Was soll nach dem Krieg aus dem Gazastreifen werden? Darüber wird in Israels Regierung diskutiert. Für die Zivilisten ist ein Ende des Leids noch nicht in Sicht - im Gegenteil. Unterdessen werden erneut Drohungen in Richtung Israel ausgestossen. Der Tag im Überblick.
Während Israels Armee den Krieg im Gazastreifen fortsetzt und Hilfsorganisationen über die unzureichende Versorgung der Zivilisten klagen, diskutiert die Regierung über die Zukunft des zerbombten Küstengebiets. Verteidigungsminister Joav Galant sieht die Palästinenser nach Kriegsende in der Verantwortung für das Gebiet.
Auch für die Lage an Israels Grenze zum Libanon, wo es immer wieder gewalttätige Konfrontationen mit der Hisbollah-Miliz gibt, drängt Ministerpräsident
Mediziner berichten von grausigen Zuständen in Gaza
Ausländische Hilfsorganisationen berichteten über grausige Zustände in den wenigen noch im Gazastreifen arbeitenden Krankenhäusern. "Wir sehen Verletzungen, die überwiegend durch Explosionen und Splitter verursacht wurden", wurde der Leitende Chirurg des Universitätskrankenhauses Oxford und Klinische Leiter des Medizinischen Notfallteams, Nick Maynard, in einer Mitteilung der privaten Hilfsorganisation International Rescue Committee (IRC) mit Sitz in New York zitiert.
"Viele Erwachsene, Kinder und Babys werden mit traumatischen Amputationen von Armen und Beinen eingeliefert. Wir haben kleine Kinder mit den furchtbarsten Verbrennungen im Gesicht gesehen", fügte Maynard hinzu.
Beim Kampf der israelischen Armee gegen die Hamas wurden immense Schäden an Wohngebäuden sowie der zivilen Infrastruktur wie etwa Krankenhäuser angerichtet. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilte kurz nach Weihnachten mit, es seien nur noch 13 der ursprünglich 36 Krankenhäuser teilweise funktionsfähig. Sie seien völlig überbelegt und es fehle ihnen an Treibstoff, Medikamenten, Narkosemitteln, Lebensmitteln und Trinkwasser.
UN-Nothilfebüro: Tagelang kein Zugang zum Norden Gazas
Hilfsorganisationen können nach Angaben des UN-Nothilfebüros OCHA seit Tagen keine dringend benötigte lebensrettende Hilfe in den Norden Gazas liefern. Wie OCHA mitteilte, seien UN- und ihre Partnerorganisationen vier Tage lang nicht in der Lage gewesen, humanitäre Hilfe nördlich des Flusses Wadi Gaza zu liefern, da der Zugang verzögert oder verweigert worden sei und in dem Gebiet weiter gekämpft werde.
Zu den dringend benötigten Hilfslieferungen gehörten auch Medikamente. Es werde ein sicherer und ungehinderter Zugang zu den Gebieten nördlich des Wadi Gaza gefordert, die seit mehr als einem Monat vom Süden abgeschnitten seien.
Die meisten Kinder im Gazastreifen unzureichend ernährt
Auch die Lage für Minderjährige im Gazastreifen spitzt sich nach Angaben des UN-Kinderhilfswerk Unicef weiter zu. 90 Prozent aller 1,1 Millionen junger Menschen in dem Küstenstreifen seien Ende Dezember einer Untersuchung zufolge nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt gewesen. Die Zahl der Durchfallerkrankungen sei extrem gestiegen.
Augenzeugen berichten von schweren Gefechte im Süden Gazas
Augenzeugen im südlichen Gazastreifen berichteten am Freitag von schweren Gefechten in der Gegend der Stadt Chan Junis. Ständig seien schwere Detonationen und Schüsse zu hören, berichtete ein dpa-Mitarbeiter. Die israelischen Truppen würden weiter in die Flüchtlingslager Nuseirat, Bureidsch und Maghasi vordringen.
Bewohner seien mit Eselskarren auf der Flucht Richtung Rafah und in andere Teile von Chan Junis sowie nach Deir al-Balah, hauptsächlich zu Orten, die von der israelischen Armee als sichere Gebiete angegeben worden waren. Lebensmittel seien knapp. Viele Menschen hätte nur noch prekäre Unterkünfte aus Plastikplanen.
Hisbollah-Chef kündigt Reaktion auf Al-Aruris Tötung an
Nach der Tötung des Hamas-Anführers Saleh al-Aruri in Beirut kündigte Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah erneut Vergeltung an. "Die Ermordung Al-Aruris (...) wird sicherlich nicht ohne Reaktion und Strafe bleiben", sagte der Generalsekretär der proiranischen Schiitenorganisation in einer Rede. Der Libanon würde blossgestellt, wenn die Tötung ohne Reaktion bliebe. Al-Aruri wurde am Dienstag in der libanesischen Hauptstadt mutmasslich von Israel getötet.
Sein Tod hatte Befürchtungen neuen Auftrieb gegeben, dass der Gaza-Krieg auch den Libanon erfassen könnte. Seit Beginn der israelischen Offensive in dem Küstenstreifen kommt es in der Grenzregion fast täglich zu Konfrontationen zwischen Israels Armee und der mit der Hamas verbündeten Hisbollah. Die israelische Armee griff auch am Freitag wieder Stellungen im Südlibanon an.
Die Hisbollah hat nach Aussagen ihres Generalsekretärs seit dem 08. Oktober mehr als 670 Einsätze im Grenzgebiet zu Israel ausgeführt. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah sagte in einer Ansprache am Freitag, dass diese Angriffe ein "Gleichgewicht der Abschreckung" hergestellt hätten.
Hamas-Anführer: Israel gräbt sich eigenes Grab
Nach Einschätzung des ehemaligen Vorsitzenden der islamistischen Hamas, Chaled Maschaal, gräbt sich Israel mit seinem Krieg im Gazastreifen "sein eigenes Grab". Die terroristische Organisation verbreitete am Donnerstagabend die Ansprache Maschaals. Anlass war die Tötung des Vize-Leiters des Politbüros der Hamas am Dienstagabend in der libanesischen Hauptstadt Beirut. Maschaal warf Israel vor, seine "Aggressionen" ins Ausland auszuweiten, "weil sie denken, dass dies den Widerstand bricht".
"Der Feind glaubt auch, dass durch die Ermordung von Anführern der Widerstand gebrochen und die Führung geschwächt wird", sagte der Hamas-Anführer. "Das ist eine grosse Illusion." Immer, wenn ein Anführer ausscheide, werde ein neuer aufsteigen.
Hamas-Massaker: Militär verteidigt Untersuchung
Nach heftiger Kritik einiger rechtsextremer israelischer Minister verteidigt indes Israels Armee eine geplante Untersuchung zur Aufarbeitung eigener Fehler, die das Hamas-Massaker vom 7. Oktober ermöglicht haben. Das Militär müsse aus seinen Fehlern lernen, sagte Sprecher Daniel Hagari.
Die Untersuchung habe noch nicht begonnen, betonte er. Es handelt sich den Angaben nach um eine interne Untersuchung, zu der auch ehemalige Verteidigungsbeamte herangezogen werden sollen. Ergebnisse der Aufarbeitung sollen Hagari zufolge öffentlich bekannt gegeben werden. (dpa/cgo)
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