Israels Premier Netanjahu steht unter Druck. Angesichts wachsender Sorgen vor einer Ausweitung des Krieges setzen die USA und Deutschland auf Gespräche in der Region. Der Tag im Überblick.
Drei Monate nach Beginn des Gaza-Kriegs hat die Sorge vor einer weiteren Eskalation zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon einen neuen Höhepunkt erreicht. Israelische Politiker und das Militär erneuerten ihre Drohungen gegen die vom Iran unterstützte Schiitenorganisation. Seit Kriegsbeginn feuert die mit der islamistischen Hamas verbündete Hisbollah immer wieder Raketen auf Israels Norden. Auch die Lage im Westjordanland bleibt äusserst angespannt.
Um eine Deeskalation im Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas zu erreichen und eine Ausweitung abzuwenden besuchen erneut sowohl Aussenministerin
Scharfe Warnung von Netanjahu
Der israelische Regierungschef
Israels Armeesprecher droht mit militärischer Gewalt
"Das diplomatische Zeitfenster mag klein sein, aber es steht denjenigen offen, die die Region in eine unnötige Eskalation hineinziehen", sagte Armeesprecher Daniel Hagari an die Hisbollah gerichtet. Israel müsse sicherstellen, dass sich das Massaker vom 7. Oktober an keiner seiner Grenzen wiederhole. "Wir haben die Pflicht, unser Volk zu verteidigen, wenn nicht mit diplomatischen Mitteln, dann mit Waffengewalt." Auch heute gab es gegenseitigen Beschuss an der Nordgrenze zum Libanon.
Die Hisbollah gilt als weitaus mächtiger als die Hamas. Ihr Einfluss reicht tief in den von Krisen gelähmten libanesischen Staat hinein. Die "Partei Gottes" entstand 1982 mit iranischer Unterstützung als Antwort auf die israelische Invasion im Libanon. Seitdem kämpft sie politisch, aber auch mit Gewalt gegen Israel. Die Gruppe ist in dem multikonfessionellen Land am Mittelmeer auch im Parlament vertreten. Finanziert wird sie vorrangig vom Iran.
Blinken: "Moment erheblicher Spannungen"
Die Nahost-Region befindet sich nach Worten von US-Aussenminister Blinken in einem "Moment erheblicher Spannungen". "Der Konflikt könnte schnell metastasieren, was noch mehr Leid in der Region verursachen würde", sagte Blinken nach einem Treffen mit Katars Ministerpräsident und Aussenminister Mohammed bin Abdulrahman Al Thani in Doha. Er und seine Gesprächspartner seien sich einig, dass der Konflikt sich nicht ausweiten dürfe.
"Vom Anfang an haben wir immer vor einer wahrscheinlichen und gefährlichen Ausweitung des Konflikts gewarnt", sagte Al Thani. Die Tötung eines Hamas-Anführers in Beirut und eines ranghohen iranischen Generals in Syrien - beide mutmasslich durch Israel angeordnet - seien zu verurteilen und ein Verstoss gegen die Souveränität dieser Länder.
Blinken forderte eindringlich, dass Israel die Zivilisten in Gaza bei seinen Angriffen dort besser schützen müsse. "Es ist absolut zwingend, dass Israel mehr zum Schutz von Zivilisten unternimmt", sagte Blinken. "Es sind schon viel zu viele unschuldige Palästinenser getötet worden." Dies werde er auch bei seinem geplanten Besuch in Israel in den nächsten Tagen ansprechen. Laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden bisher mehr als 22.000 Menschen getötet, darunter Tausende Frauen und Kinder.
Bericht: USA warnen Israel vor Eskalation im Libanon
Die USA sollen Israel einem Medienbericht zufolge vor einer "deutlichen Eskalation" im Nachbarland gewarnt haben. Die "Washington Post" berichtete von entsprechenden persönlichen Gesprächen von US-Regierungsvertretern mit Israel. Die Sorge unter Regierungsbeamten sei gross, dass eine Eskalation noch blutiger sein könnte als der letzte Krieg zwischen Israel und der Hisbollah im Jahr 2006. "Die Zahl der Opfer im Libanon könnte sich auf 300.000 bis 500.000 belaufen und eine massive Evakuierung ganz Nordisraels nach sich ziehen", zitierte das Blatt den Libanon-Experten Bilal Saab.
Innerhalb der US-Regierung herrschen laut dem Bericht unterschiedliche Auffassungen über Netanjahus Interessen. Einige US-Beamte seien der Meinung, der Likud-Parteichef wolle der Hisbollah Zugeständnisse entlocken. Andere seien der Auffassung, er könnte angesichts der wachsenden Kritik am Militäreinsatz den Konflikt ausweiten wollen, um sein politisches Überleben zu sichern.
Umfragen zufolge will die Mehrheit der Israelis, dass Netanjahu spätestens nach dem Ende des Gaza-Kriegs zurücktritt. Viele Menschen werfen ihm vor, bislang keine persönliche Verantwortung dafür übernommen zu haben, dass das Hamas-Massaker am 7. Oktober geschehen konnte. Erst am Samstag hatten wieder Tausende Israelis in der Metropole Tel Aviv für Neuwahlen und Neuverhandlungen über eine Freilassung der Geiseln demonstriert.
USA und Deutschland auf diplomatischer Mission in Nahost
Baerbock rief vor dem Abflug nach Israel eindringlich zum Ende der Gewalt auf. Israel habe das Recht und die Pflicht, sich gegen den Terror zu verteidigen, müsse aber Zivilisten bei seinem militärischen Vorgehen viel besser schützen, verlangte sie. Im Gazastreifen sei viel mehr humanitäre Hilfe gegen Hunger, Seuchen und Kälte nötig. Es ist bereits die vierte Reise Baerbocks nach Israel seit Kriegsbeginn.
Auch ihr US-Kollege Blinken machte auf die schlimmen Zustände im Gazastreifen aufmerksam. Die Ernährungssituation für die Menschen dort sei "sehr schwierig", sagte er nach einem Besuch eines Lagerhauses des Welternährungsprogramms in der jordanischen Hauptstadt Amman. Auf Blinkens Programm standen auch Gespräche in Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Saudi-Arabien. Zudem will er wie Baerbock Israel, das Westjordanland und Ägypten besuchen.
Sieben Tote bei israelischem Luftangriff im Westjordanland
Bei einem israelischen Luftangriff im Westjordanland wurden am Wochenende laut der palästinensischen Gesundheitsbehörde sieben Menschen getötet. Der Luftschlag in der Stadt Dschenin traf nach palästinensischer Darstellung eine Bürgerversammlung. Israelischen Angaben zufolge handelte es sich bei den Getöteten um Terroristen.
In Dschenin, das von der palästinensischen Autonomiebehörde verwaltet wird und als Hochburgen von Extremisten gilt, finden regelmässig Razzien statt. Seit Beginn des Gaza-Krieges geht die israelische Armee verstärkt im Westjordanland vor. Israel hatte die Gebiete im Sechs-Tage-Krieg 1967 erobert. Dort leben inzwischen Hunderttausende israelische Siedler inmitten von rund drei Millionen Palästinensern. Die Palästinenser fordern die Gebiete für einen eigenen Staat. (dpa/cgo)
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