Nach dem Terrorangriff der Hamas hatte Robert Habeck Israel "uneingeschränkte Solidarität" versprochen. Nun geht er mit seiner Kritik an Israel über die bisherigen Äusserungen der Regierung hinaus - sehr zum Missfallen der Union.

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Vizekanzler Robert Habeck hat Israels Vorgehen im Gaza-Krieg als Völkerrechtsbruch kritisiert. "Selbstverständlich muss Israel sich an das Völkerrecht halten. Und die Hungersnot, das Leid der palästinensischen Bevölkerung, die Angriffe im Gazastreifen sind – wie wir jetzt auch ja gerichtlich sehen – mit dem Völkerrecht nicht vereinbar", sagte Habeck am Samstag in einem Bürgergespräch beim Demokratiefest in Berlin. "Das heisst, es ist in der Tat so, dass Israel dort Grenzen überschritten hat, und das darf es nicht tun." Gleichzeitig verwies der Grünen-Politiker darauf, dass die Hamas im Gazastreifen den Krieg sofort beenden könnte, wenn sie ihre Waffen niederlegen würde.

CSU-Generalsekretär Martin Huber nannte die Aussagen Habecks "unfassbar und beschämend". Der Wirtschaftsminister giesse "Öl ins Feuer der ohnehin schon antisemitisch aufgeheizten Stimmung in Deutschland." Huber warf Habeck vor, "das Narrativ der Hamas und der Israel-Hasser" zu bedienen. Seine Äusserungen grenzten an Täter-Opfer-Umkehr. "Er reiht sich damit ein in die antiisraelischen Propagandisten des linken Antisemitismus. Dieser darf keinen Platz in unserer Gesellschaft haben".

Auch aus der CDU kam deutliche Kritik. Habecks Äusserungen seien "völlig unverständlich und inakzeptabel", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Johann Wadephul, der "Welt". Es stelle sich die Frage, ob dies nun Position der Bundesregierung sei.

Habeck hatte "uneingeschränkte Solidarität" versprochen

Habeck hatte Israel knapp eine Woche nach dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober in einer sehr emotionalen Videobotschaft die "uneingeschränkte Solidarität" Deutschlands zugesichert. "Israel hat alles Recht sich zu verteidigen. Und wir werden es dabei unterstützen, wo immer es unsere Unterstützung braucht", sagte er damals.

Die gesamte Bundesregierung, für die die Sicherheit Israels zur Staatsräson gehört, hatte sich lange Zeit mit Kritik an der Kriegsführung Israels zurückgehalten. Erst nach und nach wurden die Mahnungen an die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu deutlicher, vor allem was eine mögliche grossangelegte Bodenoffensive in der Stadt Rafah angeht, in die Hunderttausende Palästinenser geflüchtet sind. Die Bundesregierung äusserte immer wieder die Erwartung, dass sich Israel an das Völkerrecht hält. Der von Habeck geäusserte Vorwurf des Völkerrechtsbruchs ist aber neu.

Gerichtsverfahren gegen Israel laufen noch

Der Wirtschaftsminister verweist in seiner Äusserung auf Gerichtsverfahren gegen Israel. Bisher hat aber noch kein internationales Gericht Israel wegen Völkerrechtsbruchs verurteilt. Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Karim Khan, hatte am Montag Haftbefehle wegen mutmasslicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joav Galant beantragt. Darüber muss das Gericht aber noch entscheiden.

Am Freitag hatte dann der Internationale Gerichtshof Israel verpflichtet, den Militäreinsatz in Rafah sofort zu beenden. In der Eilentscheidung liessen die Richter in dem von Südafrika angestossenen Verfahren aber die Frage offen, ob Israel einen Völkermord begehe. Diese müsse in einem Hauptverfahren geklärt werden. Israel beruft sich bei seinem Militäreinsatz im Gazastreifen auf sein Selbstverteidigungsrecht.

US-Aussenministerium kam zu keinem klaren Ergebnis

Das US-Aussenministerium ist vor zwei Wochen in einem Bericht an den Kongress zu keinem klaren Ergebnis gekommen, was mögliche Verstösse der israelischen Streitkräfte gegen humanitäres Völkerrecht mit US-Waffen angeht. Aufgrund der Situation in dem Kriegsgebiet sei es schwierig, einzelne Vorfälle zu bewerten oder abschliessende Feststellungen zu treffen, heisst es darin. "Es gibt jedoch genügend gemeldete Vorfälle, die Anlass zu ernsthaften Bedenken geben." Das Aussenministerium habe von mehreren glaubwürdigen UN- und Nichtregierungsquellen Berichte über mögliche Menschenrechtsverletzungen durch israelische Streitkräfte erhalten.

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Scholz und Habeck bekräftigen Warnung vor Grossoffensive in Rafah

Habeck und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bekräftigten am Samstag die Warnungen der Bundesregierung vor einer grossangelegten Militäroffensive in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens. "Unsere Aussage ist, dass die Kriegsführung immer so gemacht werden muss, dass sie die Regeln des Völkerrechts beachtet", sagte Scholz bei einem Bürgergespräch in seinem Potsdamer Wahlkreis. "Deswegen sind wir auch immer sehr klar gewesen zu sagen: Eine Offensive in Rafah können wir uns nicht vorstellen ohne furchtbare, unverantwortbare menschliche Verluste."

Habeck wies darauf hin, dass die Bundesregierung immer gesagt habe, "dass Israel diesen Angriff nicht vornehmen darf, jedenfalls nicht so, wie es davor im Gazastreifen umgegangen ist: Bombardements von Flüchtlingslagern und so weiter." (dpa/mbo)  © dpa

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