Ebrahim Raisi ist bei einem Hubschrauberunglück ums Leben gekommen.
Nach dem Tod des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi und seines Aussenministers Hossein Amir-Abdollahian bei einem Hubschrauberabsturz erwarten Politiker und Experten keinen aussenpolitischen Kurswechsel Teherans. Möglich seien aber interne Machtkämpfe um die Nachfolge Raisis.
Dies hängt mit dem straffen Machtgefüge in Teheran zusammen: Die strategische Ausrichtung des Landes liegt in den Händen des geistlichen Oberhauptes, Ali Chamenei, sowie des Nationalen Sicherheitsrates, der allerdings eher im Verborgenen wirkt. Raisi galt als einer der Favoriten für die Nachfolge des 85-jährigen Chamenei. Sein Tod stellt nun die Frage der Nachfolge an der Spitze der Islamischen Republik mit neuer Dringlichkeit.
"In der Aussenpolitik werden das geistliche Oberhaupt und die Revolutionsgarden die strategischen Entscheidungen in ihren Händen behalten", schreibt Ali Vaez von der International Crisis Group im Onlinedienst X. "Mehr Kontinuität als Wandel" sei die Losung angesichts der derzeitigen Herausforderungen in der Region und im Verhältnis zu den USA.
Der Iran-Experte Farid Vahid von der französischen Denkfabrik Fondation Jean Jaurès verweist darauf, dass Raisi den Revolutionsgarden mit seiner Politik sehr viel Freiraum gegeben habe. Mit Raisi als Präsident sei die Entscheidungsfindung sehr geschmeidig gewesen, da er vollständig auf Linie Chameneis gewesen sei. "Für die iranischen Konservativen kommt es nun darauf an, jemanden zu finden, der gewählt wird - und der ihnen nicht zu viele Probleme bereitet."
Deutsche Politiker rechnen mit Machtkämpfen
Entsprechende Einschätzungen kamen am Montag auch aus der deutschen Politik. In der CDU wurden allerdings Hoffnungen auf eine kleine Chance auf einen Wandel laut.
Der iranischstämmige Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour sagte dem "Spiegel" zu Raisi, "ohne diesen einen Hardliner wird das Regime dennoch ein aggressives bleiben". Es sei aber denkbar, dass hinter den Kulissen "heftige Diadochenkriege um die Nachfolge des Revolutionsführers ausbrechen".
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai warnte vor einer Illusion, dass der Iran nun seine geopolitische Agenda ändern werde. "Der Tod Raisis wird die Politik der Islamischen Republik nach aussen nicht ändern", sagte er dem "Spiegel". Die zentralen Entscheidungen im politischen System Irans würden von Revolutionsführer Ayatollah Ali Chamenei getroffen und nicht vom Präsidenten.
Der iranischstämmige FDP-Politiker sagte weiter, der Tod Raisis sei aber für die innenpolitische Frage relevant, wer die möglichen Nachfolger Chameneis sein könnten.
Der CDU-Aussenpolitiker Jürgen Hardt sieht ebenfalls eine kleine Chance auf Wandel. "Viele Menschen, nicht nur in Iran, hoffen nun auf Veränderung", sagte Hardt dem "Spiegel". Das überalterte Mullah-Regine werde Probleme haben, den Präsidenten kurzfristig durch eine Person mit gleicher Autorität zu ersetzen. "Die Machtkämpfe an der Spitze werden nun neu entfacht."
Linken-Chefin Janine Wissler sagte der "Rheinischen Post", der Tod des "Hardliners Raisi wird von vielen Menschen zu Recht mit Erleichterung aufgenommen". Die Demokratiebewegung im Iran benötige nun internationale Solidarität und Aufmerksamkeit. "Von der Bundesregierung erwarte ich, dass sie endlich ein dauerhaftes Abschiebeverbot für den Iran beschliesst, anstatt Trauerkränze nach Teheran zu schicken." (afp/mbo)
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