Mitten im Krieg entlässt Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu seinen unbequemen Verteidigungsminister Joav Galant. Ihm folgt nun einer, der zwar keine militärische Erfahrung hat, aber Netanjahu treu ergeben ist: Israel Katz. Und auch der Posten des Aussenministers wurde neu besetzt. Wer sind die beiden neuen, alten Gesichter?
Die Kabinettsumbildung in Israel kam überraschend, doch die beiden Neuen sind altbekannte Gesichter: Israel Katz, jetzt Chef des Verteidigungsressorts, war bisher Aussenminister. Diesen Posten übernimmt Gideon Saar, bislang Minister ohne Geschäftsbereich. Katz ist Ministerpräsident
Die israelischen Medien nennen Katz "Bulldozer" – wegen seiner oft aggressiven und ruppigen Art. Der 69-Jährige erregte als Aussenminister weltweit Aufsehen: Ausländische Politiker und internationale Organisationen, die es wagten, Israels militärisches Vorgehen im Gazastreifen zu kritisieren, griff er scharf an. Ein weiterer diplomatischer Kampf richtete sich gegen das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA). Am Montag liess Katz den Vereinten Nationen offiziell mitteilen, dass Israel seine Vereinbarungen mit UNRWA aufkündigt.
Für Empörung sorgte er auch, als er im Oktober UN-Generalsekretär António Guterres zur unerwünschten Person in Israel erklärte. Er werde ihm die Einreise ins Land verbieten, schrieb Katz auf X.
Katz hat keinerlei militärische Erfahrung
Katz bringt für seine neue Aufgabe als Verteidigungsminister keinerlei militärische Erfahrung mit - anders als sein am Dienstagabend entlassener Vorgänger Joav Gallant. Aber mit der Arbeit im Kabinett kennt Katz sich aus. Von 2009 bis 2019 war er Verkehrsminister, in den verschiedenen Regierungen Netanjahus war er ausserdem für Energie und Finanzen zuständig. Er gehört Netanjahus konservativer Likud-Partei an und zählt seit seinem Einzug 1998 in die Knesset, das israelische Parlament, zu den wichtigsten Politikern der Partei.
Netanjahu ernannte Katz zum Verteidigungsminister, denn das Vertrauen in Gallant sei "erodiert", erklärte er. Gallant war in den vergangenen Monaten immer wieder wegen des Kriegs im Gazastreifen mit Netanjahu aneinandergeraten. Zum Beispiel wollte er ein Abkommen mit der Hamas schliessen, um die Geiseln freizubekommen.
Katz liege wahrscheinlich eher auf einer Linie mit Netanjahu als Gallant, sagt Aviv Buschinsky, ein politischer Kommentator und ehemaliger Stabschef von Netanjahu. "Ich kann mich nicht an einen einzigen Vorfall erinnern, bei dem Katz Netanjahu in irgendeiner Sache widersprochen hätte."
Ein politischer Rebell
Ganz anders Saar, der neue Aussenminister. Der 57 Jahre alte frühere Journalist und Anwalt sieht sich selbst als politischen Rebellen. Vor fünf Jahren forderte er Netanjahu als Parteichef heraus. Er unterlag, verliess den Likud und gründete 2020 seine eigene rechte Partei Tikwa Chadascha ("Neue Hoffnung").
Nach dem brutalen Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 war Saar Mitglied der Notstandsregierung. Er trat jedoch im März zurück, nachdem Netanjahu sich geweigert hatte, ihn ins Kriegskabinett aufzunehmen. Im September berief Netanjahu Saar als Minister ohne Geschäftsbereich in seine Regierung: ein Zeichen der Versöhnung, aber auch ein Schritt, um seine Mehrheit in der Knesset auszubauen.
Saars Vater wuchs in Argentinien auf, die Mutter stammt aus Usbekistan. Er hat vier Kinder, zwei davon mit seiner zweiten Frau, der bekannten israelischen Journalistin Geula Even. 1999 begann seine politische Karriere als Netanjahus Kabinettssekretär. 2003 wurde er in die Knesset gewählt, stieg zum Innen- und später Bildungsminister auf, immer in Regierungen von Netanjahu. Nachdem er den Likud verlassen hatte, gehörte er 2021 der Regierung von Naftali Bennett als Justizminister an.
Saar steht weiter rechts als Netanjahu
Saar geniesst das Image eines redlichen Politikers. Er steht weiter rechts als Netanjahu, hat aber nicht dessen Charisma. Er fordert unter anderem, die israelischen Siedlungen im palästinensischen Westjordanland zu annektieren und lehnt einen unabhängigen Palästinenserstaat ab. Im Gegensatz zum bisherigen Verteidigungsminister Gallant gilt er als entschiedener Gegner eines Abkommens mit der radikalislamischen Hamas.
Seine Ideologie sei "die des Likud", aber er glaube, dass die Partei "unter Netanjahu ihre Werte aufgegeben hat", sagt die Abgeordnete Scharren Haskel, eine Parteifreundin Saars. "Die Aufnahme von Saar und seiner Partei wird die Koalition stärken und die Regierung stabilisieren", begründete Netanjahu seine Entscheidung für den neuen Aussenminister. Das sei besonders in Zeiten des Krieges von entscheidender Bedeutung. (afp/bearbeitet von mbo)
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