Der Bundestag hat ein starkes Zeichen der Solidarität an Israel gesendet. Bundeskanzler Olaf Scholz kündigt in seiner Regierungserklärung ein Betätigungsverbot der Hamas in Deutschland an. Oppositionsführer Friedrich Merz sagt in einer emotionalen Rede: Deutschland muss jetzt ein starker Verbündeter Israels sein.
Dieses Bild, diese Töne, diese Geschlossenheit sind im Bundestag alles andere als selbstverständlich. "Wir trauern und wir bangen mit euch", sagt Bundeskanzler
Mindestens 1.200 tote Israelis, das unsichere Schicksal von Entführten, dazu Berichte von Gräueltaten: Die Terrorangriffe der palästinensischen Hamas in Israel haben auch das politische Berlin in einen Schock versetzt. Kaum eine Pressekonferenz beginnt ohne einleitende Worte zu dem Thema. Bereits am Mittwoch waren Bundespräsident
Scholz in Regierungserklärung: "Deutschlands Platz ist an der Seite Israels"
Botschafter Prosor sitzt auch am Donnerstagmorgen wieder auf der Ehrentribüne, die Abgeordneten empfangen ihn mit Applaus im Stehen. "In diesem Moment gibt es für Deutschland nur einen Platz. Den Platz an der Seite Israels", sagt der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung. Das sei deutsche Staatsräson. Da ist der zurzeit vielzitierte Leitsatz: Die Sicherheit Israels gehört zu Deutschlands Staatsräson. Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte das 2008 in einer Rede vor dem israelischen Parlament gesagt.
Aus Sicht von Scholz bedeutet das: "Israel hat das völkerrechtlich verbriefte Recht, seine Bürgerinnen und Bürger vor diesem barbarischen Angriff zu verteidigen." Deutschland werde Israel dabei unterstützen. Die Solidarität erschöpfe sich nicht in Worten.
Die Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP haben zusammen mit CDU und CSU einen gemeinsamen Entschliessungsantrag in den Bundestag eingebracht. Darin fordern sie die Bundesregierung auf, Israel die "volle Solidarität und jedwede Unterstützung zu gewähren". Aus Sicht der Fraktionen schliesst das auch militärische Unterstützung ein, wenn Israel diese wünscht. Es gehe dabei um die Versorgung Verwundeter, aber auch andere Wünsche Israels werde man umgehend prüfen, sagt der Bundeskanzler.
Scholz äussert aber auch die Sorge vor einem "verheerenden Flächenbrand", wenn die Hisbollah-Miliz aus dem Libanon ihre Angriffe ebenfalls intensiviert. "Es wäre ein unverzeihlicher Fehler, Israel anzugreifen." Scholz kritisiert aber auch die palästinensische Autonomiebehörde und ihren Präsidenten Mahmud Abbas. Ihm wirft Scholz vor, die Hamas-Attacken nicht zu verurteilen. "Ihr Schweigen ist beschämend."
"Abscheulich und menschenverachtend" nennt Scholz die Jubelbilder von pro-palästinensischen Demonstrationen in Deutschland. "Wer Mord und Totschlag billigt oder zu Straftaten aufruft, macht sich strafbar." Diese Menschen werde man zur Rechenschaft ziehen: "Mit allen Mitteln, die unser Rechtsstaat bietet".
Scholz kündigt ein Betätigungsverbot für die Hamas und ein Verbot des "Palästinensischen Gefangenennetzwerks" Samidoun in Deutschland an. Auch Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sagt: "Wir werden es niemals akzeptieren, dass diese grausamen Taten in Deutschland gefeiert werden." Ihm als Deutscher muslimischen Glaubens sei "speiübel", wenn er diese Bilder sehe, sagt der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour.
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Emotionale Rede von Friedrich Merz
Auch CDU/CSU-Fraktionschef
Merz will den Kampf gegen Antisemitismus "noch entschlossener" angehen. Wer diesen befördere, könne sich nicht auf Meinungsfreiheit berufen. Zudem müsse die Bundesregierung dem Iran gegenüber härter auftreten – und die Bundesinnenministerin müsse das höchstumstrittene Islamische Zentrum in Hamburg schliessen.
Lars Klingbeil: "Nie wieder wegschauen"
Für die AfD redet in der Debatte der frühere Vorsitzende Alexander Gauland – also ausgerechnet jener Politiker, der die Nazi-Herrschaft und damit die Judenvernichtung einst als "Vogelschiss der Geschichte" bezeichnet hatte. Nun wirft Gauland der Bundesregierung Doppelmoral vor: Sie habe die Palästinenser mit Geld versorgt und damit den Terror gegen Israel erst ermöglicht.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr warnt davor, die Attacken der Hamas und die Reaktionen Israels darauf gleichzusetzen. "Das ist eine beschämende Verzerrung der Tatsachen", sagt Dürr.
In der Linksfraktion dürften einige Abgeordnete das etwas anders sehen. Doch Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch stellt sich in seiner Rede ebenfalls klar an die Seite Israels: "Ohne Wenn und Aber" sei die Hamas für die neue Gewalt verantwortlich. Zum Staat Israel gebe es keine Alternative. Am besten lässt sich die Debatte vielleicht in einem Satz von SPD-Chef Lars Klingbeil zusammenfassen: "Nie wieder schauen wir weg, nie wieder schweigen wir, wenn jüdisches Leben bedroht ist."
Ein starkes, einstimmiges Signal der Solidarität am Ende der Debatte: Dem Entschliessungsantrag der Ampel-Fraktionen und der Union stimmen alle anwesenden Abgeordneten zu.
Verwendete Quellen
- Regierungserklärung und Debatte im Bundestag
- dip.bundestag.de: Entschliessungsantrag zur Regierungserklärung zur Lage in Israel
- bundesregierung.de: Rede von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel vor der Knesset am 18. März 2008 in Jerusalem
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