Ungeachtet aller Friedensappelle tobt der Krieg in Gaza weiter. Die humanitäre Lage ist katastrophal. Nun sollen sieben ausländische Helfer getötet worden sein. Netanjahu hat die unabsichtliche Tötung der Helfer eingeräumt.
Israel ist nach Angaben von Ministerpräsident
Bei dem israelischen Luftangriff im Gazastreifen sind nach Angaben der Hilfsorganisation World Central Kitchen mehrere ihrer Mitarbeiter getötet worden. Die Organisation hat den Tod von sieben ihrer Mitarbeiter bestätigt.
"Das WCK-Team war in einer konfliktfreien Zone in zwei gepanzerten Fahrzeugen mit dem WCK-Logo und einem ungeschützten Fahrzeug unterwegs", schrieb die Organisation in einer Mitteilung. Die Organisation werde angesichts des tödlichen Vorfalls ihren Einsatz in der Region sofort stoppen und bald Entscheidungen "über die Zukunft unserer Arbeit treffen".
WCK: Helfer wurden beschossen, obwohl die Fahrt angekündigt war
Der Konvoi sei getroffen worden, obwohl man die Fahrt mit der israelischen Armee koordiniert habe, schrieb die Hilfsorganisation. Die Helfer hätten gerade ein Lagerhaus in der Ortschaft Deir al-Balah im zentralen Abschnitt des Gazastreifens verlassen, als sie beschossen worden seien. Dort hätten sie mehr als 100 Tonnen humanitärer Lebensmittelhilfe entladen, die auf dem Seeweg in den Gazastreifen gebracht worden sei.
"Die israelische Regierung muss dieses wahllose Töten stoppen", schrieb der Gründer der Organisation, der in den USA lebende spanische Starkoch José Andrés, auf der Plattform X (vormals Twitter).
UN: Getötete Helfer in Gaza waren Helden
Der Nothilfekoordinator der Vereinten Nationen, Martin Griffiths, hat den Mut der sieben getöteten humanitären Helfer in Gaza hervorgehoben. "Sie waren Helden. Sie wurden getötet, während sie versucht haben, hungernde Menschen zu ernähren", schrieb er auf X (vormals Twitter).
Er sei empört, schrieb Griffiths weiter. "Die Handlungen derer, die dahinterstehen, sind durch nichts zu rechtfertigen", fügte er hinzu.
Grausige Bilder kursieren
Foto- und Videoaufnahmen, die in der Nacht in sozialen Medien kursierten, sollen die getöteten Mitarbeiter von World Central Kitchen zeigen. Zu sehen seien ihre Leichen in Schutzwesten und ihre blutverschmierten Pässe.
Palästinensischen Angaben zufolge seien die Australierin und ihre Kollegen sowie ihr palästinensischer Fahrer zum Zeitpunkt des Luftangriffs gerade dabei gewesen, Hilfsgüter auszuliefern, schrieb die Zeitung "The Sydney Morning Herald". Diese seien nur wenige Stunden zuvor mit einem Schiff aus Zypern in Gaza eingetroffen.
In der Stellungnahme der israelischen Armee hiess es unterdessen, die eigenen Streitkräfte unternähmen umfangreiche Anstrengungen, um die sichere Lieferung von humanitärer Hilfe zu ermöglichen und arbeiteten eng mit World Central Kitchen zusammen, um die Menschen im umkämpften Gazastreifen mit Nahrungsmitteln und humanitärer Hilfe zu versorgen.
Japan will Zahlung an UNRWA wieder aufnehmen
Die japanische Regierung will derweil das UN-Palästinenserhilfswerk wieder finanziell unterstützen. Das kündigte Aussenministerin Yoko Kamikawa laut der Nachrichtenagentur Kyodo an. Die Entscheidung erfolgte angesichts der akuten humanitären Situation im Gazastreifen. Das UN-Hilfswerk UNRWA war stark in die Kritik geraten. Einigen Mitarbeitern wurde vorgeworfen, am Massaker der islamistischen Hamas vom 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel beteiligt gewesen zu sein.
UN-Generalsekretär António Guterres hatte umfassende Aufklärung der Vorwürfe versprochen. Die Zusammenarbeit mit mehreren Angestellten wurde beendet. Mehrere Länder stellten wegen der Anschuldigungen vorübergehend die Zahlungen an UNRWA ein, darunter die grössten Geldgeber, die USA und Deutschland. Auch Japan hatte eine geplante Zahlung von 35 Millionen Dollar eingefroren.
Netanjahu will Sender Al-Dschasira stoppen
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte unterdessen eine rasche Schliessung des arabischen TV-Senders Al-Dschasira im Land an. Al-Dschasira habe der Sicherheit Israels geschadet, gegen israelische Soldaten gehetzt und sei ein "Terror-Kanal", erklärte Netanjahu die Vorwürfe.
Israels Parlament hatte unmittelbar zuvor das sogenannte Al-Dschasira-Gesetz gebilligt, das eine Schliessung ausländischer TV-Sender ermöglicht, falls diese als Risiko für die Staatssicherheit eingestuft werden sollten. Al-Dschasira hat seit Beginn des Gaza-Kriegs ausführlich über die katastrophale Lage in Gaza berichtet und Bilder von Tod und Zerstörung gezeigt, die in israelischen TV-Sendern kaum zu sehen sind.
Al-Dschasira weist Vorwürfe als "gefährliche Lügen" zurück
Nach der Ankündigung Israels, wies der Fernsehsender Vorwürfe der Voreingenommenheit zurück und verurteilte die Entscheidung. Das im Golfemirat Katar ansässige TV-Netzwerk beschrieb die Vorwürfe des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahus als "gefährliche, lächerliche Lügen".
Es handle sich um "hetzerische Verleumdungen gegen das Netzwerk", hiess es weiter. Die jüngsten israelischen Massnahmen seien Teil einer Reihe "systematischer israelischer Angriffe, um Al-Dschasira zum Schweigen zu bringen."
Wichtige Gaza-Klinik laut WHO "in Trümmern"
Nach dem Abzug der israelischen Armee aus dem Schifa-Krankenhaus ist laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine der wichtigsten Kliniken des Gazastreifens nicht mehr funktionsfähig. "Das Schifa-Krankenhaus liegt jetzt in Trümmern", sagte WHO-Sprecherin Margaret Harris in Genf. Durch die Zerstörung sei "dem Gesundheitssystem das Herz herausgerissen" worden.
Nach Angaben der WHO ist nur mehr weniger als ein Drittel der 36 Kliniken im Gazastreifen funktionsfähig. Harris sagte, dass ein WHO-Team versuche, zum Schifa-Krankenhaus zu gelangen, um die Lage vor möglichen Hilfs- und Evakuierungsaktionen zu sondieren.
Rund zwei Wochen nach Beginn des Militäreinsatzes im Schifa-Krankenhaus hatte sich die israelische Armee in der Nacht zum Montag wieder zurückgezogen. Nach Darstellung von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sollen bei dem Einsatz gegen die islamistische Hamas mehr als 200 Terroristen getötet worden sein, Hunderte hätten sich ergeben. Nach Angaben des von der islamistischen Hamas kontrollierten Zivilschutzes wurden in und um das Krankenhaus herum rund 300 Leichen gefunden. Israel wirft der islamistischen Hamas vor, medizinische Einrichtungen systematisch für militärische Zwecke zu missbrauchen. Die Hamas weist dies zurück.
USA und Israel planen Treffen zu Rafah-Offensive
Vertreter der US-Regierung und der israelischen Führung wollen voraussichtlich in der kommenden Woche bei einem Treffen über Israels geplante Bodenoffensive in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifen beraten. Nach einer Video-Schalte mit Vertretern beider Seiten veröffentlichte das Weisse Haus eine gemeinsame Stellungnahme, in der ein persönliches Treffen in der kommenden Woche in Aussicht gestellt wurde. Beide Seiten verfolgten das gemeinsame Ziel, die Hamas in Rafah zu besiegen, hiess es.
"Die US-Seite äusserte ihre Bedenken gegenüber verschiedenen Vorgehensweisen in Rafah." Die israelische Seite wiederum habe sich bereiterklärt, diese Bedenken zu berücksichtigen und weitere Gespräche zu führen. Israel will in Rafah nahe der ägyptischen Grenze die letzten Bataillone der Hamas zerschlagen. Die US-Regierung hält eine grossangelegte Bodenoffensive wegen der Hunderttausenden palästinensischen Zivilisten, die dort Schutz vor den Kämpfen gesucht haben, aber für falsch und möchte Israel Alternativen aufzeigen.
Irans Revolutionswächter bestätigen Tod von Generälen
Nach dem mutmasslich israelischen Luftangriff in Syrien haben Irans Revolutionswächter (IRGC) den Tod von zwei Generälen aus ihren Reihen bestätigt. Bei der Attacke auf die Konsularabteilung der iranischen Botschaft in der Hauptstadt Damaskus seien die beiden Brigadegeneräle Mohammed-Resa Sahedi und Mohammed Hadi Hadschi Rahimi ums Leben gekommen, erklärten die IRGC am Abend. Fünf weitere Mitglieder der Revolutionsgarden seien bei dem Angriff getötet worden.
Irans Aussenamtssprecher Nasser Kanaani verurteilte die Attacke scharf und machte den Erzfeind Israel für die Tötung der Generäle verantwortlich. "Die Dimensionen dieses hasserfüllten Angriffs werden untersucht, und die Verantwortung für seine Folgen liegt beim aggressiven zionistischen Regime", sagte der Sprecher laut Mitteilung seines Ministeriums. "Die Islamische Republik Iran behält sich das Recht vor, Gegenmassnahmen zu ergreifen, und entscheidet über die Art der Reaktion".
USA: Israel hat jedes Recht zur Verteidigung
Die USA sind die wichtigste Schutzmacht Israels und unterstützen das Land jährlich mit Milliardenbeträgen, von denen ein beachtlicher Teil in Raketenabwehr und andere Militärtechnik fliesst. Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern sind angesichts der hohen Zahl ziviler Opfer im Gaza-Krieg derzeit jedoch sehr angespannt. Als Reaktion auf Israels Kriegsführung werden Forderungen lauter, Waffenlieferungen an den Verbündeten zu beschränken. Rüstungslieferungen an das Land zögen sich mitunter über mehrere Jahre hin, sagte der Sprecher des US-Aussenministeriums Matthew Miller in Washington.
Israel sei umgeben von Akteuren, die auf dessen Zerstörung aus seien, nicht nur die Hamas, sondern auch der Iran und seine Stellvertreter, etwa die libanesische Hisbollah-Miliz. "Wir glauben, dass Israel jedes Recht hat, sich gegen diese Gegner zu verteidigen", sagte Miller. Die "Washington Post" hatte am Freitag unter Berufung auf namentlich nicht genannte Beamte im Pentagon und Aussenministerium berichtet, die US-Regierung habe in den vergangenen Tagen "in aller Stille" neue Bomben und Kampfflugzeuge für Israel genehmigt. (dpa/lag)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.