Im Libanon sind am Dienstag mehrere Pager gleichzeitig explodiert. Vermutet wird ein gezielter Angriff des israelischen Geheimdienstes auf die Hisbollah. Ist dies ein legitimes Mittel der Kriegsführung?
Die gleichzeitigen Pager- und Funkgeräte-Explosionen im Libanon deuten auf einen gezielten Anschlag hin. Dahinter wird Israel vermutet. Für Völkerrechtler Andrew Clapham von der Genfer Universität Graduate Institute gibt es keinen Zweifel, dass dieser Angriff gegen das internationale Recht verstösst. Er nannte im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur Kriegsverbrechen.
Sprengfallen international verboten
Clapham verwies auf einen internationalen Vertrag, der es verbietet, Sprengfallen - also an sich harmlose Objekte, die als Waffe präpariert sind - einzusetzen. Israel ist Mitglied des Vertrags "Protokoll über Verbote oder Beschränkungen des Einsatzes von Minen, Sprengfallen oder andere Vorrichtungen". Es handelt sich um das zweite Protokoll zur UN-Konvention über bestimmte konventionelle Waffen (CCW).
In dem Text heisst es: "Es ist unter allen Umständen verboten, Waffen, auf die dieser Artikel Anwendung findet, entweder zum Angriff, zur Verteidigung oder als Vergeltungsmassnahme gegen die Zivilbevölkerung als solche oder gegen einzelne Zivilpersonen zu richten."
Unabhängig davon würde der Einsatz solcher Waffen auch gegen die Genfer Konventionen verstossen, sagte Clapham. Sie bilden den Kern des humanitären Völkerrechts und sollen Personen schützen, die sich nicht oder nicht mehr an den Kampfhandlungen beteiligen. Die Pager oder Funkgeräte explodierten bei zahlreichen Menschen.
Womöglich Kriegsverbrechen
"Wenn diese Sprengfallen eingesetzt wurden gegen Diplomaten, Journalisten oder Politiker, oder Leute, die keine Kämpfer sind, dann ist das ein direkter Angriff auf einen Zivilisten, und das wäre ein Kriegsverbrechen", sagte Clapham. "Es war auch vorhersehbar, dass bei solchen Explosionen Unbeteiligte zu Schaden kommen", sagte er. "Der militärische Nutzen steht damit in keinem Verhältnisse zum möglichen zivilen Schaden."
So klar ist die Lage für Thomas Burri, Professor vor Europa- und Völkerrecht an der Universität St. Gallen in der Schweiz, nicht.
Gewalt war zielgerichtet
"Eine erste Frage ist, ob der Schlagabtausch zwischen Israel und der Hisbollah in Libanon mittlerweile als ein bewaffneter Konflikt zu qualifizieren ist oder nicht. Ich würde sagen: ja", sagte er. "Feindliche Kämpfer und militärisch genutzte Kommunikationssysteme sind dann auch legale Ziele.
Wenn es wirklich nur Angehörige der Hisbollah waren, die diese Pager und Funkgeräte hatten, wäre die Ausübung der Gewalt sehr zielgerichtet gewesen, mehr, als es mit anderen Waffen unter Umständen möglich gewesen wäre."
In bewaffneten Konflikte müsse bei Angriffen immer die Verhältnismässigkeit und die Notwendigkeit geprüft werden. "Wenn bei einer solchen militärischen Massnahme nicht nur die gesamte Kommunikationsstruktur des Gegners ausgelöscht wird, sondern auch eine grosse Zahl von Kämpfern, dann kommt man mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit zu dem Schluss, dass sie unter dem humanitären Völkerrecht rechtmässig ist", sagte Burri.
"Nach meiner Einschätzung lässt das anwendbare humanitäre Völkerrecht auch einen gewissen, wenn auch beschränkten, Spielraum für den Einsatz von "booby-traps", also von Sprengfallen, zu." Deshalb sei nicht so klar, ob die Verwendung in diesem Fall rechtswidrig war. (dpa/bearbeitet von lla)
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