Ungeachtet aller Friedensappelle tobt der Krieg in Gaza weiter. Die humanitäre Lage ist katastrophal. Nun wurden mehrere ausländische Helfer getötet.
Bei einem mutmasslich israelischen Luftangriff im Gazastreifen sind nach Angaben der Hilfsorganisation World Central Kitchen mehrere ihrer Mitarbeiter getötet worden. "Die israelische Regierung muss dieses wahllose Töten stoppen", schrieb der Gründer der Organisation, der in den USA lebende spanische Starkoch José Andrés, am frühen Dienstagmorgen auf der Plattform X.
Der australische Premierminister Anthony Albanese bestätigte den Tod einer australischen Mitarbeiterin der Hilfsorganisation und verurteilte den Angriff scharf. "Dies ist eine Tragödie, die niemals hätte passieren dürfen", zitierten australische Medien Albanese am Dienstag. Seine Regierung habe die israelische Regierung wegen des Vorfalls direkt kontaktiert. Unter den mindestens vier weiteren Opfern sind laut palästinensischen Medienberichten auch Mitarbeiter von World Central Kitchen aus Polen, Irland und Grossbritannien sowie ihr palästinensischer Fahrer.
Israels Armee: Untersuchen Umstände des "tragischen Vorfalls"
Israels Armee schrieb auf Telegram, das Militär führe "eine gründliche Untersuchung auf höchster Ebene durch, um die Umstände dieses tragischen Vorfalls zu verstehen". World Central Kitchen betreibt in Gaza mit örtlichen Partnern Gemeinschaftsküchen, die Mahlzeiten für die Bevölkerung zubereiten. Derzeit beteiligt sich die Organisation an Hilfslieferungen, die seit März von Zypern aus über das Meer in das Kriegsgebiet gelangen. Sie hat dabei auch die Verteilung der Hilfsgüter vor Ort übernommen.
Israel müsse aufhören, humanitäre Hilfe einzuschränken, Zivilisten und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen zu töten und Lebensmittel als Waffe einzusetzen, schrieb Andrés. "Keine weiteren unschuldigen Todesopfer. Frieden beginnt mit unserer gemeinsamen Menschlichkeit. Er muss jetzt beginnen", fügte er hinzu.
Foto- und Videoaufnahmen, die in der Nacht in sozialen Medien kursierten, sollen die getöteten Mitarbeiter von World Central Kitchen zeigen. Zu sehen seien ihre Leichen in Schutzwesten und ihre blutverschmierten Pässe. Palästinensischen Angaben zufolge seien die Australierin und ihre Kollegen sowie ihr palästinensischer Fahrer zum Zeitpunkt des Luftangriffs gerade dabei gewesen, Hilfsgüter auszuliefern, schrieb die Zeitung "The Sydney Morning Herald". Diese seien nur wenige Stunden zuvor mit einem Schiff aus Zypern in Gaza eingetroffen.
In der Stellungnahme der israelischen Armee hiess es unterdessen, die eigenen Streitkräfte unternähmen umfangreiche Anstrengungen, um die sichere Lieferung von humanitärer Hilfe zu ermöglichen. Man arbeite eng mit World Central Kitchen zusammen, um die Menschen im Gazastreifen mit Nahrungsmitteln und humanitärer Hilfe zu versorgen.
Japan will Zahlung an UN-Palästinenserhilfswerk wieder aufnehmen
Die japanische Regierung will derweil das UN-Palästinenserhilfswerk wieder finanziell unterstützen. Das kündigte Aussenministerin Yoko Kamikawa am Dienstag laut der Nachrichtenagentur Kyodo an. Die Entscheidung erfolgte angesichts der akuten humanitären Situation im Gazastreifen.
Das UN-Hilfswerk UNRWA war stark in die Kritik geraten. Einigen Mitarbeitern wurde vorgeworfen, am Massaker der islamistischen Hamas vom 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel beteiligt gewesen zu sein. UN-Generalsekretär António Guterres hatte umfassende Aufklärung der Vorwürfe versprochen. Die Zusammenarbeit mit mehreren Angestellten wurde beendet. Mehrere Länder stellten wegen der Anschuldigungen vorübergehend die Zahlungen an UNRWA ein, darunter die grössten Geldgeber, die USA und Deutschland. Auch Japan hatte eine geplante Zahlung von 35 Millionen Dollar eingefroren.
Netanjahu will Israel-kritischen Sender Al-Dschasira stoppen
Israels Ministerpräsident
Israels Parlament hatte unmittelbar zuvor das sogenannte Al-Dschasira-Gesetz gebilligt, das eine Schliessung ausländischer TV-Sender ermöglicht, falls diese als Risiko für die Staatssicherheit eingestuft werden sollten. Al-Dschasira hat seit Beginn des Gaza-Kriegs ausführlich über die katastrophale Lage in Gaza berichtet und Bilder von Tod und Zerstörung gezeigt, die in israelischen TV-Sendern kaum zu sehen sind.
USA und Israel planen Treffen zu Rafah-Offensive
Vertreter der US-Regierung und der israelischen Führung wollen voraussichtlich in der kommenden Woche bei einem Treffen über Israels geplante Bodenoffensive in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifen beraten. Nach einer Video-Schalte mit Vertretern beider Seiten veröffentlichte das Weisse Haus am Montag eine gemeinsame Stellungnahme, in der ein persönliches Treffen in der kommenden Woche in Aussicht gestellt wurde.
Beide Seiten verfolgten das gemeinsame Ziel, die Hamas in Rafah zu besiegen, hiess es. "Die US-Seite äusserte ihre Bedenken gegenüber verschiedenen Vorgehensweisen in Rafah." Die israelische Seite wiederum habe sich bereiterklärt, diese Bedenken zu berücksichtigen und weitere Gespräche zu führen. Israel will in Rafah nahe der ägyptischen Grenze die letzten Bataillone der Hamas zerschlagen. Die US-Regierung hält eine grossangelegte Bodenoffensive wegen der Hunderttausenden palästinensischen Zivilisten, die dort Schutz vor den Kämpfen gesucht haben, aber für falsch und möchte Israel Alternativen aufzeigen.
Irans Revolutionswächter bestätigen Tod von Generälen in Syrien
Nach dem mutmasslich israelischen Luftangriff in Syrien haben Irans Revolutionswächter (IRGC) den Tod von zwei Generälen aus ihren Reihen bestätigt. Bei der Attacke auf die Konsularabteilung der iranischen Botschaft in der Hauptstadt Damaskus seien die beiden Brigadegeneräle Mohammed-Resa Sahedi und Mohammed Hadi Hadschi Rahimi ums Leben gekommen, erklärten die IRGC am Montagabend. Fünf weitere Mitglieder der Revolutionsgarden seien bei dem Angriff getötet worden.
Irans Aussenamtssprecher Nasser Kanaani verurteilte die Attacke scharf und machte den Erzfeind Israel für die Tötung der Generäle verantwortlich. "Die Dimensionen dieses hasserfüllten Angriffs werden untersucht, und die Verantwortung für seine Folgen liegt beim aggressiven zionistischen Regime", sagte der Sprecher laut Mitteilung seines Ministeriums. "Die Islamische Republik Iran behält sich das Recht vor, Gegenmassnahmen zu ergreifen, und entscheidet über die Art der Reaktion".
USA: Israel hat jedes Recht zur Verteidigung
Die USA sind die wichtigste Schutzmacht Israels und unterstützen das Land jährlich mit Milliardenbeträgen, von denen ein beachtlicher Teil in Raketenabwehr und andere Militärtechnik fliesst. Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern sind angesichts der hohen Zahl ziviler Opfer im Gaza-Krieg derzeit jedoch sehr angespannt. Als Reaktion auf Israels Kriegsführung werden Forderungen lauter, Waffenlieferungen an den Verbündeten zu beschränken. Rüstungslieferungen an das Land zögen sich mitunter über mehrere Jahre hin, sagte der Sprecher des US-Aussenministeriums Matthew Miller am Montag in Washington.
Israel sei umgeben von Akteuren, die auf dessen Zerstörung aus seien, nicht nur die Hamas, sondern auch der Iran und seine Stellvertreter, etwa die libanesische Hisbollah-Miliz. "Wir glauben, dass Israel jedes Recht hat, sich gegen diese Gegner zu verteidigen", sagte Miller. Die "Washington Post" hatte am Freitag unter Berufung auf namentlich nicht genannte Beamte im Pentagon und Aussenministerium berichtet, die US-Regierung habe in den vergangenen Tagen "in aller Stille" neue Bomben und Kampfflugzeuge für Israel genehmigt. (dpa/the)
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