Beim G7-Gipfel der grossen Industriestaaten in Biarritz sah es noch so aus, als ob Entspannung mit dem Iran möglich ist. Doch nun macht Teheran mit einer neuen Drohgebärde Druck. Auch Washington legt noch einmal nach.

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Im gefährlichen Atomkonflikt mit dem Iran droht eine weitere Eskalation. Die iranische Staatsführung will ab Samstag weitere Teile des historischen Atomabkommens von 2015 aufkündigen und damit den Druck auf ihre Verhandlungspartner erhöhen. Präsident Hassan Ruhani kündigte am Mittwochabend die dritte Stufe des Rückzugs aus der Vereinbarung an. Zugleich macht der Iran weitere Verhandlungen von europäischen Finanzhilfen in Milliardenhöhe abhängig.

Die EU äusserte sich kritisch zu den Ankündigungen. "Wir fordern den Iran auf (...), von weiteren Massnahmen Abstand zu nehmen", sagte ein Sprecher am Donnerstag in Brüssel. Zudem müsse der Iran die bereits eingeleiteten Schritte zurücknehmen. Frankreich, das sich in einer Vermittlerrolle sieht, teilte mit, der Iran müsse jegliche Handlung unterlassen, die seinen Verpflichtungen widerspreche. Paris versuche, die Spannungen abzubauen, erklärte eine Sprecherin des Aussenministeriums.

Trump will neue Sanktionen

In der dritten Stufe solle die iranische Atomorganisation ohne Einschränkung alles in Angriff nehmen, was für den Ausbau der nationalen Atomtechnologie und für die Forschung notwendig sei, sagte Ruhani. Er sprach davon, dass die Details am Freitag bekannt gegeben werden sollen - später war in Teheran dann aber vom Samstag die Rede. Ruhani versicherte, die Vertragspartner des Abkommens hätten noch zwei Monate Zeit, den Atomdeal doch noch vertragsgerecht umzusetzen. In dem Fall werde auch der Iran das Atomabkommen wieder einhalten.

Diese Forderung läuft auf eine Aufhebung der US-Sanktionen hinaus, was US-Präsident Donald Trump ablehnt. Er ordnete am Mittwoch sogar weitere Sanktionen gegen den iranischen Ölsektor an. Ausserdem bieten die USA nun jedem eine Belohnung von bis zu 15 Millionen Dollar, der Informationen liefert, mit denen die iranischen Revolutionsgarden von ihren Finanzquellen abgeschnitten werden können. Dazu gehörten Hinweise auf illegale Ölverkäufe und Öllieferungen auf dem Seeweg.

USA: Strategie des maximalen Drucks

Urheber des Konflikts um das internationale Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe sind vor allem die USA. Trump war 2018 im Alleingang aus dem Abkommen ausgestiegen. Er will den Iran mit maximalem Druck dazu zwingen, ein neues Atomabkommen mit schärferen Auflagen auszuhandeln. Ausserdem soll ein neues Abkommen auch auf das Raketenprogramm des Landes ausgeweitet werden. Die Führung in Teheran lehnt dies alles ab und reagierte zuletzt mit einer wieder höheren Urananreicherung. Zudem droht das Land damit, den Schiffsverkehr durch die strategisch wichtige Strasse von Hormus zu behindern.

Bei den Finanzverhandlungen in Paris geht es nach iranischen Angaben um eine Kreditlinie in Höhe von ungefähr 15 Milliarden US-Dollar (13,7 Milliarden Euro). Das Darlehen soll als eine Art Entschädigung für die US-Wirtschaftssanktionen dienen, die das Land hart treffen.

Irans Nachbarn in Sorge

Besonders grosse Sorgen bereitet das iranische Atomprogramm seit jeher dem Nachbarn und Erzfeind Israel. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wollte in London mit Premierminister Boris Johnson und US-Verteidigungsminister Mark Esper sprechen. Nach Angaben seines Büros wird es dabei auch darum gehen, "den Terror und die Aggressionen Irans" in die Schranken zu weisen.

Der Iran erkennt Israel nicht an und sieht in dem Land seinen Staatsfeind Nummer eins. Die Befreiung Palästinas von der "zionistischen Besatzungsmacht" gehört zur aussenpolitischen Doktrin. Netanjahu wiederum wirft der Führung in Teheran regelmässig vor, sein Land zerstören zu wollen. Er ist auch einer der schärfsten Kritiker des internationalen Atomabkommens und fordert - wie Trump - eine eiserne Hand im Umgang mit dem Iran.

Sieben freigelassene Besatzungsmitglieder des Öltankers, der im Juli vom Iran beschlagnahmt worden war, sind unterdessen auf dem Weg zu ihren Familien. Die "Stena Impero" fuhr unter britischer Flagge, als sie von den iranischen Revolutionsgarden in der Strasse von Hormus festgesetzt wurde.  © dpa

Irans Präsident schliesst "bilaterale Gespräche" mit den USA aus

Der Konflikt zwischen Iran und den USA schwelt - eine diplomatische Lösung scheint nicht in Sicht: Irans Präsident Ruhani hat einem möglichen Treffen mit Trump eine Absage erteilt und erhöht dabei den Druck auf Europa - sonst drohe ein Rückzug aus dem internationalen Atomabkommen.
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