Markige Worte und zugleich Gesten der Deeskalation - so kann der Auftritt von US-Präsident Donald Trump nach dem iranischen Gegenschlag zusammengefasst werden. In den vergangenen Tagen hat Trump Stärke gezeigt, ohne in einen militärischen Konflikt hineinzuschlittern – doch war das wirklich so geplant?

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Die Eskalationsspirale scheint vorerst gestoppt. Zwar kündigte US-Präsident Donald Trump bei seiner Ansprache im Weissen Haus neue Wirtschaftssanktionen gegen den Iran an. Zudem bekräftigte er, "solange ich Präsident der Vereinigten Staaten bin, wird dem Iran nie erlaubt werden, eine Atomwaffe zu besitzen." Doch weitere Militärschläge schloss Trump vorerst aus – auch weil die angekündigte "Rache" Irans überschaubar ausfiel.

Teheran hatte in der Nacht zu Mittwoch als Reaktion auf den tödlichen US-Drohnenangriff auf seinen Top-General Ghassem Soleimani knapp zwei Dutzend Raketen auf zwei Militärbasen im Irak geschossen. Laut Trump seien dabei weder Amerikaner noch Iraker getötet worden, auch der Schaden an den angegriffenen Stützpunkten sei "minimal" gewesen. Zunächst hatte Iran keine neuen Angriffe angekündigt. "So weit, so gut", twitterte Trump.

Vieles spricht dafür, dass der US-Präsident gestärkt aus einem Konflikt hervorgeht, in dem er Teheran immer wieder mit drastischen Konsequenzen gedroht hatte. Zu Beginn des US-Wahljahres dürfte ihm das neuen Zuspruch verschaffen – doch ist das wirklich Teil eines Plans?

US-Kampagne des maximalen Drucks gegen Iran

Klar ist: Trump hatte im Mai 2018 das mühsam ausgehandelte internationale Atomabkommen mit dem Iran einseitig aufgekündigt, weil es aus seiner Sicht nicht weit genug geht. Die Amerikaner versuchen seitdem, Teheran mit einer "Kampagne maximalen Drucks" und massiven Wirtschaftssanktionen in die Knie zu zwingen.

"Mit der Ermordung Soleimanis wollten die USA ein Zeichen setzen", sagte der Politikwissenschaftler Henning Riecke im Gespräch mit unserer Redaktion. Er kümmert sich um den Schwerpunkt "Demokratie und Internationale Ordnung" bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), zu seinen Fachgebieten zählt unter anderem die Aussen- und Sicherheitspolitik der USA.

Riecke betont: "Es geht den US-Amerikanern nicht um einen Wechsel des Regimes, sondern um einen Wechsel des Verhaltens des Iran. Washington möchte die Kosten für Teheran erhöhen." Möglicherweise ist das nun gelungen – ohne dass Trump sein Wahlversprechen, die internationale Präsenz der Vereinigten Staaten zu verringern, brechen musste.

Trumps Weg ist durchaus riskant, aber – zumindest kurzfristig – erfolgreich. US-Vize-Präsident Mike Pence glaubt gar, "dass wir heute sicherer sind" als vor der Tötung Soleimanis, wie er dem Sender CBS News sagte.

"Trumps Apparat hat wenig Expertise und Pläne"

Die Anhänger des US-Präsidenten jubeln. Und selbst der nicht gerade als Trump-Freund bekannte US-Politikwissenschaftler Ian Bremmer erklärte auf Twitter: "Es ist unmöglich, das Iran-Ergebnis nicht als Sieg für den US-Präsidenten und als eine grosse Chance für die Zukunft zu bezeichnen." Trotz Trumps "militärischer Enthauptung des Irans", habe es praktisch keine Vergeltungsmassnahmen seitens Teheran gegeben.

DGAP-Experte Riecke glaubt aber nicht, dass die US-Regierung Konsequenzen bei der Tötung Soleimanis bedacht hatte. Er betont: "Trumps Apparat hat wenig Expertise und Pläne, wie es überhaupt weitergehen soll."

Die daraus folgende Unberechenbarkeit ist jedoch auch Trumps Stärke gegenüber seinen Gegnern – und zugleich das, was langjährigen Verbündeten nicht erst in diesen Tagen Sorge bereitet.

Mit Material der dpa
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