens", erklärte die Palästinenserorganisation am Donnerstag.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs nach dem Massaker der Hamas und anderer islamistischer Terroristen in Israel am 7. Oktober 2023 wurden UN-Angaben zufolge rund 90 Prozent der Bewohner des Gazastreifens vertrieben - viele von ihnen gleich mehrfach. Im Zuge einer zweimonatigen Waffenruhe Anfang des Jahres kehrten viele Binnenflüchtlinge in ihre Heimatorte zurück. Israel nahm Mitte März aber seine massiven Angriffe wieder auf, nachdem keine Einigung mit der Hamas auf die Konditionen für eine Verlängerung der Feuerpause erzielt worden war.

Netanjahu erörtert Geisel-Frage mit seinen Unterhändlern

In den indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas über eine weitere Waffenruhe erörterte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit den Unterhändlern und Leitern der Sicherheitsbehörden die Geisel-Frage. Der Regierungschef habe angeordnet, weiter auf die Freilassung der Geiseln hinzuarbeiten, teilte Netanjahus Büro mit. Nach israelischen Informationen werden derzeit noch 24 lebende Geiseln sowie 35 Leichen von Verschleppten im Gazastreifen festgehalten.

Unterdessen prüft die Hamas Medienberichten zufolge weiter den jüngsten israelischen Vorschlag für die Freilassung der verbliebenen Geiseln und eine neue Waffenruhe. Die Positionen sind allerdings verhärtet. Während die palästinensische Terrororganisation darauf besteht, dass sich Israel nach der Freilassung der letzten Geiseln militärisch aus dem Gazastreifen zurückzieht und den Krieg beendet, will die israelische Regierung die Hamas entwaffnen und eine dauerhafte militärische Präsenz in Teilen des Küstengebiets aufrechterhalten.

Proteste gegen die Hamas im Gazastreifen

Der Kurs der Hamas sorgt auch bei vielen Palästinensern für Wut. Hunderte Palästinenser haben nach Angaben von Augenzeugen an Anti-Hamas-Protesten in der Stadt Beit Lahia im Norden des Gazastreifens teilgenommen. "Hamas raus, raus" oder "Hamas ist nur Müll" hätten sie gerufen, sagte der Demonstrant Abu Ismail Waschah am Mittwoch. Er habe sich den Protesten angeschlossen, weil er "jede Bewegung" unterstütze, "die ein Ende des Krieges fordert".

Die Demonstration ist mindestens die dritte für ein Ende des Krieges im Gazastreifen in diesem Monat. Die Demonstranten unterstützen laut dem Teilnehmer Mohammed al-Masri den Vermittler Ägypten.

Der Demonstrant Hassan Abu Dscharad rief zu einer Freilassung der israelischen Geiseln auf. "Wir rufen die Weisen unter uns auf, die entführten Israelis sofort freizulassen", sagte er. Gleichzeitig forderte er die israelische Bevölkerung auf, "ihrem Hass für uns abzuschwören". Die Palästinenser seien "ein Volk, das das Leben und den Frieden liebt". (lko)

Verwendete Quellen:

  • dpa
  • afp

Erneut Proteste gegen die Hamas im Gazastreifen

Im Gazastreifen sind erneut Menschen auf die Strasse gegangen, um gegen die radikal-islamische Hamas zu demonstrieren. Sie forderten die Freilassung aller israelischen Geiseln und das Ende des Gaza-Krieges.