Israel hat einen Posten der Hamas auf dem Gelände einer ehemaligen Schule des UN-Hilfswerks für Palästina angegriffen. Die Vereinten Nationen beklagen Tote. Generalsekretär Guterres zeigt sich schockiert.
Israels Luftwaffe hat nach Angaben eines Militärsprechers einen Kommando- und Kontrollposten der islamistischen Hamas auf dem Gelände einer ehemaligen Schule in Nuseirat im zentralen Gazastreifen angegriffen. Zuvor seien eine Reihe von Massnahmen ergriffen worden, um die Gefahr für Zivilisten zu mindern, hiess es. Nach palästinensischen Angaben wurden bei dem Angriff 18 Menschen getötet. Die Informationen lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Bei dem Gebäude und seiner Umgebung handelte es sich um eine Einrichtung des UN-Hilfswerks für Palästina (UNRWA). Nach UNRWA-Angaben sind sechs Mitarbeiter des Hilfswerks getötet worden. Das Gelände bot demnach etwa 12.000 Menschen Zuflucht, vor allem Frauen und Kindern.
UN-Sprecher Stéphane Dujarric sagte in New York, Liegenschaften der UN sollten niemals angegriffen oder von militärischen Gruppen genutzt werden. Auf die Frage, ob er ausschliessen könne, dass sich Hamas-Vertreter dort aufhielten, sagte er, er könne die Frage nicht beantworten. Israel wirft der Hamas vor, sich in solchen Einrichtungen und unter Zivilisten zu verstecken.
UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich einmal mehr schockiert. "Was in Gaza passiert, ist absolut inakzeptabel", schrieb er zu dem Angriff auf X. "Diese dramatischen Verletzungen von internationalem humanitärem Recht müssen jetzt aufhören."
Starker Beschuss aus dem Libanon
EU-Chefdiplomat Josep Borrell setzt derweil seine Nahostreise im Libanon fort. In der Hauptstadt Beirut will er unter anderem Ministerpräsident Nadschib Mikati treffen. Dabei dürfte es neben der Lage im Libanon auch um den Konflikt der Schiitenmiliz Hisbollah mit Israel gehen.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs kommt es nahezu täglich zu militärischen Konfrontationen zwischen der israelischen Armee und der Hisbollah im Libanon. Zehntausende sind wegen der Kämpfe aus dem Grenzgebiet geflohen. Kämpferische Äusserungen israelischer Politiker hatten zuletzt Sorgen vor einer Eskalation des Konflikts geschürt. Am Mittwoch waren nach Angaben der israelischen Armee mehr als 100 Geschosse aus dem Libanon auf Israel abgefeuert worden. Das Militär beschoss seinerseits Ziele im Südlibanon.
Israel will, dass sich die Hisbollah hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht – so wie es eine UN-Resolution vorsieht. Die Schiitenmiliz will mit dem Beschuss Israels aber erst aufhören, wenn es zu einem Waffenstillstand im Gaza-Krieg zwischen Israel und der mit ihr verbündeten Hamas kommt.
Die indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe und eine Freilassung der israelischen Geiseln aus der Gefangenschaft der islamistischen Hamas – in denen Ägypten, die USA und der Golfstaat Katar die wichtigsten Vermittler sind – treten jedoch auf der Stelle. Am Mittwoch trafen sich Vertreter der Hamas in Doha mit Vertretern Katars und Ägyptens zu weiteren Gesprächen.
Galant vergleicht al-Sinwar mit Osama bin Laden
Anführer der Hamas ist Jihia al-Sinwar. Israels Verteidigungsminister Joav Galant bezeichnete diesen nun als den "neuen Osama bin Laden". In einem zum Jahrestag der Terrorangriffe vom 11. September 2001 in den USA veröffentlichten Video sagte er: "Er ist der Osama bin Laden von Gaza. Wir werden ihn finden und der Gerechtigkeit zuführen – tot oder im Gefängnis."
Die Botschaft Galants auf der Plattform X kam einen Tag nach einem Interview des Finanzdienstes Bloomberg mit dem für die Geiseln und Vermissten zuständigen Brigadegeneral Gal Hirsch, in dem dieser von einem Angebot zur sicheren Ausreise für al-Sinwar aus dem Gazastreifen gesprochen hatte. "Ich bin bereit, Sinwar, seiner Familie und jedem, der sich ihm anschliessen möchte, einen sicheren Korridor zu ermöglichen", sagte er.
Ein Hamas-Repräsentant sagte der Deutschen Presse-Agentur, seine Organisation habe das Angebot erhalten, Sinwar und seiner Familie die Ausreise zu ermöglichen, um ein Gaza-Abkommen zu erzielen. Die Hamas sei jedoch erst dann bereit, auf das Angebot zu reagieren, wenn es Teil einer umfassenden Einigung wäre.
Auch am Mittwochabend demonstrierten in Israel wieder mehrere hundert Menschen für eine Waffenruhe und ein Abkommen über die Freilassung der verbliebenen 101 Geiseln, unter ihnen auch Angehörige derer, die von der Hamas am 7. Oktober 2023 in den Gazastreifen verschleppt worden waren. © dpa
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