Mitten in einem Mehrfrontenkrieg hat Israels Ministerpräsident Netanjahu den erfahrenen Verteidigungsminister gefeuert. Nun nennt Galant drei Beweggründe für den dramatischen Schritt.

Mehr News zum Krieg in Nahost

Nach seiner Entlassung hat der israelische Verteidigungsminister Joav Gallant vor einer "moralischen Finsternis" in seinem Land gewarnt. Der Staat Israel sei mit vielen Herausforderungen konfrontiert im Kampf gegen den Erzfeind Iran und seine Helfershelfer, mahnte er gleichzeitig.

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte Gallant zuvor entlassen. Er habe das Vertrauen in den Minister verloren, hiess es in einer Mitteilung aus dem Büro des Regierungschefs. Nachfolger solle der bisherige Aussenminister Israel Katz werden.

Gallant: Strengreligiöse Männer zum Wehrdienst

Gallant nannte drei Streitpunkte mit Netanjahu als Auslöser seiner Entlassung. Dabei handele es sich um seinen Widerstand gegen ein Gesetz, das viele strengreligiöse Männer in Israel vom Wehrdienst befreien soll, seine Forderung nach einem Deal zur Freilassung der Geiseln in der Gewalt der Hamas sowie nach der Einrichtung einer staatlichen Kommission zur Untersuchung des Massakers im israelischen Grenzgebiet am 7. Oktober vergangenen Jahres. Gallant warnte vor einem "Kainsmal" für die israelische Gesellschaft, sollten die noch lebenden Geiseln nicht befreit werden.

Medien: Galant auf Konfrontationskurs zum Militär

Israelische Medien hatten schon vor geraumer Zeit berichtet, Gallant habe sich gegen eine grosse militärische Operation im Libanon ausgesprochen, während Militärkreise dafür gewesen seien.

Auch Netanjahu habe zumindest nach aussen die Forderung nach einer Militäroperation unterstützt. Galant habe dagegen den diplomatischen Bemühungen um eine Einigung mit der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah und eine Gaza-Waffenruhe mehr Zeit geben wollen.

Zudem forderte Galant noch am Tag seiner Entlassung die Einberufung Tausender orthodoxer Juden zum Militär, was rechtsreligiöse Koalitionspartner Netanjahus vehement ablehnen.

Israels Präsident Herzog warnt vor "Umsturz" in Kriegszeiten

Israels Präsident Isaac Herzog hat nach der Entlassung von Verteidigungsminister Joav Gallant durch Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor politischen Turbulenzen in Kriegszeiten gewarnt. "Das Letzte, was der Staat Israel jetzt braucht, ist ein Umsturz und ein Bruch mitten im Krieg", erklärte Herzog am Dienstagabend. Die Sicherheit des Landes "muss über allen Überlegungen stehen", ergänzte er. "Aufgabe der Führung ist es, in dieser Zeit mit grosser Verantwortung zu handeln", hiess es in der Erklärung.

In Tel Aviv protestierten am Abend tausende Menschen gegen Gallants Entlassung. Sie skandierten gegen Netanjahu und dessen Regierung gerichtete Parolen, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP beobachteten. Zudem forderten sie von Katz den Abschluss einer Vereinbarung zur Freilassung der noch immer im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln.

USA würdigen Gallant als wichtigen Partner

Ausgerechnet am Tag der US-Präsidentschaftswahl entliess der israelische Ministerpräsident seinen Verteidigungsminister, den die USA nun als wichtigen Partner gewürdigt haben. Der Nationale Sicherheitsrat des Weissen Hauses erklärte laut "Washington Post", Gallant sei ein wichtiger Partner gewesen "in allen Angelegenheiten, die die Verteidigung Israels betreffen". Man werde "weiterhin mit dem nächsten israelischen Verteidigungsminister zusammenarbeiten".

Es werde erwartet, dass der neue Verteidigungsminister Israel Katz das Amt - vorbehaltlich der Zustimmung des Parlaments - in den nächsten 48 Stunden übernehmen werde, hiess es weiter.

Gallant unterhielt enge Kontakte zur US-Regierung; die USA gelten als engste Verbündete Israels. Seine Entlassung erfolgte am Tag der US-Präsidentschaftswahl. Erst am Montag noch hatte US-Aussenminister Antony Blinken mit Gallant telefoniert und betont, wie wichtig es sei, den Krieg im Gazastreifen zu beenden. (dpa/afp/bearbeitet von cgo)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.