In Gaza-Stadt wird ein Krankenhaus von einer Rakete getroffen. Mindestens 200 Menschen sind tot. Während Israel den Islamischen Dschihad beschuldigt, weist die Hamas Israel die Schuld zu. International setzt es harsche Kritik.

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Israels Militär hat Aufnahmen veröffentlicht, die beweisen sollen, dass eine fehlgeleitete palästinensische Rakete für den tödlichen Einschlag in einem Krankenhaus im Gazastreifen verantwortlich sei. In dem am Mittwoch veröffentlichten Videozusammenschnitt sind Luftaufnahmen der Al-Ahli-Klinik und eines Parkplatzes zu sehen, auf dem ein Brand ausgebrochen war. Dabei sollen mindestens 200 Menschen getötet worden sein, das Hamas-Gesundheitsministerium spricht sogar von mindestens 500 Toten..

Verglichen werden Luftaufnahmen vor und nach dem tödlichen Vorfall. Es sei kein typischer Krater zu sehen, wie er sonst bei israelischen Luftangriffen entstehe. Nach Angaben der Armee schlug dort stattdessen eine fehlgeleitete Rakete der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad ein.

Harsche Kritik von internationaler Seite

Das deutsche Auswärtige Amt zeigte sich "zutiefst schockiert", UN-Generalsekretär António Guterres war bestürzt und US-Präsident Joe Biden empört: Die internationalen Reaktionen auf den Beschuss des Krankenhauses im Gazastreifen fielen eindeutig aus.

"Wir sind zutiefst schockiert angesichts der Berichte über hunderte Tote im Al-Ahli-Krankenhaus in Gaza", teilte das deutsche Aussenministerium auf seinem englischsprachigen Account auf X, ehemals Twitter, GermanForeignOffice, am Dienstag mit. "Zivile Ziele, insbesondere ein voll funktionstüchtiges Krankenhaus mit Patienten und medizinischem Personal, dürfen unter keinen Umständen angegriffen werden." Zivilisten müssten in Konflikten geschützt werden, hiess es weiter.

Auch UN-Generalsekretär António Guterres meldete sich zu Wort. "Ich bin entsetzt über die Tötung Hunderter palästinensischer Zivilisten heute bei einem Angriff auf ein Krankenhaus in Gaza, den ich aufs Schärfste verurteile", schrieb Guterres bei X, vormals Twitter. "Mein Herz ist bei den Familien der Opfer. Krankenhäuser und medizinisches Personal unterliegen dem Schutz des humanitären Völkerrechts."

Biden hat sein Team angewiesen, Informationen über den Hergang zu sammeln

Er sei "empört und zutiefst betrübt" über die Explosion in dem Krankenhaus und den schrecklichen Verlust von Menschenleben, der dadurch verursacht worden sei, hiess es in einer schriftlichen Stellungnahme des US-Präsidenten, die am Dienstagabend (Ortszeit) vom Weissen Haus veröffentlicht wurde. Unmittelbar nach Bekanntwerden des Vorfalls habe er mit Jordaniens König Abdullah II. und Israels Premierminister Benjamin Netanjahu gesprochen und sein Team angewiesen, weitere Informationen über den genauen Hergang zu sammeln.

"Die Vereinigten Staaten treten unmissverständlich für den Schutz der Zivilbevölkerung während eines Konflikts ein, und wir trauern um die Patienten, das medizinische Personal und andere Unschuldige, die bei dieser Tragödie getötet oder verwundet wurden", hiess es weiter in der Stellungnahme.

Am Dienstag war ein Krankenhausgelände in Gaza von einem folgenschweren Raketeneinschlag getroffen worden. Während Israel den Islamischen Dschihad für den Vorfall verantwortlich machte, wies die im Gazastreifen herrschende Hamas Israel die Schuld für den Angriff zu.

Das Gesundheitsministerium der Hamas meldete "zwischen 200 und 300" Tote. Den Angaben zufolge befanden sich nach dem Vorfall hunderte Opfer unter den Trümmern des Krankenhauses Ahli Arab in der Innenstadt von Gaza. Bilder im Sender al-Dschasira zeigten Sanitäter und Zivilisten, die Leichen in weissen Taschen oder Decken bergen. Das Medienbüro der Hamas sprach von einem "Kriegsverbrechen".

Gazastreifen: Krankenhaus von Rakete getroffen - Israel beschuldigt Islamischen Dschihad

Die israelische Armee machte wenig später die Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad für den folgenschweren Angriff auf das Krankenhaus verantwortlich. Darauf wiesen Informationen der Geheimdienste hin, die "auf mehreren uns vorliegenden Quellen basieren", hiess es in einer Mitteilung der Armee. Weiter erklärte sie, eine Analyse ergebe, dass "eine Raketensalve von Terroristen in Gaza abgefeuert wurde, die in unmittelbarer Nähe des Ahli-Krankenhauses vorbeizog, als dieses getroffen wurde".

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wies die Verantwortung für den Einschlag einer Rakete in ein Krankenhaus im Gazastreifen strikt zurück. "Die ganze Welt sollte es wissen: Es waren barbarische Terroristen in Gaza, die das Krankenhaus in Gaza angegriffen haben", teilte Netanjahu am Dienstag mit. Es sei nicht das israelische Militär gewesen. "Diejenigen, die unsere Kinder brutal ermordet haben, ermorden auch ihre eigenen Kinder", teilte er weiter mit.

Krankenhaus-Angriff in Gaza löst Proteste aus

Zehntausende Familien im Gazastreifen suchen derzeit in den völlig überfüllten Krankenhäusern des Gazastreifens Zuflucht vor Luftangriffen, mit denen Israel auf den Grossangriff der Hamas vom 7. Oktober reagiert. Auch auf dem nun getroffenen Krankenhausgelände hielten sich Menschen auf, die ihre Häuser verlassen mussten.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sprach von einem "Krankenhaus-Massaker" und ordnete an, die Fahnen für eine dreitägige Trauerzeit auf Halbmast zu setzen und der "Märtyrer" in dieser Zeit zu gedenken. In Ramallah im Westjordanland, dem Sitz von Abbas, marschierten am Abend hunderte Demonstranten durch die Strassen und forderten den Rücktritt des Palästinenserpräsidenten.

Die Wut der Demonstranten entzündete sich offenbar an dem ihrer Ansicht nach zu sanften Ton, den Abbas seit Beginn des Krieges angeschlagen habe. Abbas steht der Palästinenserbehörde im Westjordanland vor, während im Gazastreifen die Hamas regiert. Bei später einsetzenden Krawallen setzten Sicherheitskräfte Tränengas gegen die Demonstranten ein.

Erdogan und WHO fordern Ende der Angriffe auf den Gazastreifen

Der folgenschwere Vorfall auf dem Krankenhausgelände rief international zahlreiche Reaktionen hervor. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erklärte, er fordere die Menschheit auf, einzuschreiten "und diese beispiellose Brutalität in Gaza zu stoppen". Auch der Chef der Arabischen Liga, Ahmet Abul Geit, rief die westlichen Staaten auf, "dieser Tragödie sofort ein Ende zu setzen". WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus verurteilte den Angriff.

Ein ranghoher WHO-Vertreter forderte die Einstellung der andauernden israelischen Luftangriffe auf Ziele im Gazastreifen. Es sei jetzt dringend nötig, medizinisches Material und andere lebensnotwendige Güter über die bislang geschlossene Grenze zwischen Ägypten und dem Küstengebiet zu bringen, sagte WHO-Notfallkoordinator Mike Ryan am Dienstagabend in Genf.

"Um die Hilfslieferungen reinzulassen, muss das Bombardement eingestellt werden", sagte er in einer Pressekonferenz. Ansonsten sei die Sicherheit für Hilfstransporte nicht gewährleistet, um zu den Krankenhäusern im Gazastreifen zu gelangen, in denen laut WHO Medikamente zur Neige gehen. "Die Gewalt muss aufhören", sagte Ryan. "Das muss jetzt passieren. Wir können nicht länger zuwarten."

Hisbollah ruft zu "Tag des beispiellosen Zorns" auf

Ryan betonte, dass die WHO nicht beurteilen könne, wer für den jüngsten Raketeneinschlag in einer Klinik im Gazastreifen verantwortlich sei. WHO-Vertreter wiesen jedoch darauf hin, dass schon zuvor im Zuge der israelischen Gegenangriffe nach der verheerenden Terrorattacke der islamistischen Hamas 24 Gesundheitseinrichtungen in Gaza beschädigt und 15 medizinische Mitarbeiter getötet worden seien.

Die im Libanon herrschende Hisbollah rief für Mittwoch zu einem "Tag des beispiellosen Zorns" auf. In der jordanischen Hauptstadt Amman versuchten dutzende Demonstranten die israelische Botschaft zu stürmen. Vor der französischen Botschaft in der tunesischen Hauptstadt Tunis versammelten sich hunderte Demonstranten, welche die Entlassung des französischen und des US-Botschafters forderten.

UN-Weltsicherheitsrat tagt nach Krankenhaus-Beschuss

Der Weltsicherheitsrat soll sich nach dem Willen mehrerer Länder mit dem Raketeneinschlag in ein Krankenhaus im Gazastreifen beschäftigen. Die Vereinigten Arabischen Emirate und Russland beantragten am Dienstag eine Dringlichkeitssitzung des mächtigsten UN-Gremiums für Mittwochvormittag New Yorker Zeit, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Diplomatenkreisen erfuhr.

Brasilien, das dem Gremium momentan vorsitzt, bestätigte zudem, dass der Rat in der Sitzung ab 10 Uhr New Yorker Zeit (16 Uhr MESZ) über einen vorliegenden Entwurf für eine Nahostresolution abstimmen soll. Der Text auf Initiative Brasiliens verlangt neben dem Zugang für humanitäre Hilfe im Gazastreifen unter anderem, dass Israel - ohne das Land direkt zu nennen - seine Aufforderung zur Evakuierung der Zivilbevölkerung aus dem nördlichen Teil der Küstenregion rückgängig macht. Alle Konfliktparteien müssten sich zudem an internationales Recht halten. (mt/ank/dpa/afp)

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