Fast 100 israelische Geiseln befinden sich ein Jahr nach dem Terrorangriff der Hamas in den Händen ihrer Entführer. Wie viele von ihnen noch am Leben sind, ist ungewiss.

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Am 7. Oktober 2023 fallen rund 3.000 Angreifer aus dem Gazastreifen, überwiegend Mitglieder der palästinensischen Terrororganisation Hamas, in Israel ein. Die Angreifer töten mehr als 1.200 Menschen und verschleppen laut israelischen Angaben 251 Geiseln in den Gazastreifen. In dem schmalen Küstenstreifen zwischen Israel, Ägypten und dem Mittelmeer werden die Geiseln meist in einem riesigen unterirdischen Tunnelsystem versteckt, teilweise auch in Wohnungen und Häusern von Privatleuten.

Die Lebensbedingungen für die Geiseln werden von Befreiten als katastrophal beschrieben. In den beengten Tunneln herrschen schlechte hygienische Bedingungen, das Essen ist knapp, es gibt nicht genügend Medikamente für Verletzte oder Erkrankte. Die Geiseln sind oft Demütigungen ausgesetzt, auch von sexueller Gewalt und Folter wird berichtet. Hinzu kommen die grossflächigen Bombardierungen Israels, bei denen der Hamas zufolge einige Geiseln ums Leben gekommen sein sollen.

Wie viele Geiseln sind bis heute frei gekommen?

Als Folge des Überfalls beginnt Israel einen Krieg im Gazastreifen, um die Hamas zu zerstören und ihre Herrschaft über die Enklave zu beenden. Nach Bombardierungen marschieren am 27. Oktober Bodentruppen ein. Knapp einen Monat später kommen während einer siebentägigen Waffenruhe 81 israelische Geiseln und Doppelstaatler in einem Gefangenenaustausch frei, darunter auch 14 Menschen mit deutschem Pass. 24 nicht-israelische Geiseln, überwiegend Landarbeiter aus Thailand, werden ebenfalls frei gelassen. Weitere vier Geiseln kamen schon kurz nach dem 7. Oktober bedingungslos frei. Sieben Zivilpersonen und eine Soldatin hat das israelische Militär bislang befreit und lebend nach Israel zurückgebracht.

Wie viele Geiseln sind gestorben?

Die BBC nennt in einer Übersicht mehr als 60 namentlich bekannte, tote Geiseln. 37 seien bislang aus Gaza geborgen worden, weitere 33 durch das israelische Militär bestätigte Tote sollen sich noch dort befinden. Zu den Zahlen gibt es unterschiedliche Angaben. Zuletzt fand die Armee Anfang September sechs Verschleppte in einem Tunnel unter der Stadt Rafah. Sie wurden offenbar erst 48 bis 72 Stunden vorher aus nächster Nähe erschossen.

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Besonders tragisch ist der Fall der Geiseln Alon Shamriz, Samer al-Talalka und Yotam Haim. Das Trio wird von israelischen Soldaten im Dezember 2023 bei Kämpfen in Schedschaija, einem Vorort von Gaza-Stadt, erschossen. Ihnen war die Flucht gelungen, nachdem ihre Bewacher getötet worden waren. Doch die israelischen Soldaten halten ihre Schilder "Hilfe, 3 Geiseln" und "SOS" an einem Gebäude für einen Hinterhalt der Hamas und töten die Männer.

Wie viele Geiseln sind noch in der Gewalt der Hamas?

97 Geiseln befinden sich weiter in den Händen palästinensischer Terroristen. Das von Angehörigen ins Leben gerufene Hostages and Missing Families- Forum zählt auf seiner Homepage 91 vermisste Israelis, hinzu kommen laut thailändischer Regierung sechs ihrer Staatsbürger. Die meisten von ihnen sind Männer unter 40 Jahren, aber auch einige wenige Frauen, Kinder und ältere Männer werden weiter vermisst. Wie viele von ihnen noch am Leben sind, ist unklar. 33 haben die israelischen Verteidigungsstreitkräfte für tot erklärt, darunter Amiram Cooper (84), einen der Mitgründer des Kibbuz Nir Oz. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu sagte kürzlich, dass nur noch die Hälfte der verbliebenen 97 Geiseln am Leben sei.

Wer sind bekannte Geiseln?

Einige Entführungen haben die Öffentlichkeit besonders berührt. Wie die Deutsch-Israelin Shani Louk, die auf dem Supernova-Musikfestival gekidnappt wurde. Ein Video zeigte die offenbar bewusstlose junge Frau auf der Ladefläche eines Pickup-Trucks. Ihre Mutter Ricarda Louk wandte sich mit dramatischen Appellen an die Öffentlichkeit – mit der Hoffnung auf ein Lebenszeichen ihrer Tochter. Die Hoffnung starb Ende Oktober 2023, als ein von einer Bergungseinheit auf dem Festivalgelände gefundenes Schädelknochenfragment Louk zugeordnet werden konnte. Die 22-Jährige starb den Behörden zufolge schon beim Überfall auf das Festival und nicht im Gaza-Streifen. Im Mai 2024 fanden Soldaten ihren Leichnam und überführten ihn nach Israel.

Eine weitere bekannte Geisel ist Noa Argamani. Ein Video zeigte die junge Frau, wie sie nach ihrem Freund schreiend auf einem Motorrad nach Gaza entführt wurde. Für Argamani ging die Geiselnahme anders als bei Shani Louk gut aus. Sie gehört zu den wenigen Verschleppten, die die Armee lebend befreien konnte. Doppelt tragisch: Wenige Wochen nach ihrer Befreiung erlag Argamanis Mutter einem Krebsleiden. Argamanis Freund Avinatan Or befindet sich weiter in Gaza.

Verwendete Quellen

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